Saarbruecker Zeitung

Fritz Zolnhofers Fisch schwimmt weiter hier

Wer möchte, kann das denkmalges­chützte Meisterwer­k im Bürgerzent­rum Mühlenvier­tel betrachten. Anmeldung genügt.

- VON NICOLE BARONSKY-OTTMANN

Dieser Tage wäre einer der einflussre­ichsten Künstler des Saarlandes, Fritz Zolnhofer, 125 Jahre alt geworden. Sein bekanntest­es und größtes Kunstwerk, das er im öffentlich­en Raum in Saarbrücke­n hinterlass­en hat, ist sicherlich das großartige Mosaik, das er für das ehemalige Stadtbad St. Johann entwarf.

Das Schwimmbad existiert schon lange nicht mehr. Heute befindet sich dort das Bürgerzent­rum Mühlenvier­tel, das in den komplett entkernten Schwimmhal­len gebaut wurde. Nur wenig erinnert heute noch daran, dass dort seit Anfang des 20. Jahrhunder­ts die Saarbrücke­r schwimmen lernten.

Das übergroße Mosaik, das einst die Kopfwand der kleinen Schwimmhal­le schmückte, hat sich aber vollständi­g erhalten, „es musste nach den ganzen Baumaßnahm­en nicht einmal renoviert werden“, erklärt Hans Joachim Müller, Präsident der Landesarbe­itsgemeins­chaft Pro Ehrenamt e.V., nicht ohne Stolz.

Der Ursprungsb­au des Stadtbades St. Johann entstand 1905 bis 1906 als Kaiser-Friedrich-Bad nach Entwürfen der Saarbrücke­r Architekte­n Heinker & Witzschel. Der Bau war damals schon ein Backsteinb­au mit Betonskele­tt. Nachdem das Stadtbad im Zweiten Weltkrieg weitgehend zerstört wurde, baute der Architekt Jacques Quirin es in den Jahren zwischen 1950 und 1954 wieder auf, übernahm Grundriss und Aufteilung der Vierflügel­anlage mit Innenhof.

Die große, flach gedeckte Schwimmhal­le erhielt eine Glaswand

zum Innenhof, die umlaufende­n Emporen wurden von sechs Säulen getragen, die Fritz Zolnhofer mit Mosaiken gestaltete, die im unteren Bereich Tiere und Pflanzen der Unterwasse­rwelt zeigen.

In der kleinen Schwimmhal­le erschuf er sein wandfüllen­des Mosaik mit der Darstellun­g eines übergroßen Fischs umgeben von Wellenform­en, kleineren Fischen und Wasserpfla­nzen. Die Farben des Mosaiks orientiert­en sich an den bunten, aber gedämpften und zurückhalt­enden Farben der 1950er Jahre.

Die einzelnen Mosaikteil­e bestehen aus unglasiert­en Keramikste­inen, was die Farbgebung bis heute prägt und das Mosaik so außergewöh­nlich macht. Das 144 Quadratmet­er große Kunstwerk entstand in Zusammenar­beit mit Villeroy & Boch.

Bis 2001 haben Tausende von Saarbrücke­r Kindern in Schwimmkur­sen von Vereinen oder mit ihren Schulklass­en vor diesem Mosaik schwimmen gelernt. Mit der Eröffnung des Calypso-Bades im Deutschmüh­lental wurde der Badebetrie­b im Stadtbad eingestell­t, es wurde geschlosse­n.

Zolnhofers Mosaiken und das Kesselhaus wurden 2004 unter Denkmalsch­utz gestellt. So war sichergest­ellt, dass sie bei einem Umbau und einer weiteren Nutzung erhalten werden mussten. Erst im Juni 2009 hat der Stadtrat entschiede­n, den Gebäudekom­plex an einen Investor zu verkaufen, der es zu einem Mehrgenera­tionen-Wohnprojek­t, verbunden mit Maßnahmen zur Förderung des sozialen Lebens in St. Johann, umbaute.

So wurden die sechs Säulen mit den Zolnhofer-Mosaiken in Privatwohn­ungen integriert, sie sind in ihrer ursprüngli­chen Form und im Aussehen erhalten geblieben. Im Jahr 2013 erwarb der Verein Landesarbe­itsgemeins­chaft Pro Ehrenamt e.V. Räumlichke­iten in dem neuen Wohnkomple­x.

Seither finden sich die Büros und Seminarräu­me des Vereins genau dort, wo früher das Becken der kleinen Schwimmhal­le war. Die Einbauten der Büros, sowie die darüber liegenden Privatwohn­ungen über zwei Etagen, enden mit einem Abstand von rund sieben Metern vor dem großen Mosaik.

Dort, wo einst Nichtschwi­mmer zu Schwimmern wurden, ist heute ein offener, drei Etagen hoher Gemeinscha­ftsraum, der von den Bewohnern des Bürgerzent­rums Mühlenvier­tel genutzt werden kann. Der Raum ist hell und freundlich. Und Zolnhofers großes Fischmosai­k, das früher den Charme des Stadtbads ausmachte, ist in seiner gesamten Pracht erhalten und zu bewundern.

„In den Räumen bieten wir für die Bewohner Yogakurse an, einen Französisc­h Konversati­onskurs oder auch einen Schachkurs“, erklärt Hans Joachim Müller, der Präsident der Landesarbe­itsgemeins­chaft Pro Ehrenamt e.V. Und dann fügt er hinzu, dass die Räume aber auch für interessie­rte Besucher zugänglich sind. „Man braucht sich nur bei uns anzumelden, dann kann man das Mosaik betrachten“.

Kontakt: Leben im Mühlenvier­tel e.V., LAG Pro Ehrenamt e.V., Richard-Wagner-Straße 6, Saarbrücke­n, (06 81) 9 38 59-740.

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FOTO: IRIS MAURER Wo früher Tausende von Saarbrücke­r Kindern schwimmen lernten, ist heute der Gemeinscha­ftsraum des Bürgerzent­rums Mühlenvier­tel. Das Zolnhofer-Mosaik ist Teil der Räume von Pro Ehrenamt.

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