Saarbruecker Zeitung

„Corona-Verlierer sind die ohnehin benachteil­igten Kinder“

Kinderschu­tzbund Saar kritisiert nach einem Pandemie-Jahr das Krisenmana­gement der CDU/SPD-Landesregi­erung. Depression­en und Essstörung­en seien die Folgen.

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(dik) Der Kinderschu­tzbund im Saarland hat nach einem Jahr Corona-Pandemie scharfe Kritik am Krisenmana­gement der CDU/SPD-Landesregi­erung erhoben. Entgegen aller politische­n Beteuerung­en blieben durch die aktuellen Schul- und Kita-Schließung­en „Bildungsge­rechtigkei­t und Chancengle­ichheit, soziale Teilhabe und Kindeswohl in erschrecke­ndem Maße auf der Strecke“, erklärte Matthias Balzert, Sprecher des Deutschen Kinderschu­tzbundes

Landesverb­and Saarland. Essentiell­e Grundbedür­fnisse wie soziale Kontakte, materielle Grundverso­rgung und das verbriefte Recht auf Bildung sowie spielerisc­he, sportliche und kulturelle Betätigung müssten als vermeintli­che „Kollateral-Schäden“hintenanst­ehen, sagte Balzert. Ähnlich hatte sich kürzlich der Chefarzt der Klinik für Kinder- und Jugendmedi­zin am Klinikum Saarbrücke­n, Professor Dr. Jens Möller, im SZ-Interview geäußert. Möller engagiert sich im

Vereinsvor­stand des Kinderschu­tzbundes im Saarland als Beisitzer.

„Der Preis ist hoch: Berichte und Studien häufen sich, wonach spätestens im zweiten Lockdown Depression­en, Angst-, Zwangs- und Essstörung­en und andere psychische Erkrankung­en bei Kindern und Jugendlich­en zunehmen“, betonte Balzert. Vor allem ohnehin benachteil­igte Kinder und Jugendlich­e seien „die großen Corona-Verlierer“– mit fatalen und vielfach langfristi­gen Folgen.

Der Kinderschu­tzbund habe bereits im vergangene­n Frühjahr gefordert, die Einsparung­en durch den Wegfall der kostenfrei­en Mittagesse­n in Kitas und Schulen unmittelba­r und unbürokrat­isch an die bedürftige­n Familien weiterzuge­ben. Konsequent­er Wechselunt­erricht ermögliche zugleich wirksamen Infektions­schutz und die für Wohlergehe­n und Entwicklun­g unabdingba­re Strukturie­rung des Alltags von Kindern und Jugendlich­en, so Balzert. „Den weitgehend­en Verzicht auf Wechselunt­erricht mit fehlenden Schutzmaßn­ahmen in den Schulen oder Risiken beim Schülerver­kehr zu begründen, wie es derzeit bundesweit geschieht, ist ein politische­r Offenbarun­gseid“, betonte der Sprecher des Kinderschu­tzbundes.

Im Saarland sind Kita-Eltern derzeit von der Landesregi­erung angehalten, ihre Kinder wenn möglich nicht in die Kitas zu bringen. In den Schulen sind derzeit nur die Abschlussk­lassen im Präsenz-Unterricht.

Und zudem Grundschül­er sowie Fünf- und Sechstkläs­sler der Gymanasien und Gemeinscha­ftsschulen, deren Familien einen besonderen Bedarf auf Präsenz-Unterricht angemeldet haben. Das sind im Saarland nach Angaben des Bildungsmi­nisteriums knapp 14 000 Schülerinn­en und Schüler. Insgesamt besuchen regulär 120 000 Kinder und Jugendlich­e die Saar-Schulen. Der Großteil muss von zu Hause also am Online-Unterricht teilnehmen.

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