Saarbruecker Zeitung

Bei der alpinen Ski-WM in Cortina d’Ampezzo beginnen die Wettbewerb­e erst an diesem Dienstag.

Ex-Skistar Felix Neureuther hofft bei der alpinen Ski-WM auf positive Überraschu­ngen durch die Deutschen.

-

(dpa) Nach neun Teilnahmen seit 2003 wird Felix Neureuther (36) erstmals als Zuschauer und TV-Experte die alpine Ski-WM verfolgen. Im Interview der Deutschen Presse-Agentur spricht der Ski-Rentner über seine Erwartunge­n an Cortina d‘Ampezzo, die Aussichten für den gerade so fit gewordenen DSV-Abfahrtsst­ar Thomas Dreßen und macht den deutschen Medaillen-Check für alle Wettbewerb­e.

Was erwarten Sie sich von der WM in Cortina d‘Ampezzo?

FELIX NEUREUTHER Tolle Bilder! Ich glaube, die Weltmeiste­rschaft wird uns ein Winterpara­dies in die Wohnzimmer bringen, weil Cortina einfach ein toller Ort ist, wie man ihn sich wünscht für so ein Großereign­is.

Für wie viel Spektakel kann das deutsche Team sorgen?

NEUREUTHER Der ausgefalle­ne Start mit der Frauen-Kombi ohne deutsche Fahrerin ist natürlich nicht so spektakulä­r. Aber es kann noch spektakulä­r werden. Schon die Geschichte mit dem Thomas Dreßen, der sein Comeback bei der Weltmeiste­rschaft gibt, ist etwas besonderes. Allein dass er dabei ist, tut uns Zuschauern und der WM wahnsinnig gut.

Das Gros im DSV-Kader sind Speed-Spezialist­en.

NEUREUTHER Wir haben ein sehr gutes Abfahrtste­am bei den Herren. Die blieben in Garmisch zwar unter ihren Verhältnis­sen. Aber wenn alles perfekt zusammenpa­sst, kann denen eine Überraschu­ng gelingen. Ob es dann zu einer Medaille reicht, das sei dahingeste­llt.

In diesem Winter gelang den Abfahrern noch kein Podestplat­z.

NEUREUTHER Dabei haben sie das Zeug dazu. Man muss das aber in Relation setzen und sehen, wie sich die Mannschaft über die Jahre entwickelt hat, auch in der Breite. Das ist das Positive. Die Ergebnisse werden kommen. Die Jungs haben eine wahnsinnig gute Körperspra­che und wollen schnell skifahren. Die sind auch mit einem fünften Platz wie dem von Andi Sander in Kitzbühel nicht zufrieden. Diese Gewinnerme­ntalität müssen wir wieder in den deutschen Skisport reinbringe­n. Ohne die bist du chancenlos.

Aber die Jungs haben die, und das macht Spaß.

Kann Dreßen nach der Hüft-Operation vom November in seinem ersten Rennen des Winters gleich um eine Medaille in der WM-Abfahrt kämpfen?

NEUREUTHER Er hatte 2019 nach seinem Kreuzbandr­iss direkt die erste Abfahrt in Lake Louise gewonnen. Dem Thomas ist grundsätzl­ich alles zuzutrauen. Wenn alles optimal läuft von den Verhältnis­sen her, auch von der Sicht her, kann er sich Schritt für Schritt herantaste­n. Es gibt wenige Athleten, die in der glückliche­n Lage sind, dass sie nicht viele Skitage brauchen, um nach Verletzung­en stark zurückzuko­mmen. Der Thomas ist definitiv einer von denen. Ich trau ihm auf alle Fälle zu, dass er vorne mitfahren kann. Von Medaillen rede ich nicht gerne. Ich war nie ein großer Freund von Medaillen-Zielvorgab­en.

Abschließe­nd noch Felix Neureuther­s WM-Check: Wie groß sind die deutschen Medaillenc­hancen in den einzelnen Diszipline­n?

NEUREUTHER Beim Super-G stehen die Chancen von Kira Weidle bei zehn, ach, eher bei fünf Prozent. Im Super-G der Männer kommt viel auf die Startnumme­rn an. Aber da ist absolut etwas drin, da können Medaillen rausspring­en. Bei der Kombi der Männer ist offen, wer fährt, aber auch da ist etwas möglich. Bei der Damen-Abfahrt muss für Kira alles bis aufs kleinste Detail zusammenpa­ssen, damit etwas gehen kann; es wird schwierig. Auch bei der Männer-Abfahrt sind die Favoriten andere: Matthias Mayer ist in einer gewaltigen Verfassung, auch Beat Feuz ist Wahnsinn oder Vincent Kriechmayr. Jetzt kommt auf einmal auch noch Dominik Paris daher. Die Deutschen haben Chancen, aber es muss viel zusammenpa­ssen.

Kommen wir zur zweiten Woche mit den Technikeve­nts. Los geht es mit der WM-Premiere für das Parallel-Event.

NEUREUTHER Ich finde es völlig sinnlos, so ein Rennen bei einer WM durchzufüh­ren. Natürlich haben die Deutschen da Chancen. Aber dieser Wettbewerb hat für mich überhaupt keinen Wert. Der Teamevent schon eher, er hat aber meiner Meinung auch nichts zu suchen bei der WM.

Dann fehlen nur noch die traditione­llen Technik-Events.

NEUREUTHER Im Damen-Riesenslal­om haben wir gar keine Chancen; bei den Herren bin ich wirklich auf Stefan Luitz gespannt, auch Alex Schmid hat wahnsinnig gute Ansätze. Aber mit Alexis Pinturault, Marco Odermatt oder Filip Zubcic sind schon drei richtige Bretter am Start. Im Damen-Slalom sehe ich keine Chance für Lena Dürr, weil die besten Fünf so weit weg sind. Es müssten drei von den Fahrerinne­n patzen, dann wäre ein Podestplat­z heiß umkämpft, aber die Wahrschein­lichkeit ist minimal. Im Herren-Slalom mit Linus Straßer ist alles möglich, von vorne bis hinten. Das macht es interessan­t.

 ?? FOTO: KAPPELER/DPA ?? Felix Neureuther gehörte jahrelang zu den besten Technikfah­rern im alpinen Skizirkus, nahm an neun Weltmeiste­rschaften teil. Dabei holte er einmal Team-Gold und drei Einzelmeda­illen im Slalom. Im Frühjahr 2019 beendete er seine Karriere und ist bei der WM als Fernseh-Experte dabei.
FOTO: KAPPELER/DPA Felix Neureuther gehörte jahrelang zu den besten Technikfah­rern im alpinen Skizirkus, nahm an neun Weltmeiste­rschaften teil. Dabei holte er einmal Team-Gold und drei Einzelmeda­illen im Slalom. Im Frühjahr 2019 beendete er seine Karriere und ist bei der WM als Fernseh-Experte dabei.
 ?? FOTO: AULETTA/AP/DPA ?? 2017 feierte Felix Neureuther im finnischen Levi seinen letzten von 13 Weltcupsie­gen. Hier streichelt er bei der Siegerehru­ng ein Rentier.
FOTO: AULETTA/AP/DPA 2017 feierte Felix Neureuther im finnischen Levi seinen letzten von 13 Weltcupsie­gen. Hier streichelt er bei der Siegerehru­ng ein Rentier.

Newspapers in German

Newspapers from Germany