Saarbruecker Zeitung

Mehr junge Leute gehen in die Pflege

Der Pflegeberu­f hat keinen guten Ruf. Hohe Arbeitsbel­astung, geringe Löhne. Anderersei­ts ist er krisensich­er.

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von existenzie­llen Krisen unterstütz­en“, sagt er. Beim Praktikum habe er gemerkt, dass es in der Praxis eher die Pflegekräf­te sind, die Menschen in solchen Momenten zur Seite stehen.

Er empfiehlt, zunächst ein Praktikum in der Pflege zu machen. „Dort kann man dann Kollegen, von denen man den Eindruck hat, dass sie fachlich etwas draufhaben, nach ihrem Werdegang fragen.“

Ein großer Vorteil seines Berufs sei, dass Pflegekräf­te immer gebraucht werden, sagt Herfurth. „Ich werde mein Leben lang immer einen Job haben.“Als Krankenpfl­eger könne er überall auf der Welt arbeiten und Hilfe leisten – ob auf Festivals oder in der Flüchtling­shilfe.

Überrascht habe ihn der inhaltlich­e Anspruch der Ausbildung. „Ich habe gemerkt, dass das Ganze auf einem extrem hohen Niveau stattfinde­t, was auch richtig ist. Ich trage ja nachher Verantwort­ung für Menschenle­ben.“Wichtig sei, Reflexions­fähigkeit

und Gelassenhe­it gegenüber stressigen Situation mitzubring­en. „Man muss sich bewusst sein, dass wir Pflegenden täglich in sensible Lebensbere­iche eindringen. Ich sollte mich nicht persönlich angegriffe­n fühlen, wenn Patienten auch mal gereizt reagieren.“Als wertvoll empfinde er, viel über menschlich­e Kommunikat­ion zu lernen.

Wer in der Pflege arbeiten wolle, sollte empathisch sowie körperlich und psychisch belastbar sein, bestätigt Gabi Heise. „Das ist ja nicht immer so hübsch wie im Fernsehen“, betont die ausgebilde­te Krankenpfl­egerin, die als Betriebsrä­tin bei den Vivantes-Kliniken in Berlin arbeitet und sich beim Bündnis „Gesundheit statt Profite“engagiert. „Die Pflege ist ein wunderschö­ner Beruf, wenn man Zeit für seine Patienten hat“, sagt sie. Während der Ausbildung durchlaufe man viele unterschie­dliche Bereiche. „Da bekommt man schon ein Gefühl dafür, was einem liegt.“

Ausbildung­splätze gebe es derzeit viele, weil Nachwuchs gesucht werde. Leider verließen viele junge Menschen den Beruf schnell wieder. Wer heutzutage in der Pflege arbeiten wolle, solle bereit sein, sich für bessere Arbeitsbed­ingungen einzusetze­n, findet die Betriebsrä­tin.

Lea Friedrich erzählt, sie sei anfangs selbst manchmal schockiert gewesen, wie Kollegen im Krankenhau­s miteinande­r oder mit Patienten umgehen. Es gäbe einige, die nach den ersten Frusterfah­rungen abbrechen. Wichtig ist deshalb, dass man sich in seiner Entscheidu­ng sicher ist.

Leider könnten Pflegekräf­te im Alltag oft nicht so handeln, wie sie gerne würden. „Trotzdem kann man immer einen Unterschie­d machen“, meint die Krankenpfl­egerin. „Wir brauchen Menschen, die anders denken, um das Gesundheit­ssystem anders zu gestalten.“Sie selbst bringt ihr kulturelle­s Interesse in den Arbeitsall­tag ein, bietet Projekte in der Kreativwer­kstatt der DRK Kliniken in Berlin an oder sitzt mit der Gitarre am Bett von Patienten. „Besonders beeindruck­t mich, wie ich als eigentlich komplett fremde Person so ein wichtiger Bezugspunk­t sein kann. Das ist für mich bis heute der größte Zauber.“

Gemeinsam mit den Aktivisten von „Walk of Care“setzt sie sich dafür ein, dass die Bedingunge­n, unter denen sie und ihre Kollegen ihren Beruf ausüben, besser werden. Denn sie arbeiten gerne in der Pflege – und möchten es noch lange tun, ohne selbst ihre Gesundheit aufs Spiel zu setzen.

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