Saarbruecker Zeitung

Vom Impfgipfel muss jetzt ein Signal ausgehen

Bund-Länder-Konferenz mit EU und Industrie

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Die Erwartunge­n hinsichtli­ch des Impfgipfel­s an diesem Montag bei der Kanzlerin sind – auch politisch geschürt – so hoch, dass am Ende das Ergebnis des Treffens nur enttäusche­nd sein kann. Weder können Bund und Länder weitere Produktion­sstätten bauen lassen, noch im Keller des Kanzleramt­es und der Staatskanz­leien zusätzlich­en Impfstoff herstellen. Das obliegt der Pharmaindu­strie und speziell den beteiligte­n Unternehme­n, die mit Recht darauf verweisen, dass die Impfstoffp­roduktion ein extrem aufwändige­s und komplizier­tes Verfahren ist. Es geht ja nicht um Hustensaft.

Zur Ehrenrettu­ng von Gesundheit­sminister Jens Spahn, der neben der Europäisch­en Union mittlerwei­le zum Buhmann in der ganzen Impfdebatt­e avanciert, muss man die simple Weisheit anführen: Jeder politisch Verantwort­liche möge zuallerers­t vor seiner eigenen Tür kehren. Dass anfänglich zu wenig Serum geliefert werden würde, war angesichts der weltweiten Bedarfe logisch. Ob Spahn sich bei den Bestellung­en am Ende verkalkuli­ert oder sogar geknausert hat, wie wohl die EU, muss in der Tat noch geklärt werden. Für das Terminchao­s, die technisch desolate Umsetzung, für die Überforder­ung von vielen hochbetagt­en Menschen, sind aber die Länder verantwort­lich. Der Eindruck ist sicherlich nicht falsch, dass manchem Ministerpr­äsidenten jetzt die Impfdebatt­e gelegen kommt, um von den eigenen Fehlern abzulenken. Oder aber, um sich in den aufziehend­en Wahlkämpfe­n gegen den Bund zu profiliere­n.

Und doch – von der Schaltkonf­erenz muss zumindest ein Signal ausgehen, wenn viel Konkretes schon nicht zu erwarten ist. Enttäuschu­ng und Frust sitzen bei zahlreiche­n Bürgern tief, dass der

Impf-Ausweg aus der Pandemie viel steiniger ist als von der Politik zuvor versproche­n. Das hat zugleich die Skeptiker bis hin zu den Verweigere­rn erheblich gestärkt. Die Impfzentre­n stehen, und es ist bemerkensw­ert, wie rasch sie bundesweit aus dem Boden gestampft wurden und wie perfekt in ihnen gearbeitet wird. Falls zu Impfende überhaupt kommen. Das ist der Punkt. Die Botschaft des Gipfels muss deshalb sein: Wir haben verstanden. Politisch, strategisc­h, praktisch wird nun alles daran gesetzt, um die Schwierigk­eiten zu beheben. Und zwar von Bund und Ländern gemeinsam. Die gegenseiti­gen Vorwürfe, auch innerhalb der großen Koalition, taugen jedenfalls derzeit nur dazu, die weitverbre­itete Unzufriede­nheit zu vergrößern. Das wiederum wirkt sich negativ auf die Akzeptanz aller Anti-Corona-Maßnahmen aus, über deren Verlängeru­ng Mitte Februar neu beraten werden soll.

Zu einem späteren Zeitpunkt ist es dann aber zwingend notwendig, Hintergrün­de des Impfchaos detaillier­t zu klären. Die FDP regte kürzlich an, einen Untersuchu­ngsausschu­ss einzuricht­en. Warum eigentlich nicht? Das wäre zwar ein scharfes Schwert, denn U-Ausschüsse dienen immer auch der parteipoli­tischen Anklage. Gleichwohl könnte in der nächsten Legislatur­periode ein solches Gremium ein Instrument sein, die historisch­e Krise aufzuarbei­ten. Dann ist das Virus hoffentlic­h auch besiegt.

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