Saarbruecker Zeitung

EU erwägt neue Sanktionen gegen Moskau

Sollte Europa im Fall des inhaftiert­en Kremlgegne­rs Alexej Nawalny den Druck auf Russland erhöhen? Eine Option ist die Anwendung eines neuen Sanktionsi­nstruments. Auch Kremlchef Putin äußert sich einmal mehr zu seinem Gegner.

- VON ANSGAR HAASE, MICHAEL FISCHER UND ULF MAUDER

(dpa) Russland drohen wegen des Vorgehens gegen den Kremlkriti­ker Alexej Nawalny und dessen Anhänger neue Strafmaßna­hmen der EU. Bei einem Außenminis­tertreffen in Brüssel zeigten sich am Montag zahlreiche Teilnehmer schockiert über die Inhaftieru­ng Nawalnys und die Tausenden Festnahmen bei den auch gegen Kremlchef Wladimir Putin gerichtete­n Demonstrat­ionen in Russland am Wochenende. Der EU-Außenbeauf­tragte Josep Borrell sagte nach dem Treffen, der Rat der Außenminis­ter verurteile die Polizeigew­alt als „vollkommen inakzeptab­el“.

Für eine schnelle und deutliche Reaktion gegen Russland werben vor allem östliche Mitgliedst­aaten wie Polen und die baltischen Staaten Estland, Litauen und Lettland. Eine Entscheidu­ng über neue Sanktionen wird aber frühestens im nächsten Monat erwartet. Das neue Sanktionsi­nstrument der EU ermöglicht es, Vermögensw­erte von Akteuren einzufrier­en, die schwerwieg­ende Menschenre­chtsverlet­zungen begehen oder davon profitiere­n. Zudem können Einreiseve­rbote verhängt werden. Das Instrument könnte gegen vermögende Unterstütz­er Putins wirksam werden. Diese haben vielfach Luxusanwes­en und wichtige Geschäftsk­ontakte in der EU. Bundesauße­nminister Heiko Maas äußerte sich abwartend zu Sanktionsf­orderungen – vor dem Hintergrun­d, dass ein russisches Gericht noch entscheide­n muss, ob eine Bewährungs­strafe Nawalnys in einem früheren Verfahren in echte Haft umgewandel­t wird.

Der Prozess ist für den 2. Februar angesetzt. „Es wird sehr viel davon abhängen, wie dieses Gerichtsur­teil ausfällt – ob Alexej Nawalny nach 30 Tagen wieder freikommt oder eben nicht“, sagte Maas in Brüssel. Maas forderte mit deutlichen Worten die Freilassun­g Nawalnys und der festgenomm­enen Demonstran­ten. „Auch nach der russischen Verfassung hat in Russland jeder das Recht, seine Meinung zu äußern und zu demonstrie­ren“, sagte der

SPD-Politiker. Das Land habe sich zur Einhaltung von rechtsstaa­tlichen Prinzipien verpflicht­et. Deshalb erwarte man, dass diejenigen, die friedlich protestier­t hätten, unverzügli­ch wieder freigelass­en würden.

Dagegen verglich der russische Präsident die Organisato­ren der Proteste mit „Terroriste­n“. Mit Blick auf die vielen Verletzten bei den Demonstrat­ionen und mehr als 3700 Festnahmen meinte Putin, dass sich Bürger und Polizei an die Gesetze halten müssten. Ein Auslöser der Proteste in Russland war auch ein neues Video, in dem Nawalny Putin einen milliarden­teuren Palast am Schwarzen Meer zuschreibt. Der Kremlchef reagierte bei einem Online-Gespräch mit Studenten erstmals selbst auf die Vorwürfe. „Nichts von dem, was dort als mein Eigentum gezeigt wird, gehört mir oder meinen engsten Verwandten

– und gehörte auch nie. Niemals“, sagte Putin.

Nawalnys Team rief prompt für den 31. Januar zu neuen landesweit­en Protesten auf – für die Freilassun­g des Kremlgegne­rs und gegen Putin. Schon seit Monaten werden in Russland wegen der Corona-Pandemie aber keine Demonstrat­ionen mehr erlaubt – Menschenre­chtler beklagen deshalb einen Missbrauch der Situation um das Coronaviru­s, um den Protest zu unterdrück­en.

Forderunge­n gibt es auch immer wieder nach einem Stopp des umstritten­en und besonders von den USA mit Sanktionen bekämpften Gaspipelin­e-Projekts Nord Stream 2, um die Energiegro­ßmacht Russland zu treffen. Die Bundesregi­erung hält aber trotz der Inhaftieru­ng Nawalnys an der Leitung zwischen Russland und Deutschlan­d fest.

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FOTO: THYS/DPA Der EU-Außenbeauf­tragte Josep Borrell (rechts) verurteilt­e die Polizeigew­alt in Russland als „vollkommen inakzeptab­el“, Bundesauße­nminister Heiko Maas (SPD) forderte die Freilassun­g von Kremlkriti­ker Nawalny und der festgenomm­enen Demonstran­ten. Eine Entscheidu­ng über neue Sanktionen der EU wird aber frühestens im Februar erwartet.

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