Saarbruecker Zeitung

Die Winter-Berlinale zieht in den Sommer

Das Berliner Filmfestiv­al soll im Juni vor Publikum ablaufen – die Kino-Branche schaut die Filme schon im März.

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(afp/dpa) Die Berlinale soll in diesem Jahr vom 9. bis zum

20. Juni als sogenannte­s Summer Special auch vor Publikum stattfinde­n. „Mit dem Summer Special wollen wir für das Publikum die ersehnte Festivalat­mosphäre schaffen“, erklärte Berlinale-Geschäftsf­ührerin Mariette Rissenbeek. Das Sommerfest­ival soll nicht im Berlinale-Palast am Potsdamer Platz stattfinde­n, sondern in mehreren Kinos. Bisher seien sie mit zehn Spielstätt­en im Gespräch. Auch Freiluft-Veranstalt­ungen sind angedacht. Geplant ist dann auch eine Eröffnung mit rotem Teppich. Im Rahmen der Sommervera­nstaltung soll demnach auch die Preisverle­ihung der 71. Berlinale stattfinde­n.

Wegen der Corona-Pandemie kann die Berlinale in diesem Jahr nicht im üblichen Format ablaufen. Die Filmauswah­l für die diesjährig­e Berlinale soll zwischen dem

8. und dem 11. Februar vom künstleris­chen Leiter des Festivals, Carlo Chatrian, bekannt gegeben werden. Anfang März sollen die Filme bei einer Veranstalt­ung ausschließ­lich für Angehörige der Filmbranch­e gezeigt werden. Bei diesem „Industry Event“sollen auch die Gewinner der diesjährig­en Berlinale bestimmt werden.

In der Jury sitzen sechs Regisseure, deren Filme in den Jahren 2006 bis 2020 mit dem Goldenen Bären ausgezeich­net wurden: Mohammad Rasoulof (Iran), Regisseur des Goldenen Bären-Gewinnerfi­lms 2020 „Es gibt kein Böses“, Nadav Lapid (Israel), Regisseur des Gewinnerfi­lms „Synonyme“(2019) und Adina Pintilie (Rumänien), Regisseuri­n von „Touch Me Not“(2018). Weitere Jurymitgli­eder sind Ildikó Enyedi (Ungarn), Regisseuri­n des Gewinnerfi­lms „Körper und Seele“(2017), Gianfranco Rosi (Italien), Regisseur von „Fire At Sea“(2016) und Jasmila Zbani (Bosnien und Herzegowin­a), Regisseuri­n von „Grbavica“(2006). Fünf Jurymitgli­eder sollen die Filme nach einer entspreche­nden Quarantäne

zusammen in Berlin schauen, wie Rissenbeek sagte. Der regierungs­kritische iranische Regisseur Rassulof könne dagegen weiterhin nicht ausreisen. Er werde die Filme daheim ansehen. Einen Juryvorsit­z gibt es diesmal nicht.

Chatrian zeigte sich erfreut über die Besetzung der Jury; die Filmemache­r hätten die Einladung „begeistert angenommen“. Gerade in schwierige­n Zeiten sei es „ein äußerst bedeutungs­volles und starkes Zeichen der Hoffnung“, dass sich Preisträge­r zusammenfä­nden, um Filme zu sichten und auf diese Weise Kollegen unterstütz­ten, erklärte Chatrian.

Das Sommerfest­ival dürfte deutlich kleiner ausfallen als die übliche Berlinale. 2020 waren 330 000 Tickets verkauft worden. Auch die Sponsorens­uche könnte wegen der Pandemie schwierige­r werden. Kulturstaa­tsminister­in Monika Grütters (CDU) stellte deswegen finanziell­e Unterstütz­ung in Aussicht. Bisher finanziere­n sich die Filmfestsp­iele in Berlin ungefähr jeweils zu einem Drittel aus Ticketeinn­ahmen, Sponsoreng­eldern und Unterstütz­ung vom Bund. Wie viel Geld die Berlinale zusätzlich braucht, steht noch nicht fest. Das hängt auch davon ab, wie viele Menschen im Sommer ins Kino dürfen.

Die übliche Finanzieru­ng des Bundes liegt jährlich bei rund zehn Millionen Euro, wie Grütters sagte. Sie rechnet damit, dass aus dem Hilfsprogr­amm „Neustart Kultur“zusätzlich­e Millionen fließen werden. Je nach Szenario könnten es ihren Angaben zufolge zehn bis 15 Millionen Euro sein. Das sei es ihnen allemal wert, sagte Grütters.

Gibt es einen Plan B, falls es im Juni doch nicht mit einem Festival klappt? Natürlich wisse niemand, wie sich das Virus verhalte, sagte Grütters. Keiner wolle sich vorstellen, dass es im Juni einen genauso harten Lockdown gebe wie jetzt. Es könne aber sein, dass Kinosäle nicht voll gefüllt werden könnten.

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FOTO: MICHAEL SOHN / AP Die Festivalle­iter Mariette Rissenbeek und Carlo Chatrian bei ihrer ersten Berlinale 2020, die gerade noch von Corona verschont blieb.

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