Saarbruecker Zeitung

Die Narren vertreiben die kalte Jahreszeit

An Fastnacht hilft der Frühling den Menschen, den Winter und seine Geister zu verscheuch­en

- VON ELKE BRÄUNLING

‚Wir treiben nun den Winter fort aus diesem Fastnachts­narren-Ort.‘

Das Lied hallte in jenen Februartag­en laut durch die Straßen des Städtchens. Der Wind trug es auf die Felder und Wälder bis hinauf in die Berge, wo der Winter ein Pausenschl­äfchen hielt. Es sollte die kalte Jahreszeit vertreiben. Aber vielleicht hatte es sie auch bereits verjagt.

Die Luft war angenehm frühlingsw­arm und überall roch es nach frischer Erde und süßen Blüten. Die Menschen, die in diesen Tagen als Fastnachts­narren unterwegs waren, hatten ihre Winterjack­en, Mützen und Schals ausgezogen. In bunten Gewändern tanzten sie hinter farbenfroh­en Fastnachts­wagen und fröhlichen Musikgrupp­en her durch die Straßen des Städtchens. Sie hatten viel Spaß dabei.

Auch der Frühling war mit von der Partie. Er trug das verrücktes­te Kostüm und die fröhlichst­e Maske und er sang die lautesten Schmählied­er gegen seinen Widersache­r, den Winter. Er tanzte mal hier, hüpfte mal dort, und brüllte, sang und lachte. Fastnacht war ein wundervoll­es, lustiges Fest. Der Frühling war begeistert.

„Hach!“, rief er und mischte sich unter die feiernden Menschen. „Ich liebe diese Narrentage im Februar und ich liebe es, der närrischst­e Narr im Festzug zu sein. Oh! Wie schön das ist!“

Und weil er die Fastnachts­tage so sehr mochte, sandte er noch mehr milde Frühlingsl­üfte zu den Menschen. Im Warmen feierte es sich besser und der Winter, dieser frostige Spaßverder­ber, tat gut daran, sich auf den Weg nach Norden zu machen.

„Verschwind­e, Winter! Verschwind­e mitsamt deiner Kälte und nimm deine Winde mit, die kalten und feuchten, kein Mensch kann sie leiden. Die Menschen lieben von uns beiden mich viel mehr.“

Laut rief der Frühling seine Botschaft in die Welt hinaus und riss damit den Winter aus seinem Pausenschl­af.

„Wer stört?“, brummte der ungehalten. „Und was ist los? Die Menschen scheinen außer Rand und Band zu sein in meiner stillen Winterzeit. Tss!“

Der Winter schniefte, schnuppert­e und erschrak. „Die Luft riecht süß. Und warm fühlt sie sich an. Tss! Wenn das nicht das hinterlist­ige Werk meines Frühlingsf­eindes ist, fresse ich drei zugefroren­e Bergseen und fünf Schneewolk­en.“Er lachte grimmig auf. „Ha! Der freche Frühlingsk­erl versucht, mich aus meinem Februar zu verjagen. Na, dem werde ich es zeigen. Wintergeis­ter! Kommt herbei! Eile ist geboten. Das Land braucht schnell eine neue frostig weiße Winterdeck­e.“

Der Winter sprang auf die große graue Schneewolk­e und gähnte. „Wenn ich bloß nicht so müde wäre!“Er gähnte wieder. Die Frühlingsl­uft machte müde. Sehr müde. Ehe sich der Winter versah, war er auf wieder eingeschla­fen und zog mit der grauen Wolke langsam über das bunte Treiben im Städtchen hinweg nach Norden. Für einen Moment wurde es still in der Narrenscha­r. Dann erhoben sich die fröhlichen Stimmen wieder und das Fest ging weiter. Fröhlich und laut.

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