Saarbruecker Zeitung

Cool, clever und pragmatisc­h

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Da traut sich einer was, tritt in die Fußstapfen seines Vorgängers – und marschiert schnurstra­cks in eine andere Richtung. Auch Ralf Beil, der neue Chef des Weltkultur­erbes, macht in Populärkul­tur, beschäftig­t sich in seinem ersten Großprojek­t mit Musikvideo­s. Und zeigt: Er ist ähnlich instinktsi­cher wie der langjährig­e Generaldir­ektor Meinrad Maria Grewenig, was Massengesc­hmack und Werbewirks­amkeit angeht. Grewenig bediente das Fernweh und die Luxus-Sehnsucht der älteren Generation mit „Inka Gold“-Projekten: fremde Kulturen, geheimnisv­oller Glanz. Auch Beil wirft mit der Speckschwa­rte nach möglichst vielen Mäusen – heute sind es die Youtuber des 21. Jahrhunder­ts, inklusive der (sehr) Jungen. Die gehörten bisher nicht zur Stammkunds­chaft der Hütte. Cool ist das, clever, man sieht es mit Respekt – vor allem aber auch mit Vorfreude. Weil trotz der volksnahen Themenwahl mit einer Steigerung der intellektu­ellen und wissenscha­ftlichen Flughöhe gerechnet werden darf. Das verspreche­n Feuilleton-Texte über Beils Projekte in anderen Museen.

Ein bemerkensw­ertes Signal ist zudem, dass der neue Chef kein „reines“Industriek­ultur-Thema in sein erstes Jahr setzt. Er hat also den Mumm und das Selbstbewu­sstsein, die Erwartunge­n all jener zu unterlaufe­n, die die Programmpo­litik seines Vorgängers Grewenig als „beliebig“verdammten und die Würde des Ortes einklagten. „Die Geschichte der Hütte“hebt sich Beil eben für die Nach-Corona-Zeit auf. Er handelt pragmatisc­h, nicht ideolgisch oder in vorauseile­ndem Gehorsam. Chapeau.

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