Die große Lücke im deutschen Frauentennis naht
Mit Mona Barthel scheidet auch die letzte Deutsche bei den Australian Open früh aus. Kleine Lichtblicke gibt es in den Doppel-Konkurrenzen.
(sid) Die Bilanz bei den Australian Open ist verheerend – und Barbara Rittner wollte diese gar nicht erst schön malen. „Die Lücke ist da, da brauchen wir nicht drumherum zu reden“, sagte die Tennis-Bundestrainerin, nachdem Mona Barthel aus Neumünster in der zweiten Runde als letzte Deutsche rausgeflogen war. Und sogleich warnte Rittner. „Da kann es auch mal sein“, sagte sie, „dass wir bei Grand Slams nur ein, zwei oder drei deutsche Spielerinnen dabeihaben“.
Schon vier Teilnehmerinnen in diesem Jahr waren erschreckend wenig – und es könnte ein Vorgeschmack auf harte Zeiten sein. Nach Barthels 4:6, 1:6 gegen die Tschechin Karolina Muchova findet erstmals seit den French Open 2010 ein Grand-Slam-Turnier ohne Deutsche in Runde drei statt. Die Norddeutsche Barthel wollte dies aber nicht als Tiefpunkt sehen. „Wir haben trotzdem viele gute Spielerinnen“, sagte die 30-Jährige: „Es kann beim nächsten Turnier wieder anders aussehen.“
Die Zeichen der Zeit prophezeien aber etwas anderes. Angelique Kerber (33), Andrea Petkovic (33) und Laura Siegemund (32) scheiterten in der ersten Runde, wie Barthel sind sie bereits über 30 und im Herbst ihrer Karrieren. Petkovic beendet ihre Laufbahn nach der Saison. „Wir müssen damit rechnen, dass die Lücke ein Stück weit aufklafft“, warnt Rittner. Mit Kerber (25.) und Siegemund (49.) stehen nur zwei Deutsche in den Top 100 der Weltrangliste. Die erste deutsche Spielerin unter 25 Jahren findet sich sogar erst auf Platz 180.
Nicht nur Kerbers drei GrandSlam-Titel hatten in den vergangenen Jahren über Nachwuchsprobleme hinweggetäuscht, oft war die Rede von einer „Goldenen Generation“. Andrea Petkovic glänzte 2014 mit dem Halbfinale bei den French Open, die im Oktober zurückgetretene Julia Görges setzte mit ihrem Wimbledon-Halbfinale 2018 ein
Highlight, Sabine Lisicki stand auf dem „heiligen Rasen“2013 sogar im Endspiel. Vielversprechende Nachwuchshoffnungen wie Carina Witthöft
(25), Annika Beck (26) oder Antonia Lottner (24) konnten die Erwartungen nicht erfüllen.
Deshalb konzentriert sich die
Bundestrainerin schon länger auf die nachfolgende Generation. „Wir haben wirklich gute Talente“, sagt Rittner. Alexandra Vecic (19) erreichte im Vorjahr bei den Australian Open zumindest das Halbfinale im Juniorinnen-Einzel, die 17-jährige Noma Noha Akugue gewann im Dezember überraschend die deutschen Hallenmeisterschaften. Rittner mahnte aber zu Geduld: „Man darf diese jungen Spielerinnen nicht zu sehr unter Druck setzen, denen muss man Zeit geben.“
Wäre da nicht Alexander Zverev, würde die Einzelkonkurrenz bei den Australian Open jetzt schon ohne deutsche Beteiligung stattfinden. Der Hamburger ist nun der „letzte Mohikaner“und traf am frühen Freitagmorgen auf den an Nummer 32 gesetzten unbequemenen Franzosen Adrian Mannarino.
Weiter ohne Satzverlust ist Grand-Slam-Rekordsieger Rafael Nadal – trotz des Störmanövers einer offenbar verwirrten Zuschauerin.
Der 13-malige French-Open-Champion setzte sich in seinem Zweitrundenmatch gegen US-Qualifikant Michael Mmoh mit 6:1, 6:4, 6:2 durch. Ende des zweiten Durchgangs pöbelte die Frau auf der Tribüne Richtung Nadal und zeigte diesem den Mittelfinger. Die Frau wurde nach dem Vorfall der Anlage verwiesen.
Gute Nachrichten aus deutscher Sicht gab es in den Doppelkonkurrenzen. So startete French-OpenSieger Kevin Krawietz auch ohne seinen angestammten Doppelpartner Andreas Mies gut ins Turnier. Mit dem Karlsruher Yannick Hanfmann, der den am Knie verletzten Mies ersetzt, bezwang Krawietz in Runde eins das indisch-slowakische Duo Divij Sharan/Igor Zelenay 6:1, 6:4. Laura Siegemund zog an der Seite der Russin Wera Swonarewa, mit der sie im vergangenen Jahr die US Open gewonnen hatte, durch ein 6:2, 6:1 gegen die Australierinnen Kimberly Birrell und Jaimee Fourlis in die zweite Runde ein.