Jugendamt: Gewalttaten sind bisher Einzelfälle
Mitarbeiter halten im Lockdown engen Kontakt zu Familien. Klinikum Saarbrücken meldet keinen Anstieg gegenüber Frühjahr.
vorbei. Trotzdem halten sich die Auswirkungen des Lockdowns bisher noch im Rahmen, meint Schulde. Sie sagt: „Wir kommen in der Regel gut klar mit den Familien.“Aber bei Gewalttaten gegen Kinder würden diese bei Verwandten untergebracht oder komplett aus den Familien geholt. Dann kommen sie in Pflegefamilien oder Wohngruppen. „Bei Gefährdungen müssen wir in die Wohnungen.“Auch in Corona-Zeiten. Im Notfall mit der Polizei.
Zahlen für den zweiten Lockdown, der Mitte Dezember begann, liegen im Regionalverband noch nicht vor. Von Januar bis Ende November 2020 musste das Jugendamt 321 Kinder und Jugendliche in Obhut nehmen. „2019 waren es insgesamt 378 Inobhutnahmen“, sagt Daniel Schappert von der Pressestelle des Regionalverbandes, 2018 lag diese Zahl bei 325. Zumindest hat also der erste Lockdown im Frühjahr die Zahlen im Vergleich zu 2019 nicht nach oben schießen lassen.
„Auch die Meldungen aus Krankenhäusern im Dezember und Januar waren im Verhältnis nicht auffällig“, erklärt Schappert. Doch auch in dieser Zeit gab es in Völklingen einzelne Inobhutnahmen, weil Kinder zu Schaden gekommen sind, ergänzt Barbara Schulde.
Um Gewalt gegen Kinder zu verhindern, machen die Familienhelfer auch jetzt regelmäßig Hausbesuche, sagt sie. Termine in der Jugendamt-Außenstelle gebe es auch noch in einem Besprechungsraum, der wegen Corona mit Plexiglasscheiben ausgestattet ist. Hier sind immer zwei Mitarbeiterinnen oder Mitarbeiter anwesend – auch für den Fall, dass ein Gespräch mal eskaliert. „Die Familien machen gut mit und beschweren sich nicht über den Lockdown und die Einschränkungen. Es gibt aber Einzelfälle von häuslicher Gewalt“, sagt Schulde. Diese Aussage gelte für den gesamten Regionalverband, ergänzt Schappert. Wobei es oft auch Fälle von Gewalt zwischen Vater und Mutter sind. Das Jugendamt prüfe dann, ob hier das Wohl des Kindes oder der Kinder gefährdet ist. Rund 500 Familien betreut das Jugendamt nach Angaben Schuldes in Völklingen und Großrosseln.
Hat sie Angst, Übergriffe gegen Kinder im Lockdown zu verpassen? Schulde erklärt, das Team kenne die Familien wirklich gut. „Eine hundertprozentige Garantie gibt’s nicht.“Das Jugendamt arbeite eng mit der Lebenshilfe und der Arbeiterwohlfahrt
in „Sozialraum-Teams“zusammen, die auch am Wochenende aktiv sind. „Die Arbeiterwohlfahrt musste allerdings die Gruppenangebote einstellen.“Es gebe aber telefonische Beratung. Wie wird sich die Verlängerung des Lockdowns auswirken? Schulde: „Eine Anspannung ist da, wir werden die Familien aufmerksam begleiten. Die müssen viel aushalten, da kann es zu Übergriffen gegen Kinder kommen.“
Das Klinikum Saarbrücken arbeitet eng mit dem Jugendamt zusammen. „In der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin auf dem Winterberg stellen wir im Vergleich zur ersten Welle eine insgesamt geringere Zahl an Fällen fest, die im weiteren Sinne der Kategorie ‚Kindeswohlgefährdung’ zuzuordnen ist. Wir sahen aber auch einen Fall von Misshandlung und einen von schwerer Vernachlässigung“, teilt die Sprecherin Kristin Schäfer mit. Diese Fälle habe das Klinikum dem Jugendamt gemeldet. Insgesamt waren es zehn Kinder mit schweren gesundheitlichen Problemen, die in Nicht-Corona-Zeiten vermutlich anders und schneller gelöst worden wären, erklärt Schäfer. Ein Grund dafür könne sein, dass Familien jetzt einfach länger warten, bis sie zum Kinderarzt oder in die Klinik gehen.