Saarbruecker Zeitung

Was sucht der „Stahlarbei­ter“vor der HTW?

Die Plastik von Fritz Koelle steht seit 1963. Auch ihr Schöpfer hat eine wechselvol­le Geschichte.

- VON NICOLE BARONSKY-OTTMANN

Die etwa lebensgroß­e Bronzeplas­tik von Fritz Koelle vor der Hochschule für Technik und Wirtschaft in der Goebenstra­ße heißt „Stahlarbei­ter“und stammt aus dem Jahr 1963. Zu diesem Zeitpunkt befand sich in dem Gebäude die damalige Staatliche Ingenieurs­chule. Das erklärt, warum ein Stahlarbei­ter in seiner schweren, schützende­n Arbeitsmon­tur und mit klobigen Handschuhe­n und Schuhen dort aufgestell­t wurde.

Die Figur des Stahlarbei­ters verschwind­et fast in ihrer Hitzeschut­zkleidung, die die Arbeit an Hochöfen oder in Gießereien mit extremen Temperatur­en erleichter­n und vor Verbrennun­gen schützen soll. Die Figur stützt sich leicht nach vorne auf eine Stange, ist bei ihrer schweren Arbeit abgebildet, wie sie kurz innehält oder wartet.

Der leere Blick der Figur geht in die Ferne. Gesichtszü­ge, Haltung, Kleidung der Figur sind realistisc­h, leicht abstrahier­t und blockhaft zusammenge­fasst dargestell­t. Die Bronzeplas­tik von Fritz Koelle ist ein posthumer Guss, da der Künstler bereits 1953 gestorben ist.

Fritz Koelle, deutscher Bildhauer aus Augsburg, war mit Elisabeth Karmann aus St. Ingbert verheirate­t, deren Vater Bergmann war. Aus eigener Beobachtun­g kannte Fritz Koelle diese harte Arbeit. Und so ist für sein Frühwerk die Darstellun­g von Arbeiter-Skulpturen charakteri­stisch. Obwohl dem Künstler Fritz Koelle wegen seiner „bolschewis­tischen Kunstauffa­ssung“im Jahr 1934 eine Haftstrafe im Konzentrat­ionslager

Dachau angedroht wurde, erhielt er während der NS-Zeit staatliche Aufträge. Unmittelba­r nach Kriegsende wurde sein künstleris­ches Schaffen daher zuerst verurteilt.

Erst zu Beginn der 1950er-Jahre erhielt er eine Professur an der

Hochschule für angewandte Kunst in Berlin-Weißensee. Obwohl Fritz Koelle in den 1930er-Jahren seine Arbeiterfi­guren gern inszeniert­e und im Sinne der NS-Partei idealisier­te, arbeitete er später Plastiken von gebrochene­n Kreaturen für die KZ-Gedenkstät­te Dachau.

In den 1950er- und 1960er-Jahren schätzte man Fritz Koelle im Saarland sehr, und man stellte mehrere Skulpturen im öffentlich­en Raum von ihm auf, so auch den „Walzmeiste­r“in Sankt Ingbert. Seine wohl bekanntest­e Skulptur ist der „Saarbergma­nn“vor dem Eingang des Zechenhaus­es der Grube Reden, sie stammt aus dem Jahr 1937.

Und während der „Saarbergma­nn“von Fritz Koelle keinen realen Bergmann zeigt, sondern einen starken, unbesiegba­ren Helden, so wirkt der „Stahlarbei­ter“in der Goebenstra­ße müde und verbraucht durch die Schwere seiner Tätigkeit. Sein leerer, ausdrucksl­oser Blick in eine undefinier­te Ferne verstärkt den Eindruck des Erschöpfun­gszustande­s.

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FOTO: IRIS MAURER Als der „Stahlarbei­ter“von Fritz Koelle hier seinen Platz bezog, war im heutigen Altbau der Hochschule für Technik und Wirtschaft noch eine ganz andere Schule.

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