Gündogan beerdigt Klopps Titelträume
Der deutsche Trainer des FC Liverpool muss die Titelverteidigung nach der krachenden 1:4-Niederlage gegen Manchester City wohl abschreiben.
(sid) In seinem riesigen Frust über die wohl entscheidende Niederlage im Titelkampf der englischen Premier League übersah Fußballtrainer Jürgen Klopp sogar seinen einstigen Lieblingsschüler Ilkay Gündogan. Ohne den Matchwinner von Manchester City eines Blickes zu würdigen, stapfte der Teammanager nach dem deprimierenden 1:4 (0:0) seines FC Liverpool am zweifachen Torschützen vorbei vom Platz.
„Das war nicht das letzte Saisonspiel“, sagte Klopp später tapfer, doch mit einem Hauch von Resignation fügte er an: „Aber es ist kein Wunschkonzert, wir müssen den Tatsachen ins Auge sehen.“27 Punkte weniger als zum selben Zeitpunkt in der Meistersaison, zehn Punkte Rückstand auf dieses überragende City – das dürfte zu viel sein.
„Der Titel gehört noch nicht uns“, betonte Gündogan, doch die Presse sieht dies nach dem ersten City-Sieg an der Anfield Road seit 2003 anders. „Nach allem menschlichen Ermessen: Es ist vorbei“, kommentierte die BBC. Der Independent sah Klopps Träume „in Fetzen“liegen. Der „Star des Abends“(Mirror) widersprach. „Es war ein großer Sieg“, sagte Gündogan, aber die Saison sei noch lang: „Wir versuchen, Hürde für Hürde zu nehmen und demütig zu bleiben.“
Gündogan hatte nach seinem verschossenen Foulelfmeter (37.) per Doppelpack (49./73.) die Weichen auf Sieg gestellt. „Ich musste nicht viel mehr machen als einzuschieben“, sagte er gewohnt bescheiden, „diesen Torriecher habe ich momentan.“In der Tat: Mehr Ligatore als Gündogan (neun) hat keiner in Citys Star-Truppe. Woher der starke Lauf kommt? „Wenn ich ganz ehrlich bin: Ich weiß es nicht“, sagte der deutsche Nationalspieler schmunzelnd. Teamkollege Phil Foden hat da eine Ahnung: „Er ist ein brillanter Fußballer, so intelligent. Er sieht das Spiel mit anderen Augen. Er ist in der Form seines Lebens.“
Die ebenfalls herausragenden Raheem Sterling (76.) und Foden (83.) besorgten den Endstand, City gelangen damit erstmals seit 1937 vier Tore in einem Pflichtspiel in Anfield. Es war der zehnte Ligasieg in Serie, wettbewerbsübergreifend sogar der 14. – das haben auf der Insel vorher nur Preston 1892 und Arsenal 1987 geschafft.
Der erste „Verfolger“Manchester United hat fünf Punkte Rückstand auf den Lokalrivalen, aber wie Liverpool ein Spiel mehr bestritten. War‘s das schon in Sachen Titel? „Ich kann nicht in die Zukunft schauen“, sagte Teammanager Pep Guardiola, dessen taktische Umstellung nach der Pause gute Reds aus dem Konzept gebracht hatte, „aber fünf Punkte im Februar – das ist nichts!“
Liverpool verlor erstmals seit 1963 (!) dreimal hintereinander zu Hause, Klopp haderte danach mit den Fehlern von Torwart Alisson vor Gündogans Toren. Seine etwas unorthodoxe Erklärung, der Brasilianer habe womöglich „kalte Füße“gehabt, brachte Roy Keane auf die Palme. „Sie suchen immer nach Ausreden“, schimpfte der Sky-Experte laut, „sie sind ein unwürdiger Meister. Wenn sie so weitermachen, dann dauert es bis zum nächsten Titel wieder 30 Jahre.“