„Corona-Pandemie ist keine Naturkatastrophe, Herr Hans“
(dik) Die drei Saarland-Gruppen von Fridays for Future, Parents for Future und Scientists for Future haben Kritik an Inhalten des Info-Briefs von Ministerpräsident Tobias Hans (CDU) an alle Saar-Haushalte geübt. Die drei Gruppen zeigen sich in einem offenen Antwortbrief verwundert darüber, dass Hans die Corona-Pandemie als „Naturkatastrophe“bezeichne. Allem Anschein nach sei die Pandemie aber eine Umweltkatastrophe, betonen die drei Future-Gruppen.
Sie erklären dazu, dass der Welt-Biodiversitätsrat Ipbes im Oktober 2020 den Zusammenhang zwischen Pandemien und der anhaltenden Zerstörung von Ökosystemen beschrieben habe. Verantwortlich für die „rapide steigende“Wahrscheinlichkeit häufigerer globaler Epidemien sei demnach die dadurch entstehende größere Nähe zwischen Menschen und Wildtieren.
Derzeit erforscht ein UN-Team in Wuhan, wie es dort zum Ausbruch der Krise kommen konnte. Es handele sich also nicht wie bei einer Naturkatastrophe um ein reines Naturphänomen, auf das der Mensch keinen Einfluss habe, schreiben die drei Saar-Future-Gruppen Hans in sein Stammbuch.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) habe diese Zusammenhänge beim Petersberger Klimadialog im April 2020 aufgegriffen und die Bedeutung von Artenschutz und Naturschutz zur Prävention von Infektionskrankheiten betont. Zudem erhöhe nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation WHO die menschengemachte Klimakatastrophe das Risiko neuer Pandemien. Das Risiko sei von Menschen gemacht, weil diese die Ausbreitung von Viren und deren Überspringen von Tieren auf den Menschen provozierten: durch das Eindringen in Lebensräume von Tieren, in denen der Mensch nichts zu suchen habe. Sowie durch die Einengung und Zerstörung von deren Lebensraum; durch Massenhaltung von sogenannten Nutztieren auf engem Raum bis hin zum Extrem der Lebendtiermärkte. Und wenn die Pandemie auftrete, werde die weitere Ausbreitung durch prekäre Tierhaltung und Arbeitsbedingungen in der Fleisch-Massenproduktion begünstigt, wie in Deutschland geschehen, so die drei Future-Gruppen mit Bezug auf die Skandale um den Fleischgroßvermarkter Clemens Tönnies in Rheda-Wiedenbrück.
Die aktuelle Covid-19-Pandemie sei schon die dritte durch Coronaviren ausgelöste Epidemie nach Sars und Mers. „Die nächsten Pandemien stehen uns laut der Wissenschaft schon bevor. Die Asiatische Tigermücke, ein potenzieller Überträger mehrerer Viruserkrankungen, ist in den Raum Freiburg eingewandert“, sagte Fridays-for-Future-Sprecher Jonas Heintz. 2019 ereignete sich demnach der erste Fall von West-NilFieber in Deutschland, das von einer Stechmücke in Deutschland übertragen wurde. Ein Jahr später habe es bereits rund zehn Fälle in Leipzig und Berlin gegeben. „Das eingewanderte Virus kann nur bei den inzwischen durch die Erderhitzung höheren Temperaturen in Deutschland überwintern. Eine Impfung gibt es nicht“, sagte Heintz. Gesetze müssten eine sozial-ökologisch nachhaltige Lebensweise ermöglichen sowie die Zerstörung unserer Umwelt beenden, fordern die Gruppen von Hans.
Nur so könnten noch gefährlichere gesundheitliche Katastrophen und viele Todesfälle verhindert werden, denen keine Gesellschaft und kein Gesundheitswesen mehr gewachsen sein würden. Wir appellieren an Sie, die Handlungsspielräume, die wir jetzt noch haben, umfassend zu nutzen, um die Auswirkungen von absehbaren Umweltkatastrophen möglichst gering zu halten. Die Sicherheit und das Wohlergehen der Menschen, der gesellschaftliche Zusammenhalt, die Demokratie, die Freiheit und der Frieden stehen auf dem Spiel.“, warnen die drei Future-Gruppen die CDU/ SPD-Landesregierung eindringlich. Und hoffen auf einen Dialog mit dem Kabinett Hans.