Wegen Corona sind die Saunen geschlossen – aber man kann in einer fahrbaren Sauna schwitzen.
Der Lockdown vergällt einem derzeit fast alles, was Spaß macht. Was tun also gegen den CoronaBlues? Zum Beispiel eine Sauna für zu Hause mieten. SZ-Redakteur Oliver Schwambach hat’s ausprobiert.
Zu allem Übel ist dieses vermaledeite Virus ja auch noch ein ganz mieser Spielverderber. Kino, Konzert, Theater, Museum, essen gehen – fast alles, was sonst Spaß macht, hat seit Monaten Zwangspause. Auch die Saunen sind dicht. Dabei ist die Saunasehnsucht just bei dem Dauerschmuddelwetter immens. Doch hat man eine kluge Frau, hat man auch Rat. Zumal, wenn diese gut im saarländischen Facebook vernetzt ist; also jemanden kennt, der jemanden kennt, der jemanden kennt...
In diesem Fall die Bekannte der Schwägerin einer Kollegin oder so. Welche genau von denen sich kürzlich das Saunafass gemietet hat, konnte ich mir nicht wirklich merken. „Aber sie war begeistert“, sagt meine Frau.
Bloß wohin bei uns damit? „Auf die Garagenauffahrt“, entscheidet meine Gattin. Kurz denke ich nach, wie es wohl sein mag, nackt und schwitzend auf unserer Garagenauffahrt zu sitzen... Da meine Frau das Anmieten der Schwitztonne als Überraschung wider den Corona-Blues geplant hat, behalte ich solche kleinlichen Bedenken schon aus beziehungsstrategischen Gründen für mich. Außerdem bin ich seit Kindertagen Sauna-Fan. Liegt wohl an meiner finnischen Patentante. „Sauna“ist übrigens das einzige finnische Wort, das es in so ziemlich jede Sprache der Welt geschafft hat. Schade eigentlich. Dabei gibt es noch großartigere finnische Vokabeln. „Kalsarikännit“zum Beispiel. Übersetzt meint das: sich alleine zu Hause in der Unterhose besaufen. Gilt als urfinnische Entspannungstechnik. Das aber nur am Rande.
Olaf nun heißt der Mann, der das Saunafass vermietet. Er betreibt ein Kleinstunternehmen, das sich „Die mobile Massagebank“nennt. Erstaunlich, was alles transportabel ist. „Wann kommt denn die Sauna?“, frage ich. „Morgen um elf“, antwortet meine Frau.
Leider hat Olaf den denkbar schlechtesten Tag für die Anlieferung erwischt. Über Nacht hat’s kräftig geschneit. Unsere Garagenauffahrt ist im unteren Teil in etwa so steil wie die größte der drei Salpausselkä-Skisprungschanzen im finnischen Wintersportzentrum Lahti. Mit Schneeschieber und Salz befreie ich die Auffahrt halbwegs vom Eise, die Straße davor aber ist spiegelglatt. Olaf bleibt trotzdem Optimist. Bevor er eine Zeitlang im Saarbrücker „Calypso“-Bad anheuerte, hat er länger als Masseur auf der Nordseeinsel Juist Touristen weich geknetet. Sowas macht wohl gelassen: Mit seinem Citroën Berlingo nimmt er also rückwärts Anlauf auf unsere Sprungschanzenauffahrt. Einmal, zweimal, 50 Mal. Nichts zu machen: Der Saunaanhänger bewegt sich stoisch höchstens Zentimeter, während der Citroën davor tanzt wie Eisgöttin Kati Witt in ihren besten Zeiten. Inzwischen raucht die Kupplung, Olaf probiert’s unverdrossen.
Auch der Letzte in der Straße hat jetzt mitbekommen, dass wir uns eine Sauna gemietet haben. Ich versuche Olaf zum Aufgeben zu überreden, doch er kennt keinen Pardon. Mittlerweile sind sogar drei
Mitarbeiter des Quierschieder Bauhofs angerückt (vielleicht von einem Nachbarn alarmiert?), schütten hilfsbereit eimerweise Streugut vor und hinter Olafs Räder. Versuch Nummer 51. Es hilft nichts; das Saunafass steht, der Citroën tanzt...
Er habe noch einen Freund mit einem Jeep, fällt Olaf plötzlich ein. Er telefoniert. Der Freund hat wohl doch keine Zeit. Also Versuch Nummer 52. Und das Wunder geschieht. Plötzlich steht das Saunafass oben auf der Auffahrt.
Dann geht alles fix. Olaf montiert noch schnell den Schornstein auf der Schwitztonne und erklärt das Nötigste. Den Ofen hat er bereits mit Holz und Papier bestückt. Jede Menge dicke Scheite zum Nachlegen sind unter den beiden Bänken gestapelt. Ansonsten liefert er alles mit: Bottich und Kelle für den Aufguss samt diversen Düften, auch ein paar Laternen, die man abends draußen am Saunafass aufhängen kann. Auf den beiden Bänken im Fass wäre für vier aufrecht Schwitzende Platz, zu zweit ist es aber wohl am angenehmsten.
Bis zum Anheizen warte ich aber lieber bis zur gnädig vieles verhüllenden Dämmerung: Das Saunafass hat schließlich auch zwei schmale Fensterchen und eine Glastür. Auf neugierige Überraschungsgäste sollte man sich trotzdem sicherheitshalber einstellen. Der nette Nachbar von gegenüber bringt noch eine Flasche Eissekt – „zum Trinken nach der Sauna“– und gibt Tipps, wie der Ofen schneller in Fahrt kommt.
In der Tat braucht das mit der Feuerstelle Geduld. Erst will das Thermometer überhaupt nicht klettern. Nach einer Stunde aber wird’s mollig, nach anderthalb über 90 Grad heiß. Perfekt. Dank der weißen Pracht draußen kann man sogar Schneebälle auf den heißen Ofensteinen zischen lassen, der schönste aller Aufgüsse. Und spätestens beim dritten Saunagang ist dann auch der Corona-Blues verdampft.
Wir haben übrigens doppelt Glück: Nach der Tortur muss Olafs Berlingo in die Werkstatt, und das Saunafass bleibt einen weiteren Tag bei uns stehen. So bald wäre auch sonst keine Gelegenheit mehr dazu. Bis weit in den März hinein sind schon die meisten Termine vergeben.