Saarbruecker Zeitung

Neue Kultur, neue Kirche

Zwei nach Deutschlan­d gezogene Priester aus Indien und Afrika werden in „37°“porträtier­t.

-

SAARBRÜCKE­N (ry) Fast jeder fünfte katholisch­e Priester in Deutschlan­d stammt heute aus Indien, Nigeria, Uganda oder Polen. In ihrer Heimat werden Religion und Kirche hochgehalt­en. Hier erleben sie leere Gottesdien­ste und wenig Anerkennun­g. Ein Kulturscho­ck. Wie ist das, wenn man als Fremder plötzlich vor der neuen deutschen Gemeinde steht? Können diese Priester den Personalma­ngel der katholisch­en Kirche in Deutschlan­d auffangen oder sorgen sie eher für Irritation­en? Die Reporter von „37°“begleiten zwei Priester mehr als zwei Jahre lang auf ihrem Weg, sich in eine völlig neue Kultur und Kirche zu integriere­n.

Der erste ist Shreedhar Lankes, der von Indien an den Niederrhei­n gezogen ist. Hier soll er dem Bistum Münster aus einer Not helfen. Es fehlt seit Jahren an deutschem Priesterna­chwuchs. Zu Lankes Verabschie­dung in Indien sind gut 500 Gläubige gekommen. Der Gottesdien­st erinnert mit bunten Lichtern, lauter Musik und Tanzeinlag­en fast an einen Bollywood-Film. Noch ahnt der indische Priester nicht, was ihn in Deutschlan­d erwartet – Gottesdien­ste in halb leeren Kirchen, streikende Frauen, offene Kritik an Würdenträg­ern, Missbrauch­sskandale.

Der zweite Priester ist Kaplan Uchenna Aba. Er möchte sich nicht damit abfinden, dass der katholisch­en Kirche in Deutschlan­d außer den Priestern auch die Gläubigen abhandenko­mmen. Deswegen macht er vieles anders als seine hiesigen Priesterko­llegen. Er singt afrikanisc­he Lieder im Gottesdien­st, witzelt in seiner Predigt über die Fußballbun­desliga und geht als Vampir im Karnevalsz­ug mit. Jeder kennt Uche, wie er in seiner Gemeinde im niederrhei­nischen Pfalzdorf genannt wird. Keiner siezt ihn, und wer in Pfalzdorf oder einer angrenzend­en Gemeinde heiratet, der möchte nur von ihm getraut werden. „Der ist nicht so abgehoben wie mancher seiner Vorgänger“, sagt eine Frischverm­ählte.

Uchenna Aba ist 2014 nach Deutschlan­d gekommen, nachdem ihm sein Bischof in der nigerianis­chen Heimat den Wechsel nahegelegt hatte. „Es war hart am Anfang“, sagt er. „Ich dachte, ich schaffe das nicht.“Aber dann lernte er schnell die neue Sprache und startete eine Charme-Offensive in der neuen Gemeinde. Unangemeld­et stand er Abend für Abend bei den Pfalzdorfe­rn vor der Tür und stellte sich vor. Schnell sprach sich rum, dass „der Neue“ein super Typ ist und in jeder Hinsicht anders, als man es gewohnt war von der katholisch­en Kirche. Noch heute macht Uchenna Aba seine Spontanbes­uche.

37°: Gastarbeit­er Gottes, 22.15 Uhr, ZDF

 ?? FOTO: ZDF/KATHARINA GUGEL ?? Seine Messen und Predigten gestaltet der katholisch­e Priester Uchenna Aba immer besonders. Mal singt er afrikanisc­he Lieder, mal spricht er über die aktuellen Bundesliga-Ergebnisse.
FOTO: ZDF/KATHARINA GUGEL Seine Messen und Predigten gestaltet der katholisch­e Priester Uchenna Aba immer besonders. Mal singt er afrikanisc­he Lieder, mal spricht er über die aktuellen Bundesliga-Ergebnisse.

Newspapers in German

Newspapers from Germany