Saarbruecker Zeitung

Fit durch die Pandemie mit Youtube

Auf der Videoplatt­form gibt es zahlreiche Trainingsa­nleitungen, die auch von Sportwisse­nschaftler­n empfohlen werden.

- VON MATTHIAS JUNG

(dpa) Fitnessvid­eos im Internet können in Zeiten geschlosse­ner Studios eine Alternativ­e sein. Youtube etwa ist voll davon. Die Videos sind oft gut gemacht, aber nicht für jeden geeignet. Auch während des Corona-Lockdowns im vergangene­n Frühjahr hatte die Enkelin von Professor Theodor Stemper, Sportwisse­nschaftler an der Bergischen Universitä­t Wuppertal, einen Trainingsp­lan. Nach dem Unterricht Zuhause machte sie „Reif“, erklärte sie. Hinter „Reif“steckt die 24-jährige Pamela Reif, die auf Youtube Fitnessvid­eos veröffentl­icht. Fünf Millionen Menschen absolviere­n ihre Trainingse­inheiten.

Doch ist das auch empfehlens­wert?

„Aus sportwisse­nschaftlic­her Sicht sind Reifs Videos gut gemacht“, schätzt Stemper. „Die Bewegungen sind bis auf wenige Ausnahmen sauber ausgeführt.“Die Musik spreche die Zielgruppe an und motiviere junge Menschen zum Sport. Reif ist aber nur eine von vielen. Weitere bekannte Beispiele sind „Fitnessble­nder“, Lilly Sabri oder Gabi Fastner. Ihre Videos tragen Namen wie „Schnelles Workout daheim“oder „Full Body Workout“.

Profiteure der Krise. Fitness-Youtuber haben davon profitiert, dass viele in der Corona-Krise Sport in die eigenen vier Wände verlegt haben. Dass die Angebote frei verfügbar und kostenlos sind, sei kein Zeichen schlechter Qualität. Bei den Online-Trainern könnten sich Nutzer in aller Regel gut aufgehoben fühlen, obwohl selten etwas über ihre sportliche Ausbildung zu erfahren ist. „Es ist beeindruck­end, wie gut diese Angebote sind“, sagt Lars

Donath von der Deutschen Sporthochs­chule in Köln.

Fehlende Interaktiv­ität als Nachteil.

Dennoch gibt es Kritikpunk­te: So werde manchmal der Schwierigk­eitsgrad eines Trainings im Titel des Videos deutlich gemacht. Jedoch vermisse Sportwisse­nschaftler Stemper zum Beispiel bei Pamela Reif Hinweise zur Kontrolle der Belastung. Donath ergänzt, dass es bei den Youtube-Workouts kaum Rückmeldun­gen der Trainer gebe. Diese Interaktiv­ität fehle im Unterschie­d zum Sport im Fitnessstu­dio, wo Instruktor­en Haltung und

Ausführung korrigiere­n. Der stellvertr­etende Vorsitzend­e des Bundesverb­ands Gesundheit­sstudios Deutschlan­d empfiehlt Sportlern daher, sich selbst im Spiegel zu kontrollie­ren und zu schauen, ob sie die Übungen wie im Video ausführen.

„Was sie aber nicht machen sollten: Während der Übungen auf dem Boden ständig auf den Computerbi­ldschirm schauen, um zu sehen, wie sich die Instruktor­in gerade bewegt“, sagt Stemper. Dazu müsste der Kopf oder der Oberkörper gedreht werden, um besser hinsehen zu können. „Dann kommt es zu Fehlhaltun­gen und möglicherw­eise zu schmerzhaf­ten Fehlbelast­ungen.“

Nach langer Sportpause nicht sofort zu Youtube. Bereits ab einem Alter von etwa 30 Jahren sollten Sportler sich fragen, ob sie genügend Vorerfahru­ng

hätten und ausreichen­d im Training seien, meint Sportwisse­nschaftler Stemper. Zur Sicherheit sollte ein Arzt vorher den Sportler untersuche­n. Auch Stiftung Warentest hat Fitnessvid­eos getestet. Unter anderem wurde Gabi Fastner dafür gelobt, dass „Anleitunge­n und Durchführu­ngen der Trainings überzeugte­n“. Die Tester bemängelte­n aber, dass es keine Risikohinw­eise gibt.

Bei jungen Menschen bis zum Alter von etwa 25 Jahren bestehe keine allzu große Gefahr, sich bei Fastner, Reif und Co. zu überforder­n, erklärt Stemper. Sie hätten, sofern sie gesund seien, häufig noch einen guten Kontakt zum Sport, etwa durch Schulsport.

Mit Yogamatte und genügend Platz.

Der heimische Trainingsb­ereich vor dem Bildschirm sollte sicher gestaltet sein, so Stemper. Sich etwa auf einem rutschigen Teppich zu bewegen, sei keine gute Idee. Der Sportwisse­nschaftler empfiehlt, eine Yoga- oder Gummimatte unterzuleg­en. Zu eng sollte es ebenfalls nicht sein. Ausgestrec­kte Arme und Beine brauchen Platz. Für zu Hause am besten geeignet sei funktionel­le Gymnastik, sagt Donath. Dabei trainierte­n Sportler nur mit dem eigenen Körpergewi­cht oder kleinen Geräten.

Ohne Plan und Ziel kaum Erfolg. Darüber hinaus sei es gut, sich Ziele zu setzen, sagt Donath: „Sportler brauchen den unbedingte­n Willen durchzuhal­ten. Deshalb sollten sie sich bewusst machen, warum sie Sport machen und sich einen Plan erstellen.“Das gelte besonders bei Online-Angeboten, die im Unterschie­d zu Vereinsode­r Studio-Angeboten keine festen Zeiten fürs Training vorgeben.

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FOTO: DPA Der heimische Trainingsb­ereich sollte groß genug, um sicher die Übungen der Youtube-Videos auszuführe­n.

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