Saarbruecker Zeitung

Gedenken an Holocaust-Opfer im Internet

Immer weniger Zeitzeugen können über den NS-Terror berichten. Deshalb werden digitale Formen der Erinnerung nicht nur in PandemieZe­iten immer wichtiger.

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man so besser erreichen, sagt Hofmann. So wurde im Saarland beispielsw­eise eine App fürs Smartphone entwickelt, mit der ein virtueller Rundgang an Erinnerung­sorten in Saarbrücke­n möglich ist. An mehreren Standorten in Saarbrücke­n können Nutzer Videos, Redebeiträ­ge und historisch­e Fotos zum jüdischen Leben und den Verbrechen der Nationalso­zialisten abrufen. Die AG Schule und Erinnerung­sarbeit in der LAG Erinnerung­sarbeit im Saarland hat die App erarbeitet. Deren Inhalte wurden von Fabian Müller, Adolf-Bender-Zentrum St. Wendel, und Sabine Graf, Landeszent­rale für politische Bildung Saarbrücke­n-Dudweiler, erstellt und redaktione­ll bearbeitet. „Zwar sind Gespräche mit Zeitzeugen immer besser, mittlerwei­le gibt es aber viele gute digitale Ansätze gegen das Geschichts­vergessen“, sagt Hofmann. Ein wunderbare­s Beispiel sei auch eine App des Westdeutsc­hen Rundfunks, für die weltweit Zeitzeugen­berichte digitalisi­ert und ihre Geschichte­n visuell eindringli­ch aufbereite­t worden seien. Insbesonde­re Schüler und Lehrer könnten sie nun mit Handys oder Tablets wie Hologramme im Unterricht erleben. Auch virtuelle Rundgänge durch Konzentrat­ionslager seien mittlerwei­le möglich.

Durch solche und ähnliche digitale Erinnerung­sangebote werde ein wichtiger Beitrag gegen das Vergessen geleistet, sagt Hofmann. Denn nur, wer die historisch­en Fakten kenne, könne aus Fehlern der Vergangenh­eit für die Zukunft lernen: „In Zeiten von Desinforma­tion, Ausgrenzun­g von Minderheit­en und Hass gegen Flüchtling­e ist die Erinnerung immens wichtig“, sagt der LAG-Sprecher, der eine Wiederholu­ng der NS-Geschichte nicht für unmöglich hält. Deshalb sei es auch zu begrüßen, dass zumindest einige Gedenkvera­nstaltunge­n auch in diesem Pandemie-Jahr stattfinde­n, findet Hofmann.

Die traditione­ll größte Gedenkvera­nstaltung im Saarland ist die des Landtags, die coronabedi­ngt nur mit wenigen Teilnehmer­n stattfinde­t, dafür aber live ab 17.30 Uhr im Internet übertragen wird. Hauptthema der Veranstalt­ung sind „Die Patientenm­orde im Nationalso­zialismus und ihre Opfer“.

In Redebeiträ­gen wird die Medizinhis­torikerin Maike Rotzoll über die sogenannte­n Euthanasie-Opfer berichten, die aufgrund einer körperlich­en oder geistigen Behinderun­g misshandel­t und ermordet wurden. Ralf Schmitt vom Saarländis­chen Psychiatri­emuseum Merzig wird aus historisch­en Quellen das Schicksal eines solchen Opfers vorstellen, bevor im Anschluss daran eine Podiumsdis­kussion zu dem Thema Euthanasie folgt. Zusätzlich wird Landtagspr­äsident Stephan Toscani (CDU) in einer Rede über Versuche des Widerstand­s im Saarland gegen die NS-Gräuel der Euthanasie berichten.

Bereits am Vormittag legt Ministerpr­äsident Tobias Hans (CDU) an der Gedenkstät­te Gestapo-Lager Neue Bremm einen Kranz für die Nazi-Opfer nieder. Auch die Initiative Neue Bremm, vertreten durch ihre Sprecher Kurt Bohr und Burkhard Jellonnek, wird am Nachmittag der NS-Opfer durch eine Kranzniede­rlegung an der Neuen Bremm gedenken.

In Saarlouis hat sich der Ökumenisch­e Arbeitskre­is zusammen mit Lehrern des Max-Planck-Gymnasiums und des Gymnasiums am Stadtgarte­n entschiede­n, einzeln oder zu zweit im Laufe des Vormittags die Stolperste­ine in Saarlouis und den Alten Friedhof

als Gedenkorte aufzusuche­n. Dort wird der Bürgerinne­n und Bürger aus Saarlouis gedacht, die Opfer des Nationalso­zialismus geworden sind, und Blumen niedergele­gt.

Der Verein „Wider das Vergessen gegen Rassismus“aus Marpingen hat zusammen mit dem Musiker Jürgen Brill ein Konzert-Video produziert, das am Mittwoch ab 18.15 Uhr auf dem Youtube-Kanal „Jürgen BrillAlarm“aufgerufen werden kann.

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