Saar-Koalition für verlängerten Lockdown
Die saarländische Wirtschaftsministerin Anke Rehlinger (SPD) hat trotzdem erste Schritte hin zu einer Öffnung des Einzelhandels gefordert.
(ter/ant/SZ) Vor der Bund-Länder-Konferenz zu den weiteren Corona-Maßnahmen am kommenden Mittwoch hat sich die große Koalition aus CDU und SPD im Saar-Landtag am Montag für eine Verlängerung des Lockdowns um zwei Wochen ab dem 15. Februar ausgesprochen. Auch der saarländische Ministerpräsident Tobias Hans (CDU) dämpfte die Erwartungen an rasche Lockerungen der Corona-Regeln. „Es ist noch zu früh, um den Lockdown zu beenden“, sagte Hans der Rheinischen Post. „Wir müssen dringend noch weiter runter mit den Neuinfektionen, um auch gegen die gefährlichen Virus-Mutanten gewappnet zu sein“, sagte er.
Zugleich forderte die saarländische Wirtschaftsministerin Anke Rehlinger (SPD) aber, dass die Bund-Länder-Konferenz unter anderem „eine Planungs- und Öffnungsperspektive“für den Einzelhandel geben müsse. Auch Hans sprach von einem Perspektivplan, was bei welchem Infektionsgeschehen wieder möglich sei. Ein erster Schritt könne laut Rehlinger der Vorschlag einiger Vertreter des Handels sein, Läden zumindest für jeweils einen Kunden wieder zu öffnen. Das mache keinen großen Unterschied zur derzeit erlaubten Möglichkeit, online Bestellungen aufzugeben und die Waren vor Ort abzuholen, biete dem Einzelhandel aber zumindest wieder eine Perspektive. Die brauche es ebenso dringend wie für Kitas und Schulen, sagte die Vize-Regierungschefin des Saarlandes.
Fabian Schulz, Hauptgeschäftsführer des Handelsverbands Saarland, fordert schon seit Langem eine Öffnungsperspektive. Eine Ein-Kunde-pro-Laden-Regel unabhängig von der Größe des Geschäfts hält er aber für wenig sinnvoll. „Wünschenswerter wäre eine Quadratmeter-Regelung, wie es sie schon einmal gab.“
„Bund und Länder müssen dem Einzelhandel eine Planungs- und Öffnungsperspektive geben.“
Anke Rehlinger (SPD)
Wirtschaftsministerin des Saarlandes
Bevor am Mittwoch die Länderchefs mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) erneut über die Corona-Situation beraten, sprach sich am Montag die große Koalition aus CDU und SPD im saarländischen Landtag für eine Verlängerung des Lockdowns um weitere zwei Wochen ab dem 15. Februar aus. „Bei den derzeitigen Infektionszahlen kann niemand ernsthaft fordern, dass wir jetzt in Lockerungen einsteigen“, sagte SPD-Fraktionschef Ulrich Commerçon. Vor allem die Mutanten bereiteten ihm Sorgen. Geht es nach der CDU-Fraktion, sollte der Lockdown um weitere zwei Wochen verlängert werden, sagte Fraktionschef Alexander Funk. Er wünsche sich ein bundesweit einheitliches Vorgehen. Das würde auch die Akzeptanz in der Bevölkerung erhöhen.
Mehr Verständnis gebe es zudem, wenn „endlich“Perspektiven eröffnet würden, wie es nach dem Lockdown weitergehen könnte. „Ich wünsche mir Szenarien“, die deutlich machten, was etwa ab einem Inzidenzwert von unter 50 wieder möglich ist, forderte Commerçon. Diese Perspektiven brauchten Schulen, der Einzelhandel, die Gastronomie und Kulturschaffende, sagte Funk. Für ihn seien zum Beispiel mobile Test-Stationen vor Geschäften denkbar – mit der Möglichkeit, Schnelltests zu machen. Auch der Vorschlag, zumindest einen Kunden pro Geschäft zuzulassen, sei ein Weg. Eine solche Regelung hat am Montag Saar-Wirtschaftsministerin Anke Rehlinger (SPD) nach Gesprächen mit Vertretern des Handels zur Diskussion gestellt.
Das alles setze aber voraus, dass das Infektionsgeschehen insgesamt genauer untersucht werde, sagte SPD-Fraktionschef Commerçon. So machten etwa ein Viertel der Infektionsfälle im Saarland Fälle aus Pflegeeinrichtungen aus. „Darum muss sich das Gesundheitsministerium jetzt ernsthaft kümmern“, forderte Commerçon von Saar-Gesundheitsministerin Monika Bachmann (CDU).
Auch für die Linksfraktion im Landtag stelle sich weniger die Frage ob, sondern vielmehr wie gelockert werde. Bund und Länderchefs müssten am Mittwoch „endlich Tacheles reden“, sagte Jochen Flackus, parlamentarischer Geschäftsführer der Fraktion. Die Bevölkerung erwarte zu Recht einen Plan über sukzessive Lockerungen, wo diese möglich sind. Ein solcher Plan könnte leichter auf den Weg gebracht werden, wenn die Infektionswege und -schwerpunkte schneller und besser ausfindig gemacht würden. Dafür müssten die Gesundheitsämter digital stärker aufgestellt und vernetzt werden – mit einer im besten Falle bundesweit einheitlichen Software.
AfD-Fraktionschef Josef Dörr warnte hingegen erneut vor einer bundesweit einheitlichen Regelung was weitere Corona-Maßnahmen betrifft. „Auch wenn das bedeuten könnte, dass die Maßnahmen im Saarland härter sind als anderswo.“Dörr hält es sogar für erforderlich, dass Entscheidungen auf Kreis-, wenn nicht gar kommunaler Ebene getroffen werden.
Am Montagabend meldete das Saar-Gesundheitsministerium einen landesweiten Inzidenzwert von 113,4.
So viele Neuinfektionen pro 100 000 Einwohner gab es in den vergangenen sieben Tagen. Zum Vergleich: Das Robert-Koch-Institut (RKI) meldete am Montag für Thüringen einen Inzidenzwert von 138, für Sachsen-Anhalt einen Wert von 113,6. Damit hat das Saarland bundesweit den dritthöchsten Wert. Für das gesamte Bundesgebiet registrierte das RKI am Montag einen Inzidenzwert von 76.
„Bei den Infektionszahlen kann niemand ernsthaft fordern, dass wir jetzt in Lockerungen
einsteigen.“
Ulrich Commerçon
SPD-Fraktionschef