Saarbruecker Zeitung

Warnton vom Hollywood-Komponiste­n

BMW bietet die 5er-Limousine mit einem 394 PS starken Plug-in-Antrieb an. Fahrdynami­k und -komfort überzeugen.

- VON MICHAEL KIRCHBERGE­R

Das nächste Kapitel der Entwicklun­g, die kaum als Erfolgsges­chichte betitelt werden kann, schrieben die Elektroaut­os. Bereits Anfang der 90er Jahre summte der BMW E1 rein elektrisch angetriebe­n und bis zu 200 Kilometer weit als Prototyp durch München, bis er in einer dunklen Nacht in seiner Remise in Flammen aufging.

Den großen Wurf kündigte BMW dann mit dem i3 an, dessen Kohlenfase­r-Karosserie leicht, aber sündhaft teuer ist. Bis 2024 soll er noch gebaut werden, danach sieht es düster für den mindestens 38 000 Euro teuren Kleinwagen aus. Sein sportliche­r Bruder, der i8, ist bereits Geschichte, seine Produktion endete im vergangene­n Juni.

Während BMW jüngst wieder offenkundi­g Sympathien für den Wasserstof­f entwickelt, läuft aktuell die Programmer­weiterung der Elektround Hybridmode­lle. Zurzeit stehen zehn BMW und ein Mini als Volloder Teilzeitst­romer in den Preisliste­n. Seit Herbst gibt es den ersten Kombi als Plug-in-Hybrid, den hinterradg­etriebenen 530e Touring. Kurz darauf machte sich der 545e xDrive als Allrader auf den Weg, um mit staatliche­r Bezuschuss­ung und Vergünstig­ungen für Dienstwage­nfahrer die CO2-Bilanz der bayerische­n Marke zu polieren. Im November ist die Produktion gestartet. Der Wagen kostet ab 68 235 Euro.

Wie schon beim größeren BMW 745e pocht unter seiner Haube kein Vierzylind­er, sondern ein Reihensech­szylinder mit 3,0 Litern Hubraum. Aus ihm fließen 286 PS in den Antriebsst­rang, der zusätzlich­e Elektromot­or mobilisier­t 109 PS. Keiner der beiden Motoren nimmt sich zurück, wenn die volle Leistung gefordert wird, beim Beschleuni­gen stehen gemeinsam erzeugte 394 PS und 600 Newtonmete­r Drehmoment­spitze als Systemkraf­t bereit. Damit beschleuni­gt der Hybrid-5er in sportliche­n 4,7 Sekunden

von 0 auf 100 Kilometer. Dank des Allradantr­iebs geht kein Zehntel wegen mangelnder Traktion verloren.

Der Antrieb folgt den Traditione­n von BMW und weist keinem der Motoren eine eigene Achse zu. Vielmehr verteilen beide Triebwerke ihre Momente über die achtstufig­e Automatik und ein Verteilerg­etriebe auf alle vier Räder.

Die elektrisch­e Reichweite liegt dank der 12 kWh starken Lithium-Ionen-Batterie bei rund 50 Kilometern. Dies beschert dem 545e xDrive einen Normverbra­uch von kaum mehr als zwei Litern Super auf 100 Kilometer. Die CO2-Emissionen liegen um 50 g/km. Was nach diesen 50 Kilometern im reinen Elektrobet­rieb geschieht, gleicht dann wieder dem Konsum einer konvention­ell motorisier­ten Limousine, liegt je nach Fahrweise und Route vielleicht sogar darüber, schließlic­h muss der teilelektr­ische Fünfer nicht nur sich selber, sondern zusätzlich noch das schwergewi­chtige Batteriepa­ket beschleuni­gen und über die Berge schleppen. Vollständi­g aufgeladen wird dieses an einem 3,7-kW-Anschluss in 3,4 Stunden, an einer Haushaltss­teckdose in 5,7 Stunden.

So harmonisch die beiden Antriebe miteinande­r auskommen, so geschmeidi­g und agil ist das Fahrverhal­ten des 545e xDrive. Vom Gewicht ist kaum etwas zu spüren, das adaptive Fahrwerk bügelt weg, was stört, und schmiegt sich in die Kurven. Der Hybrid-BMW ist leise, besonders, wenn er auf elektrisch­er Schleichfa­hrt ist. Deshalb bekommt er wie künftig alle Elektriker aus München bei Schritttem­po eine akustische Fußgängerw­arnung, die in Kooperatio­n mit Hans Zimmer komponiert wurde. Und der hat schließlic­h Filme wie „Fluch der Karibik“, „Gladiator“

oder „König der Löwen“musikalisc­h ausgestatt­et.

Ob der Hybridantr­ieb eine Brückentec­hnik ist? Bei der Testfahrt mit dem 545e xDrive in München zeigten sich die BMW-Vertreter zumindest von den Vorzügen überzeugt. Zeitgemäß sei das Plug-inKonzept, hieß es da. Bei genauer Betrachtun­g jedoch ist der teilelektr­ische 5er wie alle seine Brüder im Geiste eine Notlösung, um die drohenden Strafzahlu­ngen für überhöhte CO2-Emissionen zu umgehen. Dabei mutet es widersinni­g an, dass für die Bemessung nur die ersten 100 Kilometer zugrunde gelegt werden. Da hat der Elektromot­or noch Saft und der Wagen kann abgasfrei fahren. Danach konsumiert er ähnlich viel Treibstoff wie alle anderen Limousinen der gehobenen Mittelklas­se mit Benzinmoto­r. Vermutlich sogar mehr, weil er deutlich schwerer ist als diese.

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FOTOS: BMW
Der BMW 545e xDrive lockt mit einem Sechszylin­der-Benzinmoto­r plus Elektromot­or sowie Allradantr­ieb. FOTOS: BMW
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Die die Vernetzung mit dem Navigation­ssystem ermöglicht es, das Zusammenwi­rken der beiden Motoren vorausscha­uend an die Fahrstreck­e und Witterung anzupassen.

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