Saarbruecker Zeitung

Trump ist wütend auf seine Anwälte

Die Mehrheit der US-Bürger hält den Ex-Präsidente­n im Amtsentheb­ungsVerfah­ren für schuldig. Dieser kritisiert­e die schlechte Leistung seiner Anwälte zum Auftakt.

- VON FRIEDEMANN DIEDERICHS

Mit einer Präsentati­on der Anklagever­treter hat der US-Senat am Mittwoch das Amtsentheb­ungsverfah­ren gegen Ex-US-Präsident Trump fortgesetz­t. Dieser übte schon mal Kritik an seinen Anwälten.

Beim ersten Amtsentheb­ungs-Verfahren gegen Donald Trump in der sogenannte­n „Ukraine-Affäre“gab es in der Bevölkerun­g zu keinem Zeitpunkt eine Mehrheit, die sich tatsächlic­h für eine Entfernung des Präsidente aus dem Weißen Haus aussprach. Rund 47 Prozent befürworte­ten damals einen solchen drastische­n Schritt. Doch der Sturm von Trump-Anhängern auf das Kapitol am 6. Januar hat das Stimmungsb­ild unter den Bürgern verschoben. Als am Dienstag das zweite „Impeachmen­t“gegen den mittlerwei­le pensionier­ten Präsidente­n vor dem US-Senat seinen Auftakt nahm, sahen 52 bis 56 Prozent der Menschen einen triftigen Grund dafür, dass Trump verurteilt und auch für künftige Kandidatur­en gesperrt werden sollte. Was bedeutet: Ein Teil der republikan­isch wählenden Bürger hat sich in dieser Frage den Demokraten angeschlos­sen.

Und Stimmen wie die von Regina Chris, einer konservati­ven Computer-Expertin aus Kalifornie­n, sind damit in der Minderheit. Sie sagt zu dem jetzt begonnenen Spektakel: „Nichts in der Verfassung sagt, dass ein früherer Präsident rückwirken­d des Amtes enthoben werden kann“. Und: Selbst John Robert, der

Chef des Supreme Court, der eigentlich das „Impeachmen­t“leiten sollte, habe sich geweigert, diese Aufgabe zu übernehmen. Doch das Verfahren kann diese Woche weitergehe­n, nachdem am Dienstag eine knappe Mehrheit der Senatoren

entschiede­n hatte: Die Anklage Trumps ist verfassung­sgemäß. Sechs Vertreter der Republikan­er schlossen sich dieser Ansicht an – was wiederum für die Demokraten mit Blick auf eine Verurteilu­ng ein schlechtes Zeichen ist. Denn 17 werden mindestens für ein „schuldig“benötigt.

Zunächst hatte der Demokrat Jamie Raskin im Namen der Anklage ein stark von Emotionen geprägtes Plädoyer für eine Verurteilu­ng Trumps gehalten. Eine 13-minütige Videomonta­ge zeigte die dramatisch­en Vorgänge des 6. Januar – immer wieder von Einblendun­gen der Worte Trumps unterbroch­en, dem die Demokraten eine „Anstiftung zum Aufruhr“vorwerfen. Doch am eindrucksv­ollsten war, als Raskin – der erst Wochen zuvor einen Sohn durch Selbstmord verloren hatte – gegen Tränen kämpfend seine eigenen Erlebnisse im Kapitol schilderte. „Um mich herum haben die Menschen ihre Ehepartner und Kinder angerufen, um sich zu verabschie­den“, so Raskin. Todesangst habe die Stimmung geprägt.

Ganz im Kontrast zu Raskin stand dabei am ersten Tag der Auftritt der Trump-Anwälte, die nach Meinung von führenden US-Medien teilweise unorganisi­ert wirkten und deren Argumente oft wenig präzise und zielführen­d waren. Die Vertreter Trumps verurteilt­en jetzt zwar die Attacke auf das Kapitol. Aber sie zweifelten gleichzeit­ig die Verfassung­smäßigkeit des Verfahrens an und warfen den Demokraten vor, nur parteipoli­tische Rache an einem Präsidente­n üben zu wollen, den sie im ersten „Impeachmen­t“nicht verurteile­n konnten.

Trump selbst, so berichtet die New York Times gestern, habe an seinem neuen Dauer-Wohnsitz Florida angesichts der schlechten Leistung seiner Anwälte „getobt“. Ursprüngli­ch wollte der bis heute uneinsicht­ige Trump, dass seine Vertreter argumentie­ren, dass die „gestohlene Wahl“(Trump) die Proteste gerechtfer­tigt hätten. Doch das hatten ihm die Rechtsexpe­rten ausreden können. An einem Freispruch Trumps zweifelt dennoch aufgrund der Mehrheitsv­erhältniss­e so gut wie kein Experte.

 ?? POOL/DPA
FOTO:
ANDREW HARNIK/AP ?? Zum Auftakt des zweiten Impeachmen­tProzesses gegen den früheren US-Präsidente­n Donald Trump gaben dessen Anwälte David Schoen (links) und Bruce Castor (Mitte) nach Medien-Meinung kein gutes Bild ab, wirkten unorganisi­ert und verstrickt­en sich in unpräzise Argumente.
POOL/DPA FOTO: ANDREW HARNIK/AP Zum Auftakt des zweiten Impeachmen­tProzesses gegen den früheren US-Präsidente­n Donald Trump gaben dessen Anwälte David Schoen (links) und Bruce Castor (Mitte) nach Medien-Meinung kein gutes Bild ab, wirkten unorganisi­ert und verstrickt­en sich in unpräzise Argumente.
 ??  ?? FOTO: EVAN VUCCI/DPA Gegen Ex-US-Präsident Donald Trump läuft seit Dienstag das zweite Impeachmen­t-Verfahren.
FOTO: EVAN VUCCI/DPA Gegen Ex-US-Präsident Donald Trump läuft seit Dienstag das zweite Impeachmen­t-Verfahren.

Newspapers in German

Newspapers from Germany