War der Kumpel Läpples Großvater?
Das Werbebanner des Walter-Bernstein-Jahres zeigt einen Bergmann. Der frühere Innenminister Friedel Läpple sagt, es sei sein Großvater. Seit über 35 Jahren will er das Bild kaufen. Ohne Erfolg.
Der Vergleich mit dem „Coup de foudre“, der Liebe auf den ersten Blick, hinkt, und doch trifft das die Sache recht gut. Als Friedel Läpple (82) spät in den 70er-Jahren erstmals Walter Bernsteins Gemälde „Kumpel“sah – heute weiß er nicht mehr, wo und wann genau – da durchfuhr ihn die emotionale Gewissheit wie ein Blitz: „Das ist mein Großvater Friedrich“. Der war Bergmann und lebte in Schiffweiler in der Ramhaldstraße, nicht weit von Haus und Atelier des „Industriemalers“Bernstein entfernt. Und auch Läpple kannte den Künstler gut, denn er wuchs im Haus seiner Großeltern auf und kaufte später nicht wenige Bernstein-Werke. Meist direkt vom Künstler selbst, den er auch persönlich schätzte, und ihn als „ introvertiert, empathisch, herzlich“beschreibt. 25 Bernstein-Werke kamen über die Jahre bei Läpple zusammen, wurden im ersten eigenen Haus in Heiligenwald zu einer Bernstein-Galerie arrangiert. Eine Scheidung reduzierte 1989 den Bestand auf fünf Bilder, die Läpple bis heute noch hütet, jetzt in Hirzweiler. Doch dieses eine, das „Kumpel“-Bild, war nie in seinem Besitz.
Denn es gehörte immer schon dem Land. Heute hängt es als Dauerleihgabe in der Stiftung Demokratie Saar, hinter dem Schreibtisch des Vorstandsvorsitzenden – des Innenministers a.D. Läpple. Und der sagt: „Ich würde es auch heute noch gerne kaufen und nahezu jeden Preis dafür zahlen.“Über 35 Jahre war er auf der Jagd danach, verhandelte mit Kulturabteilungsleitern und Kultusministern, nicht zuletzt mit seinem Kabinettskollegen und Freund Diether Breitenbach (SPD). Doch es war nichts zu machen. Lediglich als Leihgabe konnte Läpple sich das vermeintliche Großvater-Porträt irgendwann mal in die Nähe holen, in sein Arbeitszimmer im Landtag, das fiel in seine Zeit als SPD-Fraktionschef (1973-1985).
Umso größer war die Freude 2018. Läpple hatte sich zum 80. Geburtstag eine Bernstein-Ausstellung in der Stiftung Demokratie gewünscht, und Ulrich Commercon (SPD), damals Kultusminister, tauchte dort mit einem besonderen Geschenk auf: Er übergab den „Kumpel“. Wieder als Leihgabe, diesmal für Läpples Büro in der Stiftung. Und jedes Mal, wenn der Minister a.D. heute dort die Tür aufmacht, würde er, wie er sagt, den „Kumpel“, seinen Großvater, „am liebsten umarmen“. Dies, obwohl er nicht sicher sein kann, dass der Mann auf dem Bild auch tatsächlich sein Großvater ist. Wenn, müsste Bernstein nach einem Foto gemalt haben, denn das Bild entstand 1978, da war Läpples Großvater längst tot. Belege für Läpples Vermutung existieren nicht. Sie lässt sich daher kaum verifizieren, weil laut Läpple, aussagekräftige Fotografien seines Großvaters Friedrich Läpple nicht existieren. Doch gerade weil Erinnerungsstücke so rar sind, lässt sich der Wert von Bernsteins „Kumpel“für den Enkel nicht hoch genug einschätzen.
Der hat als Kind den Opa, der eine väterliche Rolle erfüllte, „vergöttert“, wie er erzählt. Denn Läpples Eltern schufteten beide hart, oft bis lange in den Abend hinein, die Großeltern übernahmen viel Erziehungsarbeit. Vor allem aber war der 17-jährige Läpple beim Tod des Großvaters zugegen, den er schockhaft erlebte. Der Großvater, bereits schwer lungenkrank, brach auf der Straße zusammen, ein Lungensturz, der Enkel jagte zum Arzt, um Hilfe zu holen. Ja, es bestand wohl eine sehr enge Beziehung. Sie besteht bis heute, Kunst, ein Bernstein-Bild, hält sie lebendig.