Unklarheit um Impfung nach Corona-Infektion
Ob in den Altenheimen auch Senioren geimpft werden, die bereits mit dem Coronavirus infiziert waren, entscheiden die Ärzte in den Impfteams.
Die Schwiegereltern von Martin Walter (Name geändert) hatten Glück. Im Spätherbst brach in dem Saarbrücker Altenheim, in dem das Seniorenpaar lebt, das Coronavirus aus. Zuerst infizierte sich der Schwiegervater, dann auch seine 84 Jahre alte Frau. „Sie hatte keine Symptome, sondern hat zwei Wochen nur gefröstelt“, berichtet Walter. Doch ihren Mann traf es schwerer, vier Wochen musste der 93-Jährige aufgrund eines schwereren Verlaufs im Krankenhaus bleiben. „Bei ihm war es knapp“, sagt Walter. Nun wünscht er sich, dass die beiden Senioren möglichst schnell gegen Covid-19 geimpft werden. Doch erhalten seine Schwiegereltern überhaupt eine Impfung? Diese Frage treibt ihn um.
Das Robert Koch-Institut (RKI) geht davon aus, dass man nach einer Infektion mit Sars-CoV-2 oder einer durchgemachten Erkrankung „zumindest vorübergehend über einen gewissen Schutz“vor Covid-19 verfüge. Jedoch lägen „noch keine ausreichenden Daten über die Dauer und Qualität des Schutzes vor“. So hat es Walter auf der Homepage des RKI gelesen. Dort steht ebenfalls, dass die Ständige Impfkommission (Stiko) „grundsätzlich die Notwendigkeit einer Auffrischimpfung“auch nach einer Ansteckung sehe. Doch sollten die Genesenen „vorerst nicht geimpft werden“, um den Impfstoff für andere Personen verwenden zu können.
Walter hat gehört, dass alten Menschen bei Impfterminen in anderen Einrichtungen wegen einer bereits überstandenen Infektion keine Spritze bekommen haben sollen. Deshalb hat er wegen seiner Schwiegereltern schon jetzt an die Heimaufsicht und die Stabstelle Impfung beim Gesundheitsministerium geschrieben, aber auch an Ministerin Monika Bachmann (CDU) persönlich. Sind seine Sorgen begründet?
Tatsächlich berichtete vor Wochen auch Mechthild Hoffmann vom Bundesverband privater Anbieter sozialer Dienste, dem viele Altenheime im Saarland angehören, von verweigerten Impfungen. Daraufhin erhielt sie zuerst ein Gesprächsangebot, dann einen Anruf von Bachmann. Das von der CDU-Politikerin geführte Ministerium erklärt auf Nachfrage, dass es Ziel der Impfstrategie
im Saarland sei, allen Heimbewohnern „eine Impfung anzubieten“. Man richte sich dabei nach den Empfehlungen der Stiko.
Doch die fallen eben nicht eindeutig aus: Wann eine Impfung angeboten werden sollte, wenn jemand eine Infektion durchgemacht hat, dazu könne man „noch keine endgültige Aussage machen“, schreibt die Stiko. Die Entscheidung treffe letztlich der Impfarzt, heißt es aus dem Ministerium. Ähnlich hatte sich vor zweieinhalb Wochen auch Gesundheits-Staatssekretär Stephan Kolling (CDU) geäußert, der Stellvertreter von Ministerin Bachmann. Er sprach mit Blick auf die Empfehlungen von einem Spannungsfeld, in dem der Arzt „individuell entscheiden“müsse. „Und da werden wir ihm keine Vorgaben machen“, betonte Kolling.
Aber wie gehen die Mediziner in den Impfteams mit den unklaren Vorgaben um? Das weiß Dr. Josef Mischo, der Präsident der Ärztekammer, aus erster Hand. Denn er hat sich selbst für den Einsatz in den Heimen gemeldet. „Wir impfen jeden, der sagt: Ich lasse mich impfen“, sagt Mischo. „Das ist eine rein pragmatische Entscheidung.“Denn wie stark jemand nach einer Infektion gegen Corona geschützt ist, können die Ärzte aus dem Stand nicht ermitteln. „Wir müssen davon ausgehen, dass die Immunantwort unterschiedlich ausfällt“, sagt Mischo. Daher behandeln er und seine Kollegen alle Patienten gleich.
„Die Entscheidung trifft letztlich der Impfarzt.“
Das Gesundheitsministerium zur Corona-Impfung für Heimbewohner, die bereits eine Infektion
durchgemacht haben.