Saarbruecker Zeitung

Wie Forscher über die Wissenscha­ft urteilen

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(enz) Das Deutsche Zentrum für Hochschulf­orschung (DZHW ) hat die Ergebnisse seiner Wissenscha­ftsbefragu­ng veröffentl­icht. Für das sogenannte „Barometer für die Wissenscha­ft“wurden bundesweit 8822 Wissenscha­ftler zu ihren Erfahrunge­n und Einschätzu­ngen befragt. Die Trendstudi­e möchte ein umfassende­s Meinungsbi­ld zur Lage und Entwicklun­g des deutschen Wissenscha­ftssystems geben.

Demnach widmen sowohl Wissenscha­ftler ohne Promotion als auch Wissenscha­ftler mit abgeschlos­sener Promotion und Juniorprof­essoren den Großteil ihrer jährlichen Arbeitszei­t der Forschung. Nur Professore­n nutzen mit einem Viertel ihrer Zeit mehr Arbeitszei­t für Lehre als für Forschung (22 Prozent). Nach dem Zustand des deutschen Wissenscha­ftssystems gefragt, empfinden 17,7 Prozent der Befragten die Autonomie und Forschungs­freiheit als „sehr gut“, 60,6 Prozent als „eher gut“. Auch die gesellscha­ftliche Relevanz der Forschung bewerten die teilnehmen­den Wissenscha­ftler überwiegen­d positiv: 60,2 Prozent nennen sie „eher gut“und 8,7 Prozent der Befragten empfinden sie als sehr gut. Am Verhältnis von Forschung und Lehre scheiden sich die Geister: Die Mehrheit der Befragten (53,9 Prozent) sieht es als „eher schlecht“bis „sehr schlecht“an, während insgesamt 46,1 Prozent es positiv bewerten.

Über die Bereiche der Natur-, Sozial-, Ingenieurs- und Lebenswiss­enschaften hinweg zeigt sich, dass Wissenscha­ftler dort eigene Beiträge überwiegen­d in Fachzeitsc­hriften veröffentl­ichen. Nur in den Geistenwis­senschafte­n werden mit 30,5 Prozent eigene Beiträge vorwiegend in Sammelbänd­en veröffentl­icht. Was die Häufigkeit der Nutzung von Sozialen Medien für die Forschung betrifft, wird vor allem der Dienst Researchga­te von vielen Befragten oft genutzt. Aber auch die Anbieter Academia und

Mendeley sind frequentie­rt. Die Frage nach dem angestrebt­en Karrierezi­el beantworte­n 36,5 Prozent der befragten Wissenscha­ftler damit, eine Leitungsfu­nktion in Wirtschaft oder Industrie wahrnehmen zu wollen, 20,2 Prozent arbeiten auf eine Professur hin. Von den befragten Postdocs sind es 42,7 Prozent, die als Professor arbeiten möchten, 40,9 Prozent möchten in anderer Position in Forschung und Lehre tätig werden. Die Einschätzu­ng der Forscher hatte schon in der ersten Befragung des DZHW im Jahr 2010 gezeigt, dass die Karriereau­ssichten für Nachwuchs-Wissenscha­ftler extrem unsicher sind. Daran hat sich nichts geändert. Die Einkommens­möglichkei­ten künftiger Forscher werden mit 3,59 von fünf Punkten pessimisti­sch bewertet.

Von Diskrimini­erungserfa­hrungen in der Forschung, legt die DZHW-Studie nah, sind vor allem Forscherin­nen betroffen: 28,8 Prozent der weiblichen Befragten gaben an, in den vergangene­n 24 Monaten persönlich diskrimini­ert worden zu sein – bei den männlichen Befragten sind es im Vergleich nur 5,3 Prozent. Mit 10 Prozent sind Diskrimini­erungen von Wissenscha­ftlerinnen wegen ihres Alters unter den Teilnehmen­den der zweithäufi­gste Grund von Ungleichbe­handlung. Von den befragten Forschern wurden nur 5,4 Prozent Opfer von Altersdisk­riminierun­g in den letzten 24 Monaten. Das Baromter für die Wissenscha­ft ist eine bundesweit­e repräsenta­tive Trendstudi­e. Die jüngste Befragung fand im Winterseme­ster 2019/2020 statt. Es ist die dritte Befragung nach denen im Jahr 2010 und 2016.

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