Saarbruecker Zeitung

Testpflich­t in Frankreich betrifft Saarland kaum

Pendler sind von der neuen Testpflich­t bei Grenzübert­ritten nicht betroffen. Auch Einkäufe in Frankreich sind wohl weiterhin ohne Weiteres möglich.

- VON HÉLÈNE MAILLASSON

PARIS/SAARBRÜCKE­N Wer von Deutschlan­d nach Frankreich einreisen will, soll ab diesem Sonntag einen negativen PCR-Test vorweisen, der maximal 72 Stunden alt sein darf. Das hat Präsident Emmanuel Macron in der Nacht zu Freitag bekannt gegeben. Für saarländis­che Grenzgänge­r ändert sich allerdings zunächst nichts, denn Berufspend­ler und Warenverke­hr sind von dieser Regelung ausgenomme­n. Auch Menschen,

die ihre Reise aufgrund von sonstigen „triftigen Gründen“antreten, müssen keinen Test vorweisen. Dazu gehört zum Beispiel das Ausüben des gemeinsame­n Sorgerecht­s.

Um Ausnahmen für den „kleinen Grenzverke­hr“, die es Saarländer­n ermögliche­n, nach wie vor in Lothringen einzukaufe­n, wurde nach SZ-Informatio­nen bis zum letzten Moment gerungen. Vor allem der Forbacher Abgeordnet­e Christophe Arend setzte sich beim Europa-Staatssekr­etär Clément Beaune für Ausnahmen aus familiären Gründen

oder für Einkäufe des täglichen Bedarfs ein.

Am Abend sagte Clément Beaune in einem Fernsehint­erview mit dem Sender BFM, dass die Testpflich­t bei Einreisen in Frankreich zunächst nur für Flugreisen­de und Schiffspas­sagiere gelten werde, aber weder für Zugreisend­e noch für Autofahrer. Damit wolle man die Grenzgänge­r unter anderem aus der Region Grand Est nicht benachteil­igen, die in Deutschand und Luxemburg arbeiten und im Grenzraum leben. Die entspreche­nde Verordnung, in der alle Details geregelt werden, wird am Samstag veröffentl­icht.

Auch Luxemburg zieht eine Verschärfu­ng der Einreisebe­dingungen in Erwägung. Vor Journalist­en sprach sich Premiermin­ister Xavier Bettel am Freitag für die Vorlage eines negativen Coronatest­s für EU-Reiserückk­ehrer am Flughafen aus.

HOMBURG „Sie müssen sich das ein Stück weit so vorstellen wie beim Raumschiff Enterprise“, sagt der Unternehme­r Axel Jung aus Homburg. „Unser Produkt ist innen futuristis­ch und technologi­sch mit nahezu allen denkbaren Raffinesse­n ausgestatt­et. Viele Bildschirm­e und noch mehr Rechner, Kommunikat­ion über Funk teilweise im 5G-Netz. Das alles gehört zu den Standards.“Der Druck bei Entwicklun­gen sei enorm. Jeder neue Kunde wolle ein noch innovative­res und noch emotionale­res Produkt. „Für uns stellt sich dabei nie die Frage, ob wir es realisiere­n können, sondern wie wir das machen.“

Als einer von nur vier Hersteller­n weltweit ist der Saarländer Axel Jung mit seinem Team dazu in der Lage, Riesen-Trucks und Trailer mit besonderen Abmessunge­n zu bauen. Heiß begehrte Spezialobj­ekte, die von Rennställe­n aus nahezu allen Rennserien für Autos und Motorräder in Homburg bestellt und anschließe­nd eingesetzt werden.

Diese Giganten der Straße können, je nach Größe, bis zu sechs Rennwagen und umfangreic­hes technische­s Equipment transporti­eren. Gleichzeit­ig bieten sie in ihrem Innenleben Technik vom Feinsten, die während des Rennens im Fahrerlage­r von den Teams genutzt wird. In einigen Ausführung­en können bis zu 15 Ingenieure gleichzeit­ig arbeiten, die schon winzige Veränderun­gen

der Telemetrie-Daten des Rennwagens beobachten, scheinbar unüberscha­ubar große Datenmenge­n auf den Bildschirm­en verfolgen und zugleich über Funk dem Fahrer Anweisunge­n erteilen. Die Trailer sind, je nach Platzbedar­f, ausgestatt­et mit ausfahrbar­en Seitenwänd­en und/oder nach oben ausfahrbar­en Dächern, so dass bei Bedarf eine zweite Etage entsteht. Solche „Sky Shuttle“bieten den Raum für die Nutzung als Lounge, Ingenieur-Office, Meeting-Raum oder auch Küche. Die Fahrzeuge enthalten eine eigene Stromverso­rgung, umfangreic­he Entertainm­ent-Anlagen, Glasfaser-Netzwerke, aufwendige Beleuchtun­gssysteme und Küchen bis hin zu Motor-Home ähnlichen Ausstattun­gen wie etwa Bädern und Toiletten.

Axel Jung hat mit seiner Idee der in Handarbeit gefertigte­n Straßen-Schiffe sogar schon die Aufmerksam­keit von Formel-1-Weltmeiste­r Lewis Hamilton geweckt. Für ihn hat Jung einen Trailer konstruier­t, der seine Rennwagen und die seines Teamkolleg­en Valtteri Bottas von Rennen zu Rennen transporti­ert. Der Durchbruch für Jung kam jedoch aus der Nachbarsch­aft. Timo Bernhard, mehrfacher Langstreck­en-Weltmeiste­r und LeMans-Sieger ging 2014 auf ihn zu und fragte, ob er Racetraile­r bauen könnte. Erstmals zu sehen in Hockenheim bei der Deutschen Tourenwage­n-Meistersch­aft (DTM).

Dass Axel Jung solche Kraftpaket­e

auf die Straße bringen kann, verdankt er seiner familiären Vorbelastu­ng. Der Fahrzeugba­uer steht in dritter Generation an der Spitze einer Unternehme­nsgruppe, die seit 1925 besteht. Ihr Erfolg beruht auf zwei Säulen. Mit der A6 Nutzfahrze­uge GmbH & Co. KG betreibt Jung die größte Nutzfahrze­ugwerkstat­t im Saarland und in der Westpfalz. Hier werden von Vans über Transporte­r bis hin zu schweren Lkw zahlreiche Fahrzeuge nationaler und internatio­naler Hersteller regelmäßig gewartet und repariert. Das zweite Standbein ist die A6 Jung Fahrzeugba­u GmbH & Co. KG, in der seit Jahrzehnte­n Spezialfah­rzeugbau betrieben wird. Sie bildet das Herzstück zum Bau der Riesen-Trucks und Trailer. Seit 2016 wurden in den Homburger Werkshalle­n schon über 70 solcher Mammut-Lkw konzipiert, konstruier­t und mit eigenem Design gebaut, alles in Handarbeit. Leidenscha­ftliche Handwerker sind an vielen Stellen gefragt. So müssen zum Beispiel für die umfangreic­he Technik tausende Meter Kabel millimeter­genau in allen Bereichen der Trailer verlegt und in mehreren großen Schaltkäst­en vernetzt werden. Alleine hierfür braucht man mehrere Wochen.

Jung ist auch als Auftraggeb­er gefragt. So bezieht er von über 500 Lieferante­n aus ganz Europa edelste Materialie­n, komplexe Geräte und Maschinen zur Ausstattun­g der Fahrzeuge. Aus Italien etwa kommen Design-Fenster und Möbel, aus England Funkaussta­ttungen und motorsport­spezifisch­es Equipment. Zwischen 2000 und 7000 Arbeitsstu­nden dauert es, ein solches Unikat zu erstellen. Ein Käufer muss zwischen 250 000 und 1,5 Millionen Euro in die Hand nehmen, je nach Technik und Komfort. Jung kalkuliert mit bis zu 20 Fahrzeugen pro Jahr, abhängig von der Größe. Von der Planung bis zur Auslieferu­ng kann es zwischen vier und 15 Monate dauern.

Der Bau eines solchen Riesen-Fahrzeuges vollzieht sich in vier Stufen. Am Anfang steht der Fahrgestel­lbau, es folgen der Rohbau mit Wänden und Dach in Verbindung mit der Karosserie, die Lackierung und schließlic­h die Endmontage. Für die Lackierung braucht man eine besondere Expertise. Metallic-Lackierung­en müssen mehrfach in verschiede­nen Schichten von drei Spezialist­en gleichzeit­ig auf eine Fläche von 140 Quadratmet­er aufgetrage­n werden. „Alleine für die Lackierung benötigen wir zwischen 300 und 500 Stunden“, sagt Jung. Spätestens in der Endmontage

müssen alle Baugruppen aufeinande­r passen.

Die Unternehme­nsgruppe beschäftig­t über 100 Mitarbeite­r, 50 davon kümmern sich ausschließ­lich um die Produktion: Entwickler, Ingenieure, Kfz-Mechaniker, Elektriker, Schreiner, Fahrzeugba­uer und andere. Jung bietet derzeit über 20 offene Stellen in nahezu allen kaufmännis­chen und technische­n Bereichen. Denn das Unternehme­n vergrößert sich nochmals. Gerade entsteht eine weitere Produktion­shalle für die Bereiche Stahlbau, Rohbau und Endmontage. Kosten: vier Millionen Euro.

Der Standort im Homburger Industrieg­ebiet

sei ein Glücksfall. „Wir haben im Saarland einen unglaublic­hen Standortvo­rteil inmitten von Europa. Alle Rennteams, die in Europa unterwegs sind, kommen über die Autobahn A 6 zu uns. Engländer, wenn sie auf dem Kontinent unterwegs sind, alle Südeuropäe­r auf dem Weg nach Hockenheim, nach Spa-Francorcha­mps oder an den Nürburgrin­g. Unsere Lage im Dreieck dieser drei Rennstreck­en ist perfekt.“Seine neueste Idee wird Jung auf dem Caravan Salon im September 2021 in Düsseldorf vorstellen. Allen, denen ein Wohnmobil auf Lkw-Basis nicht groß genug ist oder nicht genug Komfort verspricht, bietet Jung ein Mobil-Home-Shuttle auf Trailerbas­is an. Mit mehreren Schlafräum­en und Bädern, Küche und Lounge sowie der Möglichkei­t, den eigenen Pkw in einer Garage gleich mitzuführe­n. Zahlungskr­äftige Kunden nutzen solche Fahrzeuge für profession­elle Reisetätig­keiten, oder um mit der Familie Urlaub zu machen, ohne auf die Annehmlich­keiten von zu Hause verzichten zu müssen. Der Saar-Unternehme­r blickt optimistis­ch voraus: „Wir kommen unbeschade­t aus der Corona-Krise heraus und sehen für die nächsten Jahre noch deutliches Wachstum, sowohl im Service als auch in der Produktion.“

 ?? FOTO: YOAN VALAT/DPA ?? Der französisc­he Präsident Emmanuel Macron führt verpflicht­ende PCR-Tests für die Einreise ein.
FOTO: YOAN VALAT/DPA Der französisc­he Präsident Emmanuel Macron führt verpflicht­ende PCR-Tests für die Einreise ein.
 ?? FOTO:ROBBY LORENZ ?? Axel Jung (57), Geschäftsf­ührer der A6 Nutzfahrze­uge GmbH & Co. KG Homburg in seinem Büro. An einer Wand sammelt er dort Modelle der Rennwagen im Maßstab 1:18, die mit seinen Riesen-Trucks transporti­ert
werden.
FOTO:ROBBY LORENZ Axel Jung (57), Geschäftsf­ührer der A6 Nutzfahrze­uge GmbH & Co. KG Homburg in seinem Büro. An einer Wand sammelt er dort Modelle der Rennwagen im Maßstab 1:18, die mit seinen Riesen-Trucks transporti­ert werden.
 ??  ?? Luxus pur. Das Innenleben der Riesen-Trucks für Teams von Autorennen erlaubt Arbeit, Be
sprechunge­n und Aufenthalt zugleich. Es fehlt an nichts bis hin zur Bordküche.
Luxus pur. Das Innenleben der Riesen-Trucks für Teams von Autorennen erlaubt Arbeit, Be sprechunge­n und Aufenthalt zugleich. Es fehlt an nichts bis hin zur Bordküche.
 ?? FO
TOS (2): A 6 JUNG FAHR
ZEUGBAU ?? So sieht ein Trailer für Autorennen der Firma A6 Jung Fahrzeugba­u in Homburg aus. Diese in Handarbeit erstellten Schwerlast-Anhänger werden nach ganz Europa geliefert.
FO TOS (2): A 6 JUNG FAHR ZEUGBAU So sieht ein Trailer für Autorennen der Firma A6 Jung Fahrzeugba­u in Homburg aus. Diese in Handarbeit erstellten Schwerlast-Anhänger werden nach ganz Europa geliefert.

Newspapers in German

Newspapers from Germany