Tui-Betriebsratschef verteidigt Staatshilfe
Frank Jakobi fordert aber die Tuifly-Piloten auf, ebenfalls einen Anteil für die Stabilisierung des Reisekonzerns zu leisten.
viele Arbeitsplätze und Existenzen sind indirekt von Tui abhängig.“
Er habe sich dazu mit Finanzminister Olaf Scholz (SPD) ausgetauscht. „Wir freuen uns natürlich, dass wir die staatlichen Hilfen bekommen.“Jakobi betonte, dass dies aber „keine Geschenke“seien, sondern eben Kredite mit teils hohen Zinsen: „Wir werden alle Hilfen zurückzahlen, am Ende wird der deutsche Steuerzahler an Tui viel Geld verdienen.“Zudem zahlten die Beschäftigten mit erhaltenen Jobs ja weiter ein. „Die Alternative wäre gewesen: Zehntausende Kolleginnen und Kollegen werden arbeitslos, zahlen keine Steuern mehr und erhalten staatliche Unterstützung wie Arbeitslosengeld“, sagte der Betriebsratschef.
Insgesamt schätzt Jakobi die Chancen im neuen Jahr als durchaus gut ein. „Ich glaube, für ein profitables Oster-Programm wird es 2021 noch zu früh sein. Aber wir werden schon eine gute Buchungslage für den Sommer bekommen, alle Indikatoren deuten darauf hin. 2022 sind wir wieder da, wo wir 2019 vor dieser Krise waren – davon bin ich fest überzeugt.“Auch Branchenbeobachter nehmen an, dass es bald aufwärts gehen könnte – falls sich Corona-Impfungen breit durchsetzen.
Tui müsse auch selbst nach weiteren, möglichst sozialverträglichen Sparmöglichkeiten suchen. „Insgesamt ist das alles natürlich nicht leicht für uns“, sagte Jakobi mit Blick etwa auf die eigene Airline Tuifly. „Der Druck auf die Kolleginnen und Kollegen und die Stimmung sind je
Tui-Betriebsratschef
nach Bereich aber auch sehr unterschiedlich. Es gibt Bereiche, die stärker vom Sparkurs betroffen sind als andere.“Rund 8000 Jobs will der Konzern insgesamt streichen, vor allem im Ausland.
Jakobi ermahnte die Piloten, sich solidarischer zu zeigen. „So gut wie alle Beschäftigten machen Kurzarbeit – aber eine Gruppe leistet im Augenblick keinen Beitrag“, kritisierte er. Viele Mitarbeiter, die gut verdienen und oberhalb der Schwellen für das Kurzarbeitergeld liegen, hätten sich ebenfalls bereiterklärt, auf bis zu ein Fünftel ihres Gehalts zu verzichten. „Die Piloten aber haben gesagt: Das kommt für uns nicht infrage, wir beteiligen uns nicht an Kurzarbeit und verzichten mit Blick auf Kurzarbeit auf nichts.“Diese Haltung sei anders als in Reisebüros, Callcentern, der Verwaltung oder den Veranstaltungsbereichen, wo man im Interesse des Ganzen zurückstecke.
„In allen Bereichen der Tui außerhalb des Cockpits haben die Betriebsräte ihre Verantwortung wahrgenommen und die Verhandlungen zur Kurzarbeit geführt“, berichtete Jakobi. Bei den Piloten habe die eigene Personalvertretung das jedoch auf die Gewerkschaft Vereinigung Cockpit übertragen. „Viele nennen das unverantwortlich und feige.“ Das Verhalten der Piloten werde von den anderen als unsolidarisch angesehen. „Die Stimmung in Richtung Piloten ist im Konzern auf einem Tiefpunkt“, sagt Jakobi. „Diese Berufsgruppe isoliert sich gerade.“
Unterdessen zeigen sich die Folgen der Corona-Einbrüche auch für die Beschäftigung im Tui-Konzern immer deutlicher – wobei hier vor allem die Lage in den Hotels sowie starke saisonale Effekte vor dem schwachen Winter zu berücksichtigen sind. Nach Angaben aus Konzernkreisen schrumpfte die Gesamtbelegschaft von knapp 60 300 Menschen im November 2019 auf rund 38 200 Ende 2020.