Altmaier will sich von Tafelsilber trennen
(dpa) Wirtschaftsminister Peter Altmaier will angesichts der immensen Kosten der Corona-Pandemie prüfen, ob Tafelsilber des Bundes zu Geld gemacht werden kann. Der Bund hält milliardenschwere Beteiligungen etwa an der Post und der Telekom. Der CDU-Politiker sagte der „Welt am Sonntag“, der Wert der staatlichen Beteiligungen sei in den vergangenen Jahren ordentlich gewachsen. „Deshalb sollten wir prüfen, welche staatlichen Beteiligungen zurückgefahren werden können. Auch das bringt Geld in die Staatskasse, das wir für Zukunftsinvestitionen gut gebrauchen können.“
Der Vorstoß Altmaiers kommt mitten in einer Debatte darüber, wie es in den kommenden Jahren mit dem Bundeshaushalt und dem
Geld der Steuerzahler weitergehen soll. Steuererhöhungen lehnt die Union ab, die Schuldenbremse gehört zu ihrem Markenkern.
Für die Jahre 2020 und 2021 wurde die im Grundgesetz verankerte Schuldenbremse außer Kraft gesetzt. Das war die Voraussetzung, um die „Bazooka“herauszuholen, wie es Finanzminister Olaf Scholz (SPD) nannte: damit also mit großer Feuerkraft gegen die Krise gegengehalten werden kann. Aufgelegt wurden milliardenschwere Stützungsprogramme, um Firmen und Jobs zu erhalten, außerdem ein Konjunkturprogramm. Die geltende Schuldenbremse erlaubt nur in ganz geringem Maße neue Kredite. Die Bundesregierung rechnet 2021 aber angesichts des wochenlangen Lockdowns und der Risiken in der
Corona-Krise mit weniger Wachstum als zunächst erhofft. Es könnte also sein, dass die Wirtschaft vorerst nicht derart anspringt, dass die Steuereinnahmen wieder massiv anziehen. Dazu kommt, dass Altmaier die Sozialversicherungsbeiträge dauerhaft bei maximal 40 Prozent stabilisieren will. Das ist eine Kernforderung der einflussreichen Spitzenverbände der Wirtschaft. Auch das würde viel Geld kosten.
Ein Ausweg aus der Situation könnte es sein, milliardenschwere Staatsbeteiligungen auf Sicht zurückzufahren. Kandidaten wären Anteile an der Post und der Telekom, aber auch am Übertragungsnetzbetreiber 50Hertz. An der Telekom hält der Bund rund 32 Prozent, an der Post rund 21 Prozent.
Zustimmung bekam Altmaier von der FDP. Fraktionsvize Michael Theurer sagte am Sonntag: „Die Bundesregierung sollte zeitnah möglichst viele ihrer Unternehmensanteile kapitalmarktschonend veräußern. Hierzu sollte sie einen Privatisierungsbeirat einberufen.“Von der Linken, aber auch vom Koalitionspartner SPD gab es dagegen Kritik an den Überlegungen Altmaiers.
„Das Tafelsilber zu verscherbeln, ist kein Plan, die Kosten der Krise zu stemmen“, sagte Linke-Fraktionschef Dietmar Bartsch. „Altmaier muss Farbe bekennen: Sollen die Superreichen an den Kosten der Krise durch eine einmalige Vermögensabgabe an den Lasten beteiligt werden, oder sollen auch diese Krise wieder die Beschäftigten bezahlen?“Eine Vermögensabgabe lehnt die Union strikt ab.