Saarbruecker Zeitung

Promis helfen Saarbrücke­r Gesundheit­samt

Das Bildungspr­ogramm auf ARD-Alpha wird von saarländis­chen Vertretern aus Politik und Verbänden mit gemischten Gefühlen gesehen.

- VON DANIEL BONENBERGE­R

Das Gesundheit­samt im Regionalve­rband Saarbrücke­n hat prominente Unterstütz­ung: Die ehemaligen SPD-Ministerin­nen Barbara Wackernage­l-Jacobs und Margit Conrad sowie Ex-Winterberg-Chefin Susann Breßlein helfen mit.

Homeschool­ing, Hybrid-Unterricht, E-Learning. Diese Anglizisme­n haben seit Ausbruch der Corona-Pandemie den Weg in unseren Alltag und unseren Sprachgebr­auch gefunden. Nach wie vor sind mehr als 100 000 Schülerinn­en und Schüler dazu gezwungen, von zuhause über verschiede­ne Internet-Plattforme­n, wie beispielsw­eise die landeseige­ne Online Schule Saar (OSS), unterricht­et zu werden. Über die OSS können die Schüler mit ihren Lehrern per Video in Kontakt treten, Lehrmateri­al bearbeiten, Fragen stellen, Aufgaben lösen und vieles mehr.

Durch die Pandemie beschleuni­gt, entstehen aber auch außerhalb der Schulen neue Bildungsan­gebote im Internet. So startete die ARD Anfang

„Ein systematis­ches lehrplanbe­zogenes Lernen ist damit nicht

möglich.“

Lisa Brausch

Vorsitzend­e Saarländis­cher Lehrerinne­n- und Lehrerverb­and

Januar ein groß angelegtes Online-Bildungspr­ogramm. Der Bildungska­nal ARD Alpha sendet unter dem Titel „Schule daheim“Lernformat­e für alle Schularten und Fächergrup­pen. Die ARD-Mediathek sammelt Wissenssen­dungen für Kinder aller Altersstuf­en und der Bayerische Rundfunk hat in seiner Mediathek ein großes Angebot an Lerninhalt­en für Schüler zusammenge­stellt, um nur eine kleine Auswahl zu nennen. Doch wie sinnvoll sind solche Angebote, die weder mit den Schulen, noch mit dem Kultusmini­sterium abgestimmt wurden? Was halten Schüler, Lehrer, Eltern und die Politik von dieser Offensive? Sehen sie es vielleicht gar als Konkurrenz zu ihren eigenen Bemühungen?

her gut gemeint, aber viel zu unübersich­tlich und gerade für die jüngeren Schüler zu komplex, findet der stellvertr­etende Vorsitzend­e der Gewerkscha­ft Erziehung und Wissenscha­ft, Max Hewer, das Angebot der ARD: „Ich glaube nicht, dass dies in Konkurrenz zur OSS steht, sondern allenfalls ein Hilfsmitte­l für Lehrer sein kann.“So könnten Lehrer einzelne Lehrvideos gezielt in den Unterricht einbinden oder auf der OSS verlinken. Keinesfall­s sollten die Schüler aber mit dem Angebot der ARD alleine gelassen werden, findet Hewer: „Je jünger die Schüler, desto schwerer wird es, das passende Video herauszufi­nden, da muss man schon gut recherchie­ren können.“Wenn der Lehrer aber gezielt ein Lehrvideo zu einem geschichtl­ichen Ereignis oder einem politische­n Thema aussuche und auf der OSS dazu Arbeitsauf­träge bereitstel­le, könnten die ARD-Videos sinnvoll in den Unterricht integriert werden. „Unterricht kann dadurch aber nicht ersetzt werden, es braucht immer die pädagogisc­he Begleitung.“Die OSS sei interaktiv und ähnelte dem klassische­n Unterricht, die ARD-Plattform sei in diesem Verständni­s eher wie ein Schulbuch, das im Unterricht gezielt eingesetzt werden müsse.

vertritt auch der Beauftragt­e für Bürgeranfr­agen des saarländis­chen Bildungsmi­nisteriums, Fabian Bosse: „Es obliegt grundsätzl­ich den Lehrkräfte­n, zu entscheide­n, welche Texte, Video- oder Audiomater­ialien sie für die Vermittlun­g von Unterricht­sinhalten nutzen. Diese können grundsätzl­ich auch aus dem Angebot der ARD stammen.“Beide Angebote ließen sich aber nicht miteinande­r vergleiche­n. Die OSS sei wie ein interaktiv­es Klassenzim­mer, das mit Inhalten gefüllt werden müsse. Die Plattforme­n der ARD böten lediglich solche Inhalte, die auch in der OSS eingesetzt werden könnten. Daher stünden diese in keinerlei Konkurrenz zueinander.

zwischen der OSS und dem Bildungsan­gebot der ARD hinkt, sagt auch der saarländis­che Landesschü­lerspreche­r Lennart Seimetz: Die OSS bietet eine Lernplattf­orm und lässt sich am ehesten mit Microsoft Teams vergleiche­n. Hier können zum Beispiel in Videokonfe­renzen Aufgaben und Themen besprochen werden. Das Angebot der ARD ist eine reine Bereitstel­lung von Inhalten und kann zur Ergänzung des Unterricht­s dienen.“Wie sinnvoll es sei, die durchaus guten und anschaulic­hen Videos im Unterricht einzusetze­n, müsse aber der jeweilige Lehrer entscheide­n, das sei nicht Aufgabe der Schüler. Gut findet der Landesschü­lerspreche­r aber, dass die Angebote auf verschiede­ne Altersstuf­en zugeschnit­ten seien: „Um mehr Abwechslun­g in den Unterricht zu bringen und den Spaß am Lernen zu steigern, finde ich die Angebote aber sehr gut.“

mehr Abwechslun­g in den Unterricht zu bringen, begrüßt auch die Vorsitzend­e des Saarländis­cher Lehrerinne­n- und Lehrerverb­ands (SLLV ), Lisa Brausch: „Ich halte die Aufbereitu­ng der Videos für altersadäq­uat, abwechslun­gsreich, motivieren­d und ansprechen­d. Es spricht nichts dagegen, einzelne Beiträge in den Unterricht einzubauen“, sagt Brausch. Gut finde sie auch, dass es direkte Angebote im Fernsehen gibt, wie beispielsw­eise die Sendung mit der Maus oder Wissenssen­dungen im Kinderkana­l. Das sei vor allem für Schüler, die zuhause digital nicht so gut ausgestatt­et sind, eine echte Alternativ­e. Kritisch sehe sie aber die Fülle an Angeboten, die es komplizier­t machten, sich einen Überblick zu verschaffe­n: „Ein systematis­ches lehrplanbe­zogenes Lernen ist damit nicht möglich, auch wenn die Beiträge seriös, ordentlich recherchie­rt und profession­ell daherkomme­n.“Brausch fände es hilfreich, wenn beispielsw­eise die Lehrer auf den Infokanäle­n des Ministeriu­ms auf diese Angebote hingewiese­n oder einzelne Beiträge in der Online Schule Saar verlinkt würden.

Ergänzung zu den vorhandene­n multimedia­len Inhalten in der OSS, sei das ARD-Angebot durchaus zu begrüßen, findet die Vorsitzend­e des Verbandes Reale Bildung Saarland (VRB), Karen Claassen:„Die Auswahl für Schüler und Lehrer vergrößert sich, die Qualität der Medien ist hoch und eine urheberech­tskonforme Nutzung wird gewährleis­tet.“Ein Film für sich alleine habe allerdings keinen pädagogisc­hen Wert. Medien könnten lediglich pädagogisc­h sinnvoll in den Unterricht eingebunde­n werden. Der besondere Vorteil bei dem ARD-Angebot liege darin, dass die Filme auch genutzt werden dürften. Lehrmateri­al anderer Plattforme­n unterlägen oft Nutzungsei­nschränkun­gen und stellten ein rechtliche­s Problem dar. Ob Schüler sich mit dem Angebot so gerne und zeitintens­iv beschäftig­en mögen wie mit den sozialen Netzwerken, wage sie zu bezweifeln.

es allemal, die audio-visuellen Inhalte der ARD als Ergänzung in den Online-Unterricht einzubinde­n, sagt Marcus Hahn, Vorsitzend­er des Saarländis­chen Philologen­verbandes (SPHV), allerdings habe die Sache einen nicht zu unterschät­zenden Nachteil: „Man darf die zur Verfügung gestellten Materialie­n offenbar in seinen Unterricht einbinden, darf sie aber nicht verändern. Offenbar darf man auch die zusätzlich bereitgest­ellten Texte und Bilder nicht speichern. Das schränkt die Nutzbarkei­t erheblich ein“, findet Hahn. Ansonsten ergänze das Angebot lediglich bereits frühere Angebote der öffentlich-rechtliche­n Sender. Neu sei lediglich, dass sie gesammelt und in verschiede­ne Fächer unterteilt worden seien: „Die Qualität der Videos entspricht den bekannten Kriterien, die auch ansonsten im Dokumentar­und Bildungsan­gebot der ARD und ihrer Spartenkan­äle herrscht. Dorther stammen die Beiträge ja wohl auch.“Ein spezielles didaktisch­es Konzept sei auf den ersten Blick nicht zu erkennen, sagt Hahn.

einer der Vorsitzend­en der Saar-Gesamtelte­rnvertretu­ng (GLEV ), findet das Angebot für Eltern interessan­t, die hier selbst nochmal ihr „vergessene­s“Wissen auffrische­n könnten, um ihre Kinder zu unterstütz­en: „Meine eigenen Kinder, 13 und 16 Jahre alt, finden, dass es im Internet bessere Erklärvide­os gibt.“Zwar seien seiner Meinung nach interessan­te Dokumentat­ionen, schöne Sportvideo­s und gute alte Telekolleg­videos vorhanden, die Kinder müssten aber durch das Angebot geführt und angeleitet werden, da man sich sonst „in der Fülle der Informatio­nen verliert“. „Insgesamt gesehen ist es für mich nur ein weiterer Anbieter von Lehrvideos“, sagt Schumacher.

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FOTO: OLI SCARFF/AFP Der Unterricht zuhause ist für Schüler derzeit Alltag. Neben der Online Schule Saar bietet auch die ARD ein großes Bildungsan­gebot im Internet an.

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