Die Fastnacht ist nicht tot, sie pausiert nur – fast
Drei Karnevalsvereine übernehmen symbolisch das Saarbrücker Rathaus. „Die Konsorten“bringen Stimmung ins Wohnzimmer.
Fetter Donnerstag. Gustav-Regler-Platz. Das Festzelt bebt. Der Rathauskeller platzt aus allen Nähten. Hipp, hipp, hurra, es ist Faasend an der Saar. Die Weiberfastnacht lockt Tausende Narren aus dem ganzen Saarland nach Saarbrücken ans Rathaus. Die Veranstaltung hat Kultstatus. Doch in diesem Jahr bleibt es still rund um den Gustav-Regler-Platz. Wie überall im Land in der gesamten Fastnachtszeit. Wegen Corona.
„Normalerweise wäre ich schon seit sechs Wochen unterwegs“, sagt Patrick Topp. „Bei dem Ein oder Anderen sind viele Tränen geflossen“, berichtet Sven Sträßer. Albert Kindel erzählt: „Es ist schlimm. Wir dachten nach dem ersten Lockdown, dass es etwas besser wird.“
Patrick Topp ist Präsident der Karnevalsgesellschaft „Die Quassler“Klarenthal-Krughütte, die ausgerechnet in der Corona-Session 6x11 Jahre alt geworden ist. Sven Sträßer ist Vorsitzender der Kulturgemeinschaft 1955 Dudweiler-Pfaffenkopf, die ebenfalls 6x11 Jahre alt geworden ist. Und Albert Kindel ist Präsident der Großen Saarbrücker Karnevalsgesellschaft von 1856 „M´r sin nit so“. Die zweitälteste saarländische Karnevalsverein hinter „So war noch nix“1847 Ottweiler“feiert 15x11 Jahre.
Am Fetten Donnerstag finden im Saarbrücker Rathaus neben der Weiberfastnachts-Party traditionell die Übergabeverhandlungen statt. Und diese werden traditionell von Vertretern von Karnevalsvereinen geführt, die Jubiläum feiern. Zumindest diese Tradition bleibt in der wegen der Corona-Pandemie komplett ausgefallenen Session 2020/2021 erhalten. Patrick Topp, Albert Kindel und Erik Schrader in Vertretung für Sven Sträßer werden an diesem Donnerstag in Fastnachtsmontur und mit Narrenkappe ins Rathaus gehen. Flankiert von Werner Jungfleisch vom Verband Saarländischer Karnevalsvereine. Er ist Regionalvertreter für das Gebiet Saarbrücken und Obere Saar.
Die vier Fastnachter treffen um 11.11 Uhr Oberbürgermeister Uwe Conradt. Es ist keine Feier. Es sind keine Verhandlungen. Es wird nicht geschunkelt. Es wird nicht gesungen. Es darf sonst niemand kommen. Die übliche Party ist verboten. „Es ist ein Gespräch mit Uwe Conradt über die Fastnacht“, sagt Werner Jungfleisch. Sven Sträßer ergänzt: „Es ist eine schöne Aktion, dass der Oberbürgermeister das macht.“Patrick Topp freut sich: „Der Termin ist Anlass, um zumindest einmal in dieser Session offiziell Uniform und Narrenkappe anziehen zu können.“Und Albert Kindel sagt: „Wir wollen trotz allem das Rathaus für die drei tollen Tage haben.“
Normalerweise würde der Oberbürgermeister die Herausgabe des Rathausschlüssels verweigern – und die Narren würden deshalb an Fastnachtssamstag zum Sturm des Verwaltungsgebäudes ansetzen. Nach SZ-Informationen wird Uwe Conradt den Schlüssel aber bereits am Fetten Donnerstag aushändigen. Es ist ein symbolischer Akt. Ohne Feier. Als Zeichen, dass die Fastnacht an der Saar nicht tot ist, sondern nur pausiert.
Genauso wie die Jubiläumsaktivitäten der drei Vereine. „Sobald es möglich ist, feiern wir 6x11 + 1“, sagt Patrick Topp von den Quasslern. „Auch wird werden 6x11 + 1 feiern“, ergänzt Sven Sträßer von den Pfaffenkopfern. Albert Kindel von „M´r sin nit so“verspricht: „Wir werden in jedem Fall das Jubiläum nachholen. Die Planung läuft, es wird einige Überraschungen geben.“Verraten will er diese noch nicht.
Eine Überraschung haben auch „Die Konsorten“parat. Sie spielen an Fastnachtssamstag, 13. Februar, ab 19 Uhr ein 120 Minuten dauerndes Livekonzert. „Wir sind dankbar für das Privileg, dass wir die Chance haben, den Menschen ein Stück weit Fastnachtsgefühl in ihre Wohnzimmer bringen dürfen, ihnen im Kreis ihrer Familie einen schönen Abend bereiten dürfen“, sagt Sänger Patric Schmelzer. Das Livekonzert, das kostenlos auf dem Youtube-Kanal und der Facebook-Seite der Band aus Fischbach zu sehen ist, findet in der ehemaligen Diskothek „Kufa“in Saarbrücken statt. „Ohne Publikum. Mit Mindestabstand zwischen den Musikern. Die müssen vor dem Auftritt Corona-Tests machen.
Das Konzert der Fastnachtskultband ist für den guten Zweck. „Wir in unserer Band haben alle neben der Musik noch unsere Vollzeitjobs“, erklärt Patric Schmelzer: „Es gibt aber viele andere in der Musikbranche, die das nicht haben. Sie kämpfen ums Überleben.“Deshalb rufen „Die Konsorten“während ihres Konzerts zu Spenden für die Aktion „Kulturgesichter“auf. Diese macht unter dem Motto „Ohne uns ist’s still“darauf aufmerksam, wie sehr Musiker, Tänzer, Veranstalter, Tontechniker, Sicherheitsleute, Caterer, Eventmanager und andere aus der Kultur- und Veranstaltungsbranche unter der Corona-Krise leiden.
Damit sich die Corona-Krise nicht verschlimmert, appelliert Patric Schmelzer: „Ihr sollt in den 120 Minuten daheim alle Sorgen vergessen können – aber nur im Rahmen des Erlaubten. Feiert keine Corona-Partys.“Die Party der Konsorten geht nach dem Liveauftritt übrigens weiter. Dann legt DJ Delüxx auf. Und als Überraschung spielen Gitarrist Mathias Munz und Trommler Sebastian Schmelzer live zur DJ-Musik.
„Ihr sollt in den
120 Minuten daheim alle Sorgen vergessen können – aber nur im Rahmen des Erlaubten.
Feiert keine Corona-Partys.“
Patric Schmelzer
Die Konsorten