Saarbrücker wehrt sich gegen Identitätsdiebstahl im Netz
Unbekannte werben in sozialen Medien mit Motiven des Personaltrainers Daniel Rauland für Kontakte auf Sex-Seiten.
Der aus Saarbrücken stammende Daniel Rauland betreibt seinen Beruf mit Hilfe des Internets. Vor sieben Jahren hat sich der 33-Jährige als Personaltrainer selbstständig gemacht, inzwischen bietet er ein vierwöchiges Fitness-Programm vor allem über seine App und soziale Netzwerke wie Instagram und Facebook an. „Der Weiterempfehlungseffekt ist dort viel stärker, als wenn ich Werbung aufgeben würde“, meint er. Doch seit einiger Zeit spürt er am eigenen Leib auch die negativen Seiten. Unbekannte kopierten seine Fotos aus dem Netz, um damit eigene Profile anzulegen oder unter seinem Namen Nachrichten zu schreiben. Das wird als Identitätsdiebstahl bezeichnet. Üblicherweise nutzen Kriminelle diese Methode, um Daten zu sammeln, Bestellungen aufzugeben oder an Bankverbindungen zu gelangen. Oder, wie im Fall von Daniel Rauland, die eigene Identität zu verschleiern, um mit Anderen in Kontakt zu kommen.
Unter wechselnden Namen, aber immer mit Fotos des „echten“Daniel Rauland, zieht der Unbekannte vor allem auf Instagram die Aufmerksamkeit auf sich. Auf einem Account mit rund 30 gestohlenen Bildern. Mal vom Urlaub, mit Hunden und vom Training, vor allem aber mit Motiven, die die sportliche Figur des Personaltrainers zeigen – darunter auch Fotos mit nacktem Oberkörper. Vor zwei Jahren habe ihm eine Frau, die ihn persönlich kannte, zum ersten Mal ein Screenshot von einer Sex-Seite geschickt, auf der seine Bilder in Verbindung mit Nacktfotos standen. Spontan druckte er sich die Seite aus und fuhr zur Polizei. „Das hätte ich mir sparen können“, bilanziert er. Zwei Polizisten, junge Männer in seinem Alter, hätten geschmunzelt. Richtig ernst genommen fühlte sich Daniel Rauland nicht: „Dabei ist das doch kein Kavaliersdelikt.“Bis heute habe er keinerlei Reaktion auf seine Anzeige erhalten.
Das war nur der Anfang des Identitätsdiebstahls. Immer wieder tauchten auf Facebook, Instagram, Dating-Portalen und Sex-Seiten seine Fotos auf. Freunde und Kunden, die ihn persönlich kannten, wiesen ihn ständig darauf hin; bis heute bekommt er pro Woche einen neuen Hinweis. Rauland machte diese Erfahrungen schließlich auf seiner eigenen Facebook-Seite öffentlich und bat seine Fans darum, die fremden Accounts zu melden. Auch er selbst setzte sich mit Betreibern in Verbindung, schickte ihnen eine Kopie seines Personalausweises und ließ die Fake-Seiten sperren. Doch das brachte nur kurzzeitig Erfolg. Kaum ist der eine Account verschwunden, tauchen die Fotos auf einem anderen wieder auf. „Das ist definitiv rufschädigend und geschäftsschädigend“, meint der 33-Jährige.
Auch die Frauen, die darauf hereinfallen, täten ihm leid: „Sie haben diesem Mann vertraut, irgendwelche Bilder mit ihm geteilt, sich vielleicht Hoffnungen auf ein Date gemacht – und wissen gar nicht, dass hinter dem Ganzen irgendein Betrüger steckt, der wer weiß was für Absichten hat.“Er selbst empfinde für denjenigen vor allem Wut. „Ich kann das psychisch verkraften“, meint er. „Aber ich kann mir vorstellen, dass es Leute gibt, die ganz anders mit solch einem Identitätsdiebstahl umgehen.“Doch erneut zur Polizei gehen, wolle er bislang nicht. „Ich habe den Glauben verloren, dass das etwas bringt“, gibt er zu. Computer-Fachfrau Eva-Maria Weiß vom Portal heise.de kann das verstehen: „Die Chance, dass die Hintermänner gefunden werden, ist extrem gering“, weiß sie. Auf jeden Fall sollten Betroffene die falschen Profile jedoch den Betreibern melden: „Die löschen das in aller Regel relativ schnell.“Diese Erfahrung macht auch Michael Littger, Geschäftsführer des gemeinnützigen Bündnisses „Deutschland sicher im Netz“(Dsin) „Die Betreiber und Hosting-Anbieter sind sehr sensibel und viel besser geworden als vor zwei Jahren“, sagt er.
Der erste notwendige Schritt bei einem solchen Fall laute jedoch: Beweise sichern! „Wichtig ist, einen Screenshot anzulegen. Das wird meistens vergessen, weil der Betroffene sich so aufgeregt hat. Und später ist es dann weg“, weiß Littger. Doch wenn ein solcher Diebstahl im Netz nicht mehr abrufbar sei, könne er von der Polizei auch nicht mehr verfolgt werden.
Auch Anzeige zu erstatten, hält der Dsin-Chef für wichtig – und erfolgversprechender als noch vor ein paar Jahren: „Mittlerweile haben viele Landeskriminalämter schon Cybercrime-Stellen
eingerichtet. Schließlich handelt es sich um kein Kavaliersdelikt, und manchmal stecken sogar größere Strukturen dahinter.“Nicht zuletzt gelte hier der Paragraph 238 des Strafgesetzbuches. Er bestraft nicht nur die klassische Nachstellung eines Menschen mit einer Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit einer Geldstrafe, sondern sieht dies auch für Personen vor, die Datenmissbrauch betreiben und Dritte damit veranlassen, Kontakt mit ihnen aufzunehmen. Dafür, dass sich tatsächlich ein Ermittlungserfolg einstelle und die Polizei die IP-Adresse des Täters recherchiere, gäbe es natürlich keine Garantie, räumt Littger ein: „Aber wenn man es nicht versucht, wird man es nie erfahren können.“
Auch Rauland hat sich nun dazu entschieden, erneut aktiv gegen den oder die Unbekannten vorzugehen. Er hat die Betreiber der Portale wieder aufgefordert, die Profile zu löschen und einen Medienanwalt zur Unterstützung eingeschaltet. „Das, was ich am meisten herausfinden möchte, ist, wer eigentlich dahintersteckt und warum er das tut“, gibt er zu.
„Die Chance, dass die Hintermänner gefunden
werden, ist extrem gering.“
Eva-Maria Weiß
Computer-Spezialistin
beim Fachportal heise.de