Saarbruecker Zeitung

Politik fördert querdenken

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„Pflegeguta­chten nur per Telefon“, SZ vom 27. Januar

Vielen Dank für diesen Bericht. Auch ich betreue meine demenzkran­ke Ehefrau in häuslicher Pflege nun im achten Jahr. Das Problem liegt darin, dass die Politik uns bei der letzten großen Reform der Pflegevers­icherung versproche­n hatte, diese auch für Demenzkran­ke zu öffnen. Dieses Verspreche­n wird aber dann bei der Festlegung der Pflegegrad­e wieder einkassier­t. Eine demenzkran­ke Person, die wegen ihrer Demenz fast im Koma liegt, aber sonst keine körperlich­e Behinderun­g aufweist, hat nie die Möglichkei­t, in den Pflegegrad 5 zu kommen. In Modul 4,5 erreicht meine Frau von möglichen 20 Punkten nur 5. Hier werden nur Anforderun­gen beschriebe­n, die auf Demenzkran­ke nicht zutreffen, weshalb im Gutachten jeweils „entfällt“vermerkt ist (Versorgung intravenös­er Zugänge, Verbandswe­chsel, Wundversor­gung und mehr). So kann sie nie auf die geforderte­n 90 von 100 Punkten kommen. Menschen, die bis ans Limit mit solchen Problemen belastet sind und in der Politik keine Resonanz finden, sind in Gefahr, „querzudenk­en“. Das gilt auch für das Problem, dass man in der SZ lesen kann: Ich habe selbst wegen eines eigenen Krankenhau­saufenthal­ts im ganzen Saarland kein Angebot für eine Nachtpfleg­e gefunden, die Tagespfleg­e ist wegen Corona nur an zwei Tagen pro Woche möglich.

Hans Ludwig, Losheim am See

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