Streit um Ärztehonorare für Impf-Einsätze
„Skandalös“nennt mancher Arzt Bezahlung und Vergabe-Modalitäten für die Impfeinsätze. Die Kassenärztliche Vereinigung sieht darin eine Minderheitenmeinung.
Die Bezahlung und Vergabe-Modalitäten für die Einsätze der Ärzte in den saarländischen Impfzentren wird von Teilen der Ärzteschaft kritisch gesehen. Die Kassenärztliche Vereinigung sieht darin aber lediglich eine Minderheitenmeinung.
Die Katze ist aus dem Sack: Der Streit in der Ärzteschaft um die Jobs in den Impfzentren wird nicht mehr nur intern geführt, sondern nun auch öffentlich ausgetragen. Der Ton ist schrill. Es geht um viel Geld und um wohl auch um Futterneid.
Wie die SZ am Donnerstag berichtete, erhalten Ärzte, die in den Impfzentren und mobilen Impfteams Dienst schieben, 870 Euro für jede etwa sieben bis achtstündige Tagesschicht; Impfzentrums-Leiter 1100 Euro. „Wie kommt das wahrhaft horrende Honorar zu Stande?“, fragte der Püttlinger Kinderarzt Dr. Peter Treitz schon Ende Januar den Vorstand der KassenärztlichenVereinigung(KV).Ersiehtdarin den Grund für „nackte, hemmungslose Gier“unter den Kollegen, die sich, so sein Hauptkritikpunkt, in einem ungesteuerten „Windhundrennen“so viele Dienste wie nur irgend möglich unter den Nagel gerissen hätten. Diverse Mails, die dieses „unwürdige Procedere“kritisierten, gingen sowohl an die Kassenärztliche Vereinigugn (KV) wie auch an das Gesundheitsministerium, das die Impfzentren managt.
Der Püttlinger Arzt schrieb sich seinen Ärger von der Seele: Ein Kinderarzt-Kollege habe bis Februar 17 Einsätze, er selbst jedoch müsse sich mit nur einem zufrieden geben. All das sei „skandalös“, ja eine „Sauerei“. Treitz hält das Honorar für „viel zu hoch“: „Ich würde im Impfzentrum, wenn ich Dienste hätte, ungefähr zweieinhalb bis dreimal so viel verdienen wie in der Praxis.“Treitz hatte wie viele Ärzte während der Pandemie Umsatz-Einbußen, während die Kosten weiterliefen.
Er sagt, er habe Kurzarbeit angemeldet und Geld aus dem Rettungsschirm beansprucht: „Da würden mir und meinen Angestellten die gut bezahlten Dienste schon gut tun, wenn wir denn welche bekämen.“Wie berichtet, sehen sich insbesondere (jüngere) niedergelassene Praxisärzte gegenüber pensionierten Kollegen oder Privatund Klinikärzten benachteiligt. Letzteren droht durch einen Impf-Dienst kein Verdienstausfall, sondern ihnen winkt ein satter Zuverdienst.
Der Vorstandsvorsitzende der KV, Dr. Gunter Hauptmann, möchte das alles nicht überbewerten. Er sieht den Püttlinger Arzt nicht als Stellvertreter der Mehrheit. Unmut herrsche in einer „überschaubaren Gruppe“, die jedoch mit einer massiven „Beschwerdegewalt“auftrete, sagt Hauptmann der SZ. Erfreulich viele, 589 Ärzte, hätten sich für die Impfzentren gemeldet – im Prinzip zu viele für die wegen Impfstoff-Mangels zurück gefahrene Kapazität. Doppelschichten seien, anders als ursprünglich geplant, momentan nicht notwendig, die Einsatzpläne seien vom Ministerium angepasst, also reduziert worden: „Das ist die Haupt-Ursache dafür, dass weniger Ärzte zum Zuge kommen als erwartet.“Laut KV-Chef fallen keine Ausfall-Honorare an; wegen plötzlich fehlenden Impfstoffes werde kein Arzt heim geschickt.
Wobei die KV eigentlich gar nicht in Verteidigungs-Not ist: Die Verwaltung der Impf-Dienstpläne obliegt ihr gar nicht, sondern dem Gesundheitsministerium. Dort wird gerade über ein anderes Verteilungs-Modell nachgedacht. Die KV wurde lediglich zur Generierung der Ärzte eingebunden und stellt ihre Software als Termin-Buchungsplattform zur Verfügung. Die – als überhöht kritisierten – Honorare hat ebenfalls nicht die KV verhandelt, sondern der Hausärzte-Verband.
Derweil bedauert der Präsident der Landesarbeitsgemeinschaft Pro Ehrenamt, Hans-Joachim Müller, dass „man hier ganz offensichtlich ehrenamtliches Engagement hat verpuffen lassen“. Er ist sich sicher, dass genügend viele, nicht nur pensionierte, Ärzte gerne auch unentdeldlich beim Impfen mitgemacht hätten. Verbindliche Dienstpläne seien kein Problem.
Die LAG schließe mit Ehrenamtlern Verträge über zeitliche Leistungen, dies hätte auch das Ministerium mit den Ärzten tun können. Letzteres hatte, wie berichtet, wegen der großen Verantwortung auf eine professionelle Struktur in den Zentren bestanden. Müller merkt an, dass über die Ehrenamtsbörse für die Impfzentren freiwillige Helfer gesucht würden, etwa für Rollstuhlfahrer. „Warum behandelt man die Helfer anders als Ärzte, bei denen ich ein enorm hohes Berufsethos voraussetze. Gewissenhaftigkeit gehört zum Berufsbild des Arztes dazu, die bringt er auch ohne Bezahlung mit.“