Was sucht der „Stahlarbeiter“vor der HTW?
Die Plastik von Fritz Koelle steht seit 1963. Auch ihr Schöpfer hat eine wechselvolle Geschichte.
Die etwa lebensgroße Bronzeplastik von Fritz Koelle vor der Hochschule für Technik und Wirtschaft in der Goebenstraße heißt „Stahlarbeiter“und stammt aus dem Jahr 1963. Zu diesem Zeitpunkt befand sich in dem Gebäude die damalige Staatliche Ingenieurschule. Das erklärt, warum ein Stahlarbeiter in seiner schweren, schützenden Arbeitsmontur und mit klobigen Handschuhen und Schuhen dort aufgestellt wurde.
Die Figur des Stahlarbeiters verschwindet fast in ihrer Hitzeschutzkleidung, die die Arbeit an Hochöfen oder in Gießereien mit extremen Temperaturen erleichtern und vor Verbrennungen schützen soll. Die Figur stützt sich leicht nach vorne auf eine Stange, ist bei ihrer schweren Arbeit abgebildet, wie sie kurz innehält oder wartet.
Der leere Blick der Figur geht in die Ferne. Gesichtszüge, Haltung, Kleidung der Figur sind realistisch, leicht abstrahiert und blockhaft zusammengefasst dargestellt. Die Bronzeplastik von Fritz Koelle ist ein posthumer Guss, da der Künstler bereits 1953 gestorben ist.
Fritz Koelle, deutscher Bildhauer aus Augsburg, war mit Elisabeth Karmann aus St. Ingbert verheiratet, deren Vater Bergmann war. Aus eigener Beobachtung kannte Fritz Koelle diese harte Arbeit. Und so ist für sein Frühwerk die Darstellung von Arbeiter-Skulpturen charakteristisch. Obwohl dem Künstler Fritz Koelle wegen seiner „bolschewistischen Kunstauffassung“im Jahr 1934 eine Haftstrafe im Konzentrationslager
Dachau angedroht wurde, erhielt er während der NS-Zeit staatliche Aufträge. Unmittelbar nach Kriegsende wurde sein künstlerisches Schaffen daher zuerst verurteilt.
Erst zu Beginn der 1950er-Jahre erhielt er eine Professur an der
Hochschule für angewandte Kunst in Berlin-Weißensee. Obwohl Fritz Koelle in den 1930er-Jahren seine Arbeiterfiguren gern inszenierte und im Sinne der NS-Partei idealisierte, arbeitete er später Plastiken von gebrochenen Kreaturen für die KZ-Gedenkstätte Dachau.
In den 1950er- und 1960er-Jahren schätzte man Fritz Koelle im Saarland sehr, und man stellte mehrere Skulpturen im öffentlichen Raum von ihm auf, so auch den „Walzmeister“in Sankt Ingbert. Seine wohl bekannteste Skulptur ist der „Saarbergmann“vor dem Eingang des Zechenhauses der Grube Reden, sie stammt aus dem Jahr 1937.
Und während der „Saarbergmann“von Fritz Koelle keinen realen Bergmann zeigt, sondern einen starken, unbesiegbaren Helden, so wirkt der „Stahlarbeiter“in der Goebenstraße müde und verbraucht durch die Schwere seiner Tätigkeit. Sein leerer, ausdrucksloser Blick in eine undefinierte Ferne verstärkt den Eindruck des Erschöpfungszustandes.