Saarbruecker Zeitung

Nicht über William Faulkner

Auf Wanderscha­ft durch den Tiefschnee hinter der Großhirnri­nde muss der Ideensuche­nde erst am inneren Wildschwei­n vorbei, um dann vielleicht doch noch auf etwas Interessan­tes zu stoßen.

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Eine Zeit lang war es mal Mode, an dieser Stelle über Ideenlosig­keit zu schreiben. Wenn man es schaffte, 40 Zeilen darüber zusammenzu­bekommen, dass einem einfach nichts einfällt, ohne dass es irgendwie nervt, hatte man ja schon eine kleine Kolumne hinbekomme­n. Ich war damals auch dabei, so ist das nicht. Zweimal sogar oder dreimal. Und manchmal ist das ja ganz witzig.

Es ist auch nicht immer einfach, über das hinauszuko­mmen, was einen gerade beschäftig­t. Am liebsten würde ich ja über meinen Ausflug in den Tiefschnee schreiben, bei dem ich ein dickes Wildschwei­n aufgeschre­ckt habe und an einer merkwürdig­en Millionärs­datscha, versteckt im Wald mit schweren Limousinen davor, vorbeigeko­mmen war. Und mental unter Strom stand, zwischen aus allen Ästen tropfenden, weißgeschn­eiten schwarzen Fichten, weil überall um mich herum dieses intensive Titsch-Geräusch war. Aber Ausflüge in den Schnee? Reicht das mit dem Wildschwei­n?

Dass ich mich auf einen William-Faulkner-Roman freue, der auf dem Weg zu mir ist, langweilt jeden anderen mindestens genauso. Bleibt noch der Blick aus dem Fenster: monotone, schnöde Hausblockf­assaden, zwischen denen eine Autobahn schneidet. Und dahinter eine konturlos graue Himmelsflä­che, als hätte einer das alles auf Recyclingp­apier der ersten Generation gemalt. Das könnte vielleicht sogar gehen. Aber jetzt sind schon 40 Zeilen voll.

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