Keine Entwarnung im Regionalverband
Wie haben sich die Corona-Zahlen im Regionalverband Saarbrücken seit Anfang des Jahres entwickelt? Ein Überblick.
Wird die Zahl der Infizierten im Regionalverband (RGV ) nach dem Feiertagen wieder hochschießen? Diese Befürchtung stand Anfang Januar noch im Raum. Zwar ist sie glücklicherweise nicht eingetroffen – und doch bleiben die Corona-Fallzahlen weiterhin besorgniserregend.
Grund dafür ist eine Entwicklung, die sowohl im RGV als auch im Saarland gegen den Bundestrend läuft und selbst Experten Rätsel aufgibt (die SZ berichtete). Ist die Zahl der Neuinfektionen pro 100 000 Einwohner innerhalb der letzten sieben Tage (Inzidenz) in Deutschland zuletzt kontinuierlich gesunken und lag zuletzt (Stand Freitagmorgen) bei 79,9, verharrt dieser Wert im RGV seit zwei Wochen auf recht hohem Niveau (siehe Grafik). Seit Jahresanfang sind 2381 Menschen im RGV positiv auf das Corona-Virus getestet worden, 2085 dieser Fälle traten allein im Monat Januar auf. Das sind rund 1100 weniger als im Dezember, aber fast genauso viele (2248) wie im November. Im Gegensatz dazu mussten im November insgesamt 230 Schulklassen beziehungsweise Kita-Gruppen ganz oder teilweise in Quarantäne – im Januar waren es nur elf. Es handelt sich dabei um vier Grundschulklassen und sieben Kita-Gruppen, betroffen waren 44 Kinder und 35 Bedienstete.
Seit dem 11. Januar gilt für Schüler der Abschlussklassen an den Gymnasien und Gemeinschaftsschulen wieder Präsenzpflicht. Der Rest wird per Homeschooling unterrichtet, worauf der deutliche Unterschied in den Quarantänezahlen hauptsächlich zurückzuführen ist. Da Eltern und Erziehungsberechtigte jedoch weiterhin einen Anspruch auf Notbetreuung haben, gibt es dennoch immer mehr infizierte Kinder. „Auffallend ist, dass im Gegensatz zum vergangenen Frühjahr, als Folgefälle unter Kita-Kindern zur Ausnahme gehörten, diese auf rund 20 Prozent angestiegen sind. Allgemein nehmen die Fälle in Kindergärten rasant zu. Seit Ferienende haben sich die positiven Fälle jede Woche verdoppelt“, teilte der RGV am Freitag mit. Dies sei vor allem auf eine zunehmend stärkere Nutzung des Notbetreuungsangebots zurückzuführen.
Insgesamt wurden im Januar nur 5400 Quarantänen gegen Infizierte und ihre Kontaktpersonen verhängt. Ein deutlich geringerer Wert als in den vergangenen Monaten, der jedoch angesichts der konstanten Fallzahlen den Schluss nahelegt, dass Infizierte nicht alle Kontaktpersonen melden. Regionalverbandsdirektor Peter Gillo sprach am Freitag von der „Besorgnis des Gesundheitsamts, dass bei der Kontaktnachverfolgung vermehrt nur das angegeben wird, was laut den aktuellen Regelungen erlaubt ist. Es besteht der Eindruck, dass in einigen Fällen Kontakte über die eigene Familie und eine weitere Person hinaus verschwiegen werden.“Er appellierte an die Ehrlichkeit der Bürger, die nötig sei, damit die „Infektionsketten konsequent durchbrochen werden können“.
Die Zahl der Todesfälle betreffend stellt der Januar einen traurigen Rekord dar (wobei zu beachten ist, dass hierbei nur das Meldedatum berücksichtigt wird, das in manchen Fällen vom tatsächlichen Todesdatum abweicht). 116 Tote mit einem Durchschnittsalter von 82,6 Jahren gab es im ersten Monat des Jahres und damit mehr als in den ersten sieben Monaten der Pandemie zusammen. Bei 68 davon handelte es sich um Bewohner von Pflegeheimen. In rund zehn solcher Einrichtungen kam es im Januar zu größeren Corona-Ausbrüchen, bei denen sich insgesamt 321 Bewohner sowie 76 Pflegekräfte infizierten. Insgesamt sind (Stand: Freitag, 16 Uhr) 394 Personen im RGV an oder mit Corona verstorben. Die meisten Todesfälle, nämlich 18, wurden am 13. Januar gemeldet. Insgesamt gab es seit Anfang des Jahres nur drei Tage, an denen das Gesundheitsamt des RGV keine Todesfälle meldete.
In Hinblick auf die kommenden Wochen ist besonders die immer stärkere Ausbreitung der Corona-Mutationen im Fokus. Diese gelten als besonders gefährlich, da sie ansteckender sind als der sogenannte Wildtyp. Im Saarland wurde die britische Mutante B.1.1.7, die 35 Prozent ansteckender sein soll, erstmals am 26. Januar in St. Wendel nachgewiesen. Nur drei Tage später wurden auch im RGV zwei Fälle gemeldet. Bei den Infizierten handelte es sich um einen Reiserückkehrer aus dem Libanon sowie eine Kontaktperson.
Die seitdem gemeldeten Fälle – sieben insgesamt – stehen in keinem Zusammenhang mit den ersten beiden. Es ist daher möglich, dass die tatsächliche Zahl höher liegt. Inzwischen werden alle positiven Tests im Saarland auf mögliche Virus-Mutanten untersucht.
„Die hohen Zahlen zeigen uns: Wir haben die Pandemie noch lange nicht im Griff.“
Peter Gillo
Regionalverbandsdirektor