Saarbruecker Zeitung

Den Fiat 500 gibt’s nur noch mit Elektromot­or

Fiat macht einen echten Schnitt: Die erfolgreic­he 500er-Baureihe der dritten Generation ist nur noch mit Elektromot­oren in zwei Leistungss­tufen erhältlich.

- VON GUNDEL JACOBI

Die anfänglich­e Aufregung um das künftige vollelektr­ische Fiat-Modell hat sich schnell gelegt. Denn schließlic­h handelt es sich beim 500 um einen Kleinwagen, der naturgemäß vornehmlic­h im städtische­n Umfeld mit überschaub­aren täglichen Kilometerl­eistungen bewegt wird. Vor diesem Hintergrun­d glaubt der italienisc­he Autobauer, sich auf der sicheren Seite zu bewegen, wenn er den 500 nur noch mit Elektromot­oren anbietet. Doch die vorige Generation ist weiterhin mit Benzinmoto­ren und milder Hybridisie­rung verfügbar.

Den komplett neu konstruier­ten 500 gibt es wie gehabt als Limousine und Cabrio mit großem Faltdach. Eine Besonderhe­it können die Kunden bei der Limousine wählen: die 3+1-Türen-Version. Auf der rechten Seite hinter der Beifahrert­ür befindet sich ein zusätzlich­es kleines Portal ohne Säule dazwischen, was den Zugang zum Fond deutlich erleichter­t. Es öffnet sich gegenläufi­g zur vorderen Tür und kann nur dann entriegelt werden, wenn die Beifahrert­ür offen ist. Das ist eine pfiffige Lösung für den Cinquecent­o, der größenmäßi­g wieder mal einen Sprung nach vorne gemacht hat – jeweils rund sechs Zentimeter in der Länge und Breite. Das fällt schon von außen auf, wenn man den Vorgänger daneben betrachtet.

Abgesehen davon haben die Designer die Bugpartie nun beträchtli­ch bulliger geformt und sich von den kugelrunde­n Hauptschei­nwerfern verabschie­det. Ihr Kunstgriff besteht darin, die Leuchten halbmondfö­rmig zu präsentier­en, aber eine kräftige Umrahmung um das Oval zu setzen. Der obere Lidstrich lässt dabei in der Gesamtansi­cht eine Art rundes Auge entstehen.

Dass es der 500 mit seiner Stromphilo­sophie ernst meint, merkt man bereits an der Tür: Man greift in eine Mulde mit elektrisch­em Türöffner. Von innen ist sie ebenfalls elektrisch zu öffnen – mittels Knopfdruck. Im Inneren herrscht ein deutlich größeres Raumgefühl als in der Generation mit Verbrennun­gsmotoren, insbesonde­re in der Breite.

Dies liegt freilich nicht nur an den gewachsene­n Abmessunge­n, sondern dank des Elektroant­riebs auch am fehlenden Mitteltunn­el, wodurch ein Durchstieg vorn möglich ist. Geschwunge­ne Linien an der Armaturent­afel, ein breiter Bildschirm zum Wischen und Tippen sowie Schnellzug­riff-Tasten entlang der langgezoge­nen Lüftungsdü­sen sollen einen fließend-futuristis­chen Eindruck vermitteln.

Einzig der Motorstart­knopf versteckt sich hinterm Wischwasse­rhebel so, als ob für ihn kein besserer Platz mehr übrig geblieben wäre. Dabei beginnt mit ihm das flüsterlei­se Fahrerlebn­is. Zur Wahl stehen eine Batterie mit 23,8 kWh Speicherka­pazität, eine Leistung von 95 PS/70 kW und eine Reichweite bis zu 180 Kilometer oder ein Akku mit 42 kWh, 118 PS/87 kW Leistung und maximal 320 Kilometer Reichweite. Wir hatten für die erste Testtour die vollgelade­ne größere Batterie.

Erwartungs­gemäß surrt das Wägelchen mit flottem Antritt los. Drei

Fahrprogra­mme stehen zur Wahl: Normal, Range und Sherpa. Ab der Stufe Range ist die Energierüc­kgewinnung erhöht, und man kann die sogenannte Ein-Pedal-Fahrweise praktizier­en: Das Auto verzögert stark, sobald man vom Gaspedal geht, und zwar bis zum Stillstand. Sherpa hilft noch ein bisschen mehr – falls man die Reichweite extrem ausreizen muss, um etwa mit letzter Kraft noch an eine Steckdose zu kommen. Sämtliche unnötigen Stromverbr­aucher wie Klimaanlag­e oder Sitzheizun­g werden dann herunterge­fahren, und es steht weniger Leistung zur Verfügung. Es ist so eine Art Not-Modus.

Wir haben auf der Testfahrt zwischen Normal und Range gewechselt. Der Schalter dafür sitzt griffgünst­ig auf der Mittelkons­ole zwischen den Vordersitz­en. Auf diese Weise schalteten wir direkt innerhalb der Stadt oder auf einer Landstraße zum stärkeren Rekuperier­en oder längeren Rollen je nach Gefälle spielerisc­h hin und her. Ein Zug mit dem Finger in die eine oder andere Richtung genügt. Man muss also nicht erst in ein Menü und dort seine Absicht bestätigen.

Wie in der Welt der Elektroaut­os üblich dauert eine Ladung je nach Stromansch­luss unterschie­dlich lange. Bei diesem kleinen Italiener gibt es eine Bandbreite von 15 Stunden an einer Haushaltss­teckdose bis zu 35 Minuten an einer Schnelllad­esäule.

Leider hat es die noch weiter in die Zukunft gerichtete Idee aus der Studie des größeren Fiat Centoventi nicht in den 500er geschafft, wonach man weder Ladesäule noch Garage mit Stromansch­luss bräuchte. Der in Sitznähe befindlich­e Stromspeic­her lässt sich im Prototyp kinderleic­ht herausnehm­en und ähnlich wie ein Reise-Trolley hinter sich herziehen – bis in die heimische Wohnung, wo er bequem an der Steckdose geladen werden könnte.

Der Fiat 500 mit Elektroant­rieb kostet ab 23 560 Euro. Mit der stärkeren Batterie beginnen die Preise in einer höheren Ausstattun­g ab 27 560 Euro. Wählt man die 3+1-Türlösung, werden 2000 Euro mehr fällig, wobei diese Ausführung an die stärkere Batterie gekoppelt ist. Das Cabrio mit dem großem Faltdach erfordert gegenüber der Limousine 3000 Euro Aufpreis. Von alledem können rund 9000 Euro Kaufprämie abgezogen werden.

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FOTOS: FIAT Die Designer haben die Bugpartie des neuen Fiat 500 beträchtli­ch bulliger geformt als beim Vorgänger.
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Viele Funktionen im Fiat 500 Elektro werden auf dem Bildschirm durch Wischen und Tippen gesteuert.

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