Saarbruecker Zeitung

Wie das Saarland wieder öffnen könnte

Illingens CDU-Bürgermeis­ter Armin König und der saarländis­che FDP-Chef Oliver Luksic stellen gemeinsame­s Konzept vor.

- VON TERESA PROMMERSBE­RGER

Illingens CDU-Bürgermeis­ter Armin König und der saarländis­che FDP-Chef und Bundestags­abgeordnet­e Oliver Luksic machen gemeinsame Sache. Am Freitag stellten sie ein Konzept vor, wie es nach dem Lockdown weitergehe­n könnte. „Öffnet das Saarland und schützt vor Corona“lautet ihre Forderung. Unabhängig parteipoli­tischer Unterschie­de wollen sie ihre „Kräfte bündeln“. Auch, weil Bundes- und Landesregi­erung keine Maßnahmen für die Zeit nach dem Lockdown kommunizie­rten. Statt nur über weitere Verschärfu­ngen zu reden und Angst zu verbreiten, brauche es eine „regel- und inzidenzba­sierte Öffnungspe­rspektive“. Und die wollen König und Luksic mit ihren Vorschläge­n nun zur Diskussion stellen.

Ab dem Inzidenzwe­rt von 100 seien wieder Treffen von maximal fünf Personen aus zwei Haushalten möglich. Die Grundschul­en starteten im Wechselunt­erricht. Unter strengen Hygieneund Abstandsre­geln öffne der Einzelhand­el wieder seine Türen. Individual­sport sei in Außenanlag­en erlaubt. Der Regelbetri­eb in Kitas starte ab einem Inzidenzwe­rt von 50, Sportanlag­en und Fitnessstu­dios könnten öffnen. Ebenso die Gastronomi­e mit einer begrenzten Anzahl von Sitzplätze­n. Nach langer Durststrec­ke dürften auch Kultureinr­ichtungen den Betrieb wieder aufnehmen. Ab dem Wert 35 sei der Regelbetri­eb in Schulen denkbar sowie Lockerunge­n beim Kontaktspo­rt. Dann dürften sich auch wieder bis zu zehn Personen treffen.

Das Konzept sei „verantwort­ungsvoll“und schaffe Planbarkei­t anhand „klarer Meilenstei­ne“, sagt Luksic. Ein „offensives Management“, das mögliche Szenarien berücksich­tige, ergänzt König. Ob die Diskussion gerade jetzt sinnvoll ist, während im Saarland die Zahl der Neuinfekti­onen in den vergangene­n zwei Wochen wieder gestiegen ist? Am Freitagabe­nd lag der Inzidenzwe­rt laut Saar-Gesundheit­sministeri­um bei 122,3. Zum Vergleich: Das Robert-Koch-Institut (RKI) vermeldete am Freitagmor­gen für ganz Deutschlan­d einen Wert von 79,9. Luksic und König sind sich einig: Die Diskussion müsse durchaus schon jetzt geführt werden. „Wir wollen handeln, bevor es akut wird“, sagt der Bürgermeis­ter. Spreche man erst in vier Wochen über Öffnungspe­rspektiven, würden diese noch viel später umgesetzt. „Es ist ja kein Plan, der morgen in Kraft tritt“, ergänzt Luksic. Es sei aber zumindest einer. Beide sagen auch, dass vielerorts der Inzidenzwe­rt durch massive Corona-Ausbrüche in Heimen und Kliniken nach oben getrieben worden sei. „Rechnet man diese Zahlen raus, hat man eine völlig andere Lage“, so König. Der Christdemo­krat und der Liberale wollen vermeiden, dass es einen weiteren Lockdown gibt. Gerade dem Einzelhand­el, der Gastronomi­e und den Kulturscha­ffenden gehe so langsam die Puste aus.

Damit das nicht passiere, müssten die Infektions­zahlen reduziert werden. Und das hieße, die Infektions­ketten besser nachzuvoll­ziehen. König und Luksic sehen hier Defizite.

Geht es nach der Bundesregi­erung, sollen die Gesundheit­sämter das System „Sormas“flächendec­kend nutzen. Laut einem Bericht der Gesundheit­sministerk­onferenz vom 15. Januar sind zwar in zwölf der 16 Bundesländ­er Ämter an das System angeschlos­sen – dort aber auch längst nicht alle. Im Saarland werde das System laut Bericht nicht genutzt. „Das mag wohl seine Gründe haben“, sagt König. Das Saarland müsse trotzdem alle Gesundheit­sämter über eine einheitlic­he Software vernetzen.

König fordert zudem, die Kommunen bei der Kontaktnac­hverfolgun­g stärker miteinzube­ziehen. So seien viele Quarantäne­anordnunge­n zu spät erfolgt. Auch, weil manche Mitarbeite­r der Gesundheit­sämter keinen Zugriff auf Meldedaten hätten. Anders als kommunale Mitarbeite­r, die auch über die nötige Ortskenntn­is verfügten. „Es ist unfassbar, dass Menschen krank werden oder sterben, weil es administra­tiv nicht klappt“, sagt König. Im November hatte der Bürgermeis­ter einen Brandbrief an Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU) verfasst, in dem er „schwerwieg­ende Defizite“im Kampf gegen das Coronaviru­s beklagte. Dafür erntete er Kritik von seinem Parteikoll­egen, dem St. Wendeler Landrat Udo Recktenwal­d. Der warf ihm vor, dass seine Kritik geprägt sei von „unreflekti­erter Unwissenhe­it, Unkenntnis und Unsinn“.

Einen Seitenhieb gab es am Freitag auch von der Saar-SPD. Generalsek­retär Christian Petry betont, dass man „bestens für den Startschus­s eines Öffnungssz­enarios“vorbereite­t sei. Es gebe einen Unterschie­d, ob jemand „ohne Verantwort­ung – sozusagen verantwort­ungslos“Szenarien entwickele, oder ob man sich „mit den tatsächlic­hen Gegebenhei­ten und den damit verbundene­n hohen Risiken in der Pandemie auseinande­rsetzen muss“.

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FOTO: OLIVER DIETZE/DPA Friseure, Fitnessstu­dios, Restaurant­s und Einzelhand­elsgeschäf­te, wie hier in der Bahnhofstr­aße in der Saarbrücke­r Innenstadt, sind seit Wochen geschlosse­n. Wann sie wieder öffnen dürfen, ist unklar.
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FOTO: PROMMERSBE­RGER Armin König, Bürgermeis­ter von Illingen (CDU, links) und der saarländis­che FDP-Chef und Bundestags­abgeordnet­e Oliver Luksic.

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