Saarland hält trotz SPD-Kritik an Rücklagen beim Impfstoff fest
Es ist die größte Impfaktion, die Deutschland bislang gesehen hat. Doch der Start war holprig. Der Schutz gegen das Coronavirus läuft nur schleppend. Einige Bundesländer hinken bei der Impfquote deutlich hinterher. So auch das Saarland. Und das sorgt für Irritationen in der Landtagskoalition.
Während Mecklenburg-Vorpommern und Rheinland-Pfalz mit einer Quote von 3,5 beim Impfen am besten vorankommen, liegt das Saarland (2,2) unter dem Durchschnitt und nur auf Rang elf der 16 Bundesländer. Schlusslicht ist Niedersachsen, wo erst 1,9 Prozent der Menschen geimpft sind. Warum geht es in manchen Bundesländern beim Impfen schneller voran als in anderen? Der Grund ist simpel: Die Bundesländer verfolgen beim Impfen unterschiedliche Strategien. Das Saarland etwa setzt auf Rücklagen. Für jeden, der die erste Impfdosis bekommen hat, wird eine zweite Dosis zurückgehalten – für den Fall, dass bereits zugesagte Lieferungen in der Zukunft ausfallen. Deshalb gibt es nicht so viele Erstimpfungen. Nach Zahlen des Saar-Gesundheitsministeriums gab es bis Sonntagabend 30 432 Impfungen gegen Covid-19 – davon waren 21 577 Erstimpfungen und 8855 Zweitimpfungen.
Bei den rheinland-pfälzischen Nachbarn verläuft die Impfstrategie anders. Hier haben bereits 141 500 Menschen die erste Dosis erhalten. Anders als im Saarland wurde die zweite Dosis nach der Erstimpfung nicht zurückgehalten, sondern für eine weitere Erstimpfung verwendet. Wegen Lieferengpässen mussten nun aber zehntausende Termine für Erstimpfungen abgesagt werden, weil die dafür vorgesehenen Dosen nun kurzfristig für Zweitimpfungen benötigt werden.
Diesen Weg möchte auch die SPD-Fraktion im saarländischen Landtag einschlagen und fordert vom CDU-geführten Sozialministerium eine Veränderung in der Impfstrategie, damit schneller mehr Menschen geimpft werden können. „Von den eintreffenden Impfdosen sollten mehr direkt verimpft werden und weniger für die strategischen Reserven für die zweite Impfung zurückgehalten werden. So können in den nächsten Wochen möglicherweise tausende Menschen früher geimpft werden“, drängt Magnus Jung, gesundheitspolitischer Sprecher der Sozialdemokraten, auf einen Strategiewechsel. Er stützt sich dabei auf Medienberichte, wonach im Saarland nur 54 Prozent der im Land vorhandenen Impfdosen verimpft werden. In anderen Bundesländern sei die Quote wesentlich höher. „Wir müssen mit Blick auf die Verfügbarkeit des Impfstoffes für den zweiten Impftermin kein maximales Risiko eingehen, aber wir können deutlich mehr in die erste Impfung geben als bisher. Am Ende geht es um eine vernünftige Abwägung zwischen einem schnellstmöglichen Schutz der Risikogruppen und der Gefahr, schlimmstenfalls Termine verschieben zu müssen. Hier scheint ein stärkerer Rückgriff auf die bestehenden Reserven ethisch verantwortbar“, betont Jung.
Dieser Vorschlag ruft beim Koalitionspartner Verwunderung hervor. Die Wirksamkeit der Impfung sei bei den bisher zugelassenen Impfstoffen nachweislich erst erreicht, wenn beide Impfungen durchgeführt wurden, entgegnet Hermann Scharf, Vize-Fraktionschef der CDU-Landtagsfraktion. Zum Schutz der Bürger sei die Strategie aus dem Gesundheitsministerium der aktuell beste Weg. „Wenn die SPD-Fraktion der Auffassung ist, dass es hier eine bessere Lösung gibt, erwarten wir konkretere Vorschläge als die plakative Forderung, die notwendigerweise zurückgehaltenen Zweitimpfungen
als Erstimpfungen aufzubrauchen.“Ministerpräsident Tobias Hans (CDU) erteilte der SPD-Forderung nach dem Impfgipfel am Montagabend indirekt eine Absage. Solange es Lieferengpässe gebe, werde das Saarland ausreichend Dosen für die Zweitimpfung zurückhalten, erklärte er. „Wir wollen im Saarland keinen Schnelligkeitswettbewerb gewinnen und dadurch die Gesundheit der Menschen aufs Spiel setzen.“Denn die Wirksamkeit der Impfung sei bei den bisher zugelassenen Impfstoffen nachweislich erst nach der Zweit-Impfung gegeben. „Es hilft also nichts, wenn das Saarland die bundesweite Liste der Erst-Impfungen anführt, aber dadurch nicht genug Dosen für die Zweit-Impfung da sind.“