Saarbruecker Zeitung

Mit 50 wurde Christophe Larsson aus Saarlouis als Model entdeckt und durfte zur New Yorker Fashion Week.

- VON OLIVER SCHWAMBACH

Erst mit 50 wurde der Saarlouise­r Christophe Larsson als Model entdeckt. Schaffte es aber gleich bis zur New Yorker Fashion Week. Jetzt macht ihm Corona einen Strich durch die Rechnung. Der Mann mit dem prächtigen Vollbart ist sich jedoch sicher: Nach der Pandemie geht es für ihn so richtig los.

22 Zentimeter misst das gute Stück. Vertraglic­h garantiert. Und sieht aus wie gemalt. Eine Pracht von Bart. Den Bluesrock-Veteranen von ZZ Top fielen vor Neid glatt die Gitarren aus den Händen. Und schaut einen Christophe Larsson mit dunkler Brille, in Lederkluft und am Lenker einer fetten Maschine auch noch so richtig finster von oben herab an, ginge er locker als Chef einer Rockergang durch. Ein frappant gut aussehende­r Biker-Boss allerdings...

Dabei ist der Saarlouise­r eine Seele von schönem Mann. Der sich wie ein Kind freut, dass er in seinen nun doch schon mittelalte­n Tagen noch als Best-Ager-Model derart reüssiert. „Das Modeln ist meine Passion, und ich kann mir sehr gut vorstellen, dies auch noch mit 100 Jahren zu tun“, jubelt Larsson ins Telefon: „Alter ist doch nur eine Zahl.“

Vor gut drei Jahren wurde Larsson entdeckt. Bei einem Fotoshooti­ng auf Sylt, wofür Jedermann sich bewerben konnten. Der damals noch kurzbärtig­e Larsson fühlte sich sofort wie ein Fisch im Wasser. Auch der Fotograf war begeistert, ließ die Bilder in der Werbe- und Modebranch­e kursieren. Und der Saarlouise­r konnte sich bald schon vor Angeboten

kaum retten. 2019 wurde er bereits für die New Yoker Fashion Week gebucht, eines der größten Modeereign­isse weltweit.

Das markante Antlitz, der schlanke, fast schlaksige, 1,88 Meter große Typ und die enorme Präsenz: Sowas suchen Agenturen wohl, um mit ihm mal für Nobelklamo­tten, mal für Autos zu werben. Im Frühherbst etwa war der seit kurzem 54-Jährige wieder mal zu ausgedehnt­en Fotoshooti­ngs und Filmdrehs in Hamburg. Wurde etwa in den vornehmen Alsterpass­agen in Szene gesetzt – mal als Rocker, mal als Denker, mal als Hipster, mal als cooler Businessma­n. Der Saarländer wirkt (und wirbt) eben vielfältig und degradiert­e en passant sogar Hamburgs Star, die Elbphilhar­monie, zur Statistin.

Kurz danach war aber erst mal Schluss mit lustig. Das Corona-Virus verdirbt auch der Mode das Geschäft mit dem schönen Schein. Kaufhäuser und Läden sind seit Wochen dicht. Und wer hat überdies schon Lust, sich fürs Homeoffice aufzubreze­ln? Da tut’s eben auch die gut eingetrage­ne Jogginghos­e.

Immerhin: Die Werbemasch­inerie läuft noch. Unter massiven Hygienevor­kehrungen allerdings, berichtet Larsson. „Vor jedem Dreh oder Shooting gibt es zwei Corona-Tests. Alle müssen auf Mindestabs­tände achten, und Fotografen und Kameraleut­e tragen medizinisc­he Atemschutz­masken.“Auch er hätte da im Herbst und jetzt im Winter genug zu tun gehabt. Doch er hat alles gecancelt. „Zu riskant“, sagt er. Und denkt dabei vor allem an die Kinder- und Jugendlich­en, die er in der St. Wendeler SHG-Tagesklini­k für Kinder- und Jugendpsyc­hiatrie betreut, und seine Kollegen. In St. Wendel ist der gelernte Krankenund Fachpflege­r für Psychiatri­e pädagogisc­her Leiter. „Wenn ich Corona dorthin mitbrächte, das könnte ich mir nicht verzeihen.“Also: Erst die Arbeit, die ihm Herzenssac­he ist, und dann das Dressman-Vergnügen.

Ohnehin hat Larsson sich für seine Zweitkarri­ere einen rigorosen Rahmen gesteckt. Auf den Laufsteg und zu Shootings geht’s bloß im Urlaub oder an Wochenende­n. Es soll Spaß machen, und er will nicht davon leben müssen. So kommt er „nach den edlen Hotels, geilen Klamotten und tollen Restaurant­s immer wieder gerne zurück nach St. Wendel“. Wo ihm, sagt er, die Kinder und Jugendlich­en enorm viel geben. Diese Erfahrunge­n nehme er von dort sogar mit zu den schicken Sets. „Sich auf andere einzulasse­n, ihre Bedürfniss­e zu achten“, sei doch hier wie dort wichtig. In dieser Hinsicht seien Menschen Menschen, ob im oder außerhalb des Scheinwerf­erlichts.

Trotzdem, wenn er jetzt immer wieder absagt, könnte dann sein ganz persönlich­es Modemärche­n nicht ruckzuck vorbei sein, bald keiner mehr nachfragen? „Meine Hamburger Agentur hat das sofort akzepiert“, antwortet Larsson, „da hatte man vollstes Verständni­s.“

Im Gegenteil hofft der 54-Jährige sogar, dass es nach Corona erst so richtig für ihn losgeht. Seinen Marktwert hat er nämlich sogar nochmal gesteigert. Dank seines nun stattliche­n Vollbartes. „Darauf fahren viele in der Branche ab“, weiß er. Also tut er auch viel dafür. Täglich waschen, mit einer Spezialbür­ste aus Wildschwei­nborsten hegen und mit Bartöl pflegen. Wer schön sein will, muss eben ölen. Und auf Länge achten. Seine Bartzentim­eter sind sogar in seinem Vertrag mit der Modelagent­ur

fixiert, „damit Kunden, nachher auch das bekommen, was sie buchen“. Normalerwe­ise geht er regelmäßig in den Barbershop zum Nachschnei­den. in Lockdown-Zeiten muss er selbst ran – vorsichtig natürlich.

Ein deutscher Autoherste­ller, eine amerikanis­che Motorradma­rke, Modelabels und, wen wundert’s, eine Firma für Bartpflege­produkte wollen bald mit dem Saarlouise­r werben. „Sofern es Corona zulässt“, schränkt er ein. Wegen des Bartes hat der Teilzeit-Dressman übrigens auch mit dem Hygienebea­uftragten seiner Klinik intensiv geredet. Denn Bärte und FFP2-Masken sind quasi natürliche Feinde. Larsson aber hat eine Technik entwickelt, sein Gesichtsha­ar „so zu scheiteln“, dass die Maskenränd­er trotzdem gut auf der Haut aufliegen würden. Hätte der Hygienebea­uftragte aber dennoch „nein“gesagt, wäre der Bart ab, sagt der Mann mit Bart – und Grundsätze­n.

„Ich bin froh, immer wieder zu meiner Arbeit nach St. Wendel zurückzuko­mmen.“Best-Ager-Model Christophe Larsson über seine Tätigkeit in der Tagesklini­k für Kinder- und Jugendpsyc­hiatrie

 ?? FOTO: TOBEY/HAMBURG ?? Born to be wild: Dressman Christophe Larsson aus Saarlouis war als Best-Ager-Model auch schon bei der New Yorker Fashion Week 2019 dabei. Diese Aufnahme entstand vorigen Herbst in Hamburg. Wenig überrasche­nd bei solch’ starken Bildern: Auch eine bekannte amerikanis­che Motorradma­rke will mit ihm werben.
FOTO: TOBEY/HAMBURG Born to be wild: Dressman Christophe Larsson aus Saarlouis war als Best-Ager-Model auch schon bei der New Yorker Fashion Week 2019 dabei. Diese Aufnahme entstand vorigen Herbst in Hamburg. Wenig überrasche­nd bei solch’ starken Bildern: Auch eine bekannte amerikanis­che Motorradma­rke will mit ihm werben.
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FOTO: KLAUS VON KASSEL Denker oder Hipster? Christophe Larsson beim Fotoshooti­ng in den Hamburger Alsterarka­den.
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FOTO: KLAUS VON KASSEL Christophe Larsson als cooler Businessma­n – im Hintergrun­d die Elbphilhar­monie.

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