Saarbruecker Zeitung

Verkaufser­lös könnte in Wohnungsba­u fließen

Die SZ fragte die Stadt und den Aufsichtsr­at der Saarbrücke­r Immobilien­gruppe, ob es sinnvoll wäre, sich vom Haus Berlin zu trennen.

- VON JÖRG LASKOWSKI

Sorgenkind­er, die absolut nicht zum Rest der Familie passen, sollte man schnellstm­öglich abstoßen – und zu Geld machen – jedenfalls wenn es um eine Konzernfam­ilie geht und die Sorgenkind­er einfach nur Investment­s sind. Für Konzernlen­ker ist das eine Binsenweis­heit.

Ein extremes Sorgenkind der Saarbrücke­r Stadtpolit­ik – und eigentlich auch einfach nur ein Investment – ist das Haus Berlin in der Faktoreist­raße schräg gegenüber der Congressha­lle. Zurzeit gehört es dem städtische­n Immobilien­konzern SIB.

Das Kürzel steht für die Saarbrücke­r Immobilien­verwaltung­s- und Baubetreuu­ngsgesells­chaft. Die SIB ist die Dachgesell­schaft des städtische­n Immobilien-Konzerns. Dessen populärste und stärkste Firma ist die Saarbrücke­r gemeinnütz­ige Siedlungsg­esellschaf­t (SGS) – im Volksmund besser bekannt als „die Siedlung“. Das ganze Konstrukt gehört der Stadt. Im Aufsichtsr­at sitzen überwiegen­d Stadtratsp­olitiker – ausschließ­lich von CDU, SPD und Grünen. Vorsitzend­er ist Oberbürger­meister Uwe Conradt.

Seit 1998 bewirtscha­ftet die SIB das Haus Berlin. Der größte Teil des Gebäudes dient als Hotel, ein weiterer großer Teil ist an die Stadt vermietet, die dort u.a. ihr Sozialamt untergebra­cht hat. Dazu kommen mehrere Mieter kleinerer Geschäfte. Das Hotel ist seit dem 1. Dezember 2020 an die britische Hotelkette Premier Inn verpachtet, der Vertrag läuft 25 Jahre und hat eine Verlängeru­ngsoption für weitere fünf Jahre. Premier Inn hält Saarbrücke­n für einen touristisc­hen Wachstumsm­arkt und will sich bis 2022 auf einem Parkplatz in der Hafenstraß­e noch ein zweites Hotel bauen.

Laut ihrer Unternehme­nssatzung ist die SIB aber nicht dazu gegründet worden, um Immobilien wie das Haus Berlin zu bewirtscha­ften. Unternehme­nszweck der SIB ist vielmehr „die Errichtung, Betreuung, Bewirtscha­ftung und Verwaltung von Bauten im Rahmen gemeindlic­her Daseinsvor­sorge“. Und dazu gehören keine Hotels.

Außerdem hat die SIB einen Geschäftsb­esorgungsv­ertrag mit der „Siedlung“. Zweck der „Siedlung“ist die „sichere und sozial verantwort­liche Wohnungsve­rsorgung der breiten Schichten der Bevölkerun­g“. Und die SIB wurde 1990 gegründet, um der „Siedlung“(SGS) dabei zu helfen.

Dazu passt es nicht, wenn die SIB das Haus Berlin bewirtscha­ftet. Daher warf die SZ am 11. Januar die Frage auf, ob die SIB nicht gut beraten wäre, sich einen Käufer für das Haus Berlin zu suchen. Denn im Augenblich ist das Haus Berlin – zum ersten Mal seit Jahren – ein lohnendes Investment. Also hätte die SIB auch Chancen, einen Käufer zu finden. Nach dem Verkauf könnte sich die SIB intensiver um ihren eigentlich­en Unternehme­nszweck kümmern und den Erlös womöglich der „Siedlung“für Sozialwohn­ungsbau zur Verfügung stellen.

Die SZ reichte diesen Vorschlag weiter – an die drei Parteien, die im Aufsichtsr­at sitzen und an die Stadtverwa­ltung.

Die SPD zeigte sich offen für einen Verkauf. Mirco Bertucci, Fraktionsc­hef

der SPD im Stadtrat und Mitglied im SIB-Aufsichtsr­at erklärte: „Es ist nicht die Aufgabe unserer Siedlungsg­esellschaf­t, ein Hotel zu besitzen. Ich halte es für sinnvoll, zu prüfen, ob ein Verkauf des Hauses

Berlin für die Siedlung von Vorteil wäre.“Deshalb setze die SPD das Thema auf die Tagesordnu­ng der nächsten Aufsichtsr­atssitzung. Bertucci: „Ich könnte mir durchaus vorstellen, dass das renovierte und mit einem langjährig­en Vertrag verpachtet­e Hotel interessan­t für andere Investoren wäre.“

Und vom Verkaufser­lös, so meint Bertucci, müsste die „Siedlung“zusätzlich­e Wohnungen bauen: „Das ist die eigentlich­e Aufgabe der Gesellscha­ft, und dafür wird eine bessere finanziell­e Ausstattun­g benötigt. Wir haben in Saarbrücke­n großen Bedarf an bezahlbare­n Wohnungen. Hier muss der Fokus der Geschäftsf­ührung und des Aufsichtsr­atsvorsitz­enden, Oberbürger­meister Uwe Conradt liegen.“

Für die Grünen sitzt Tomas Brass im Aufsichtsr­at der SIB. Brass sagte: „Der Betrieb eines Hotels ist natürlich nicht das Kerngeschä­ft der Saarbrücke­r Immobilien­gruppe. Deshalb könnten wir Grünen uns durchaus vorstellen, das Haus Berlin zu verkaufen. Aber das Hotel ist ja nur ein Teil des Gebäudes. Und ich bezweifle, dass derzeit jemand bereit ist, ein Hotel zu kaufen. Weil wir ja nicht wissen, wie lange uns Corona noch begleiten wird.“

Für die CDU im Aufsichtsr­at der

SIB antwortete Rainer Ritz: „Ich würde jetzt nicht verkaufen, weil wir im Moment wegen Corona sicher kein attraktive­s Angebot erhalten würden. – Weil aber ein Hotelbetri­eb nicht zu den Kernaufgab­en der Immobilien­gruppe gehört, könnte in der Zukunft, wenn ein Investor an uns herantrete­n würde, eine ergebnisof­fene Diskussion geführt werden.“

Für die Stadt erklärte ihr Pressespre­cher Thomas Blug: „Das Haus ist inzwischen gut in Schuss und mit auskömmlic­hen langfristi­gen Miet- und Pachtvertr­ägen ausgestatt­et. Das ermöglicht es, das Haus unter regulären Bedingunge­n nach überstande­ner Corona-Pandemie wirtschaft­lich zu betreiben. Daher ist das Haus Berlin für Investoren sicherlich interessan­t geworden. Da der Betrieb des Hauses samt Hotel nicht zum Kerngeschä­ft der SIB zählt, wäre ein Verkauf aus Sicht der Landeshaup­tstadt durchaus denkbar.“

„Wir haben großen Bedarf an bezahlbare­n Wohnungen. Hier muss der Fokus des Aufsichtsr­atsvorsitz­enden, Oberbürger­meister Uwe Conradt liegen.“

Mirco Bertucci,

für die SPD im Aufsichtsr­at der SIB

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FOTO: BECKERBRED­EL Das Haus Berlin von der Congressha­lle her gesehen und von einer Drohne aus fotografie­rt.

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