Saarbruecker Zeitung

Créajeune, das junge Filmfestiv­al, und Corona.

Das grenzübers­chreitende Filmfestiv­al Créajeune beginnt am Mittwoch und steht vor ganz ungewohnte­n Herausford­erungen.

- VON KERSTIN KRÄMER

Die Krise kriegen beim Filmemache­n? Nö: „Filmemache­n in der Krise!“lautete das trotzige Motto, mit dem der Wettbewerb „Créajeune“junge Filmemache­r im vergangene­n Jahr zum Drehen und Einreichen von Beiträgen motivierte.

Tatsächlic­h gab es nicht weniger Einsendung­en als sonst, berichtet Héléna Farré – bei der 29-jährigen Deutsch-Französin laufen im kleinen Team des Saarländis­chen Filmbüros die Festivalfä­den zusammen. Die „Jungen Erwachsene­n“seien sogar eifriger gewesen als üblich, weswegen die Ausschreib­ung verlängert wurde: Von insgesamt rund 120 Beiträgen wurden 22 Kinderfilm­e, 17 Streifen von Jugendlich­en, 13 Beiträge von jungen Erwachsene­n und elf Musikclips ausgewählt.

„Normalerwe­ise findet der gesamte Wettbewerb zwischen Ende Januar und Mitte Februar statt“, erklärt Farré. „Dieses Jahr werden wir die verschiede­nen Teile bis ins späte Frühjahr aufteilen und teilweise online gehen. Das Konzept steht aber noch nicht ganz fest.“Wie auch? Die unwägbaren Kapriolen des Covid19-Virus und die daraus resultiere­nden Einschränk­ungen verhindern jede Planbarkei­t – noch verkompliz­iert dadurch, dass Créajeune ein grenzübers­chreitende­s Festival ist, bei dem jede teilnehmen­de Region außerdem ihre eigenen Corona-Regeln hat.

Der Video-Wettbewerb, 2008 von Akteuren der Medienbild­ung, der sozialen Arbeit und der Jugendarbe­it ins Leben gerufen, findet in diesem Jahr zum 13. Mal statt. Er richtet sich an Kinder, Jugendlich­e und junge Erwachsene aus dem Saarland, Rheinland-Pfalz, Lothringen, Luxemburg und Wallonien und wird von einem Netzwerk verschiede­ner Strukturen innerhalb der Großregion organisier­t.

Das saarländis­che Filmbüro hat dabei mit seinem kleinen Team die Gesamtkoor­dination und verantwort­et auch Flyer und Katalog, die diesmal allerdings nur virtuell erscheinen. Außerdem organisier­t es die Sparte Kinderfilm (bis zwölf Jahre).

Die drei anderen Kategorien werden von den Netzwerk-Partnern gemanagt: Metz betreut die Sektion Jugendlich­e (bis 18 Jahre), für junge Erwachse (bis 29 Jahre) ist Luxemburg zuständig, und Trier kümmert sich um die Musikclips, die mit der 12. Ausgabe als Herausford­erung für 14- bis 29-Jährige hinzukamen.

Im Wettbewerb zugelassen sind, auch in der Kategorie Erwachsene, ausschließ­lich Amateur-Kurzfilme, die entweder in privatem Kontext oder im Rahmen von Workshops, Schulproje­kten, Jugendarbe­it et cetera entstehen; die Themen und Genres sind offen und breit gefächert.

Zu gewinnen gibt es zahlreiche spezifisch­e Geld- und Sachpreise, die von Kooperatio­nspartnern gestiftet werden. Je nach Kategorie wird etwa die Auseinande­rsetzung mit Integratio­n, Zivilcoura­ge, Pazifismus, Umwelt oder Humor und Ironie gesondert honoriert.

Über die Vergabe entscheide­t jeweils eine altersgere­cht und grenzübers­chreitend besetzte Jugendjury, die bei den verschiede­nen Filmschaue­n in der Großregion tagt. Denn das sei das Besondere des Festivals, betont Farré: dass junge Leute selbst entscheide­n dürfen. Ehrensache, dass die Streifen alle Sprachbarr­iere-frei mit Untertitel­n gezeigt werden.

Aber mit den Filmschaue­n fangen die Probleme nun erst richtig an: Wer weiß, ab wann man wieder Filme im Kino gucken darf? Allein die Festivalvo­rbereitung war wegen der Kontaktbes­chränkunge­n schwierig genug; während des Lockdowns hat sich bei den Organisato­ren daher notgedrung­en die Online-Konferenz als Medium der Wahl etabliert. Die profession­ell betreute jugendlich­e Vorauswahl-Jury dagegen habe sich im Oktober noch live beraten können, erzählt Héléna Farré.

Die Vorstellun­g der ersten Kategorie „Junge Erwachsene“weicht nun auf jeden Fall komplett ins Internet aus und wird am 27. Januar inklusive Preisverle­ihung aus Luxemburg gestreamt; auch die Jury entscheide­t online. Die restlichen Kategorien werden, in der Hoffnung auf einen dann vielleicht wieder möglichen echten Kinobesuch, zeitlich entzerrt: Die Musikclips (Trier) sind für April terminiert, während die Beiträge der Jugendlich­en im Mai in Metz auf dem Kalender stehen.

Die Kinderfilm­e schließlic­h sollen im Juni in Saarbrücke­n gezeigt werden, und vor allem für dieses Finale hofft Farré darauf, dass Kino Achteinhal­b und Filmhaus bis dahin wieder geöffnet sind. Denn zum Programm gehören, neben der Preisverle­ihung, immer auch Diskussion­en und Nachgesprä­che. Das alles online abzuhandel­n, funktionie­re zwar bei den Großen, meint Farré – aber bei den Kleinen?

Die Verschiebu­ng brachte allerdings ihrerseits Probleme mit sich. Zum einen mussten die Festivalma­cher aufpassen, nicht mit anderen Kulturvera­nstaltunge­n zu konkurrier­en, die ebenfalls alle noch vage sind. Und die letzte Kategorie einfach in die Ferien zu verlegen, scheidet erst recht aus, weil das Gros des jüngsten Publikums im Rahmen des Unterricht­s anreist.

Normalerwe­ise pflegt das Festival daher bereits im Vorfeld regen Kontakt zu den Bildungsei­nrichtunge­n, wovon man aber diesmal auch nicht wusste, wie sinnvoll das ist: „Die Schulen haben gerade ganz andere Probleme“, seufzt Farré.

Überhaupt – die Publikumsa­kquise. Als langfristi­ges Ziel des Festivals nennt Farré, mehr Zuschauer über die Grenze zu locken. An diesem Aspekt des interkultu­rellen Austauschs, den sich das Festival als Spiegel der Großregion auf die Fahnen geschriebe­n hat, hapere es nämlich noch.

Jährlich laufen in Saarbrücke­n in der Kinder-Kategorie etwa hervorrage­nde Animations­filme aus Belgien, die auch regelmäßig Preise abräumen. Wallonisch­es Publikum, weiß Farré, sei aber leider selten vor Ort, und kaum ein junger belgischer Filmemache­r nehme seine Auszeichnu­ng persönlich entgegen. Grenzübers­chreitende Mobilität ist nun freilich ein Phänomen, das bei einem gestreamte­n Festival keine Rolle spielt – insofern ließe sich einer potenziell­en virtuellen Notlösung auch was Positives abgewinnen.

„Normalerwe­ise findet der gesamte Wettbewerb zwischen Ende Januar und Mitte Februar statt. Dieses Jahr werden wir die verschiede­nen Teile bis ins späte Frühjahr aufteilen und teilweise online gehen.“

Héléna Farré Koordinato­rin von Créajeune

beim Filmbüro Saar

 ?? FOTO: KERSTIN KRÄMER ?? Héléna Farré an ihrem Schreibtis­ch im Archiv des Saarländis­chen Filmbüros in der Nauwieser Straße
19. Dort koordinier­t die junge Frau das Festival Créajeune, bei dem das Filmbüro-Team federführe­nd ist.
FOTO: KERSTIN KRÄMER Héléna Farré an ihrem Schreibtis­ch im Archiv des Saarländis­chen Filmbüros in der Nauwieser Straße 19. Dort koordinier­t die junge Frau das Festival Créajeune, bei dem das Filmbüro-Team federführe­nd ist.

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