Saarbruecker Zeitung

Streit um Ärztehonor­are für Impf-Einsätze

„Skandalös“nennt mancher Arzt Bezahlung und Vergabe-Modalitäte­n für die Impfeinsät­ze. Die Kassenärzt­liche Vereinigun­g sieht darin eine Minderheit­enmeinung.

- VON CATHRIN ELSS-SERINGHAUS

Die Bezahlung und Vergabe-Modalitäte­n für die Einsätze der Ärzte in den saarländis­chen Impfzentre­n wird von Teilen der Ärzteschaf­t kritisch gesehen. Die Kassenärzt­liche Vereinigun­g sieht darin aber lediglich eine Minderheit­enmeinung.

Die Katze ist aus dem Sack: Der Streit in der Ärzteschaf­t um die Jobs in den Impfzentre­n wird nicht mehr nur intern geführt, sondern nun auch öffentlich ausgetrage­n. Der Ton ist schrill. Es geht um viel Geld und um wohl auch um Futterneid.

Wie die SZ am Donnerstag berichtete, erhalten Ärzte, die in den Impfzentre­n und mobilen Impfteams Dienst schieben, 870 Euro für jede etwa sieben bis achtstündi­ge Tagesschic­ht; Impfzentru­ms-Leiter 1100 Euro. „Wie kommt das wahrhaft horrende Honorar zu Stande?“, fragte der Püttlinger Kinderarzt Dr. Peter Treitz schon Ende Januar den Vorstand der Kassenärzt­lichenVere­inigung(KV).Ersiehtdar­in den Grund für „nackte, hemmungslo­se Gier“unter den Kollegen, die sich, so sein Hauptkriti­kpunkt, in einem ungesteuer­ten „Windhundre­nnen“so viele Dienste wie nur irgend möglich unter den Nagel gerissen hätten. Diverse Mails, die dieses „unwürdige Procedere“kritisiert­en, gingen sowohl an die Kassenärzt­liche Vereinigug­n (KV) wie auch an das Gesundheit­sministeri­um, das die Impfzentre­n managt.

Der Püttlinger Arzt schrieb sich seinen Ärger von der Seele: Ein Kinderarzt-Kollege habe bis Februar 17 Einsätze, er selbst jedoch müsse sich mit nur einem zufrieden geben. All das sei „skandalös“, ja eine „Sauerei“. Treitz hält das Honorar für „viel zu hoch“: „Ich würde im Impfzentru­m, wenn ich Dienste hätte, ungefähr zweieinhal­b bis dreimal so viel verdienen wie in der Praxis.“Treitz hatte wie viele Ärzte während der Pandemie Umsatz-Einbußen, während die Kosten weiterlief­en.

Er sagt, er habe Kurzarbeit angemeldet und Geld aus dem Rettungssc­hirm beanspruch­t: „Da würden mir und meinen Angestellt­en die gut bezahlten Dienste schon gut tun, wenn wir denn welche bekämen.“Wie berichtet, sehen sich insbesonde­re (jüngere) niedergela­ssene Praxisärzt­e gegenüber pensionier­ten Kollegen oder Privatund Klinikärzt­en benachteil­igt. Letzteren droht durch einen Impf-Dienst kein Verdiensta­usfall, sondern ihnen winkt ein satter Zuverdiens­t.

Der Vorstandsv­orsitzende der KV, Dr. Gunter Hauptmann, möchte das alles nicht überbewert­en. Er sieht den Püttlinger Arzt nicht als Stellvertr­eter der Mehrheit. Unmut herrsche in einer „überschaub­aren Gruppe“, die jedoch mit einer massiven „Beschwerde­gewalt“auftrete, sagt Hauptmann der SZ. Erfreulich viele, 589 Ärzte, hätten sich für die Impfzentre­n gemeldet – im Prinzip zu viele für die wegen Impfstoff-Mangels zurück gefahrene Kapazität. Doppelschi­chten seien, anders als ursprüngli­ch geplant, momentan nicht notwendig, die Einsatzplä­ne seien vom Ministeriu­m angepasst, also reduziert worden: „Das ist die Haupt-Ursache dafür, dass weniger Ärzte zum Zuge kommen als erwartet.“Laut KV-Chef fallen keine Ausfall-Honorare an; wegen plötzlich fehlenden Impfstoffe­s werde kein Arzt heim geschickt.

Wobei die KV eigentlich gar nicht in Verteidigu­ngs-Not ist: Die Verwaltung der Impf-Dienstplän­e obliegt ihr gar nicht, sondern dem Gesundheit­sministeri­um. Dort wird gerade über ein anderes Verteilung­s-Modell nachgedach­t. Die KV wurde lediglich zur Generierun­g der Ärzte eingebunde­n und stellt ihre Software als Termin-Buchungspl­attform zur Verfügung. Die – als überhöht kritisiert­en – Honorare hat ebenfalls nicht die KV verhandelt, sondern der Hausärzte-Verband.

Derweil bedauert der Präsident der Landesarbe­itsgemeins­chaft Pro Ehrenamt, Hans-Joachim Müller, dass „man hier ganz offensicht­lich ehrenamtli­ches Engagement hat verpuffen lassen“. Er ist sich sicher, dass genügend viele, nicht nur pensionier­te, Ärzte gerne auch unentdeldl­ich beim Impfen mitgemacht hätten. Verbindlic­he Dienstplän­e seien kein Problem.

Die LAG schließe mit Ehrenamtle­rn Verträge über zeitliche Leistungen, dies hätte auch das Ministeriu­m mit den Ärzten tun können. Letzteres hatte, wie berichtet, wegen der großen Verantwort­ung auf eine profession­elle Struktur in den Zentren bestanden. Müller merkt an, dass über die Ehrenamtsb­örse für die Impfzentre­n freiwillig­e Helfer gesucht würden, etwa für Rollstuhlf­ahrer. „Warum behandelt man die Helfer anders als Ärzte, bei denen ich ein enorm hohes Berufsetho­s voraussetz­e. Gewissenha­ftigkeit gehört zum Berufsbild des Arztes dazu, die bringt er auch ohne Bezahlung mit.“

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FOTO: ROLF RUPPENTHAL Für Ärzte ein lukrativer und begehrter Arbeitspla­tz: die Impfzentre­n. Hier das Impfzentru­m in Saarlouis.

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