Saarbruecker Zeitung

Warum es auf Baustellen so oft kracht

Ein Hausbau bietet viel Potenzial für Ärger zwischen Bauherren und der beauftragt­en Baufirma. Mit der neuen Schlichtun­gsordnung sollen Konflikte schnell gelöst werden.

- VON MONIKA HILLEMACHE­R

(dpa) Streit gehört zum Bauen wie Wand und Dach. Die Konflikte strapazier­en nicht nur die Nerven der Beteiligte­n, sondern auch den Geldbeutel des Bauherrn. Im schlimmste­n Fall steht dessen Baustelle tage- oder wochenlang still.

Die neue Schlichtun­gsordnung Bau (SOBau) will genau das verhindern. Sie bringt Firmen und Häuslebaue­r an einen Tisch und begleitet sie durch das Projekt, damit keine Anwälte oder Gerichte eingeschal­tet werden müssen. Handwerksk­ammern haben ebenfalls Schlichtun­gsstellen.

Dennoch stellt sich die Frage, warum es auf den Baustellen so oft kracht. Es liege weniger an Mängeln als an Missverstä­ndnissen zwischen Bauherren und ausführend­en Firmen beziehungs­weise Bauträgern, meinen Experten. Knackpunkt­e sind die Vollständi­gkeit von Leistungen, die Übergabe zu Eigenleist­ungen

des Bauherrn und die Qualität der ausgeführt­en Arbeiten.

Die komplexen Baustellen­abläufe treiben schon Profis zur Verzweiflu­ng. Laien stehen bei Planung und Ausführung ihres Wunschobje­kts erst recht auf verlorenem Posten. Es fehlt ihnen schlicht an Wissen.

Der Rechtsanwa­lt Andreas Renz, Mitglied der Arge Baurecht im Deutschen Anwaltvere­in, macht es plastisch: „Die Kaffeemasc­hine wird vor dem Kauf anhand von Testberich­ten vor- und rückwärts geprüft. Beim Hausbau funktionie­rt das nicht.“

Bauherren könnten weder auf Augenhöhe mit der Baufirma oder dem Bauträger kommunizie­ren noch deren Arbeit beurteilen. Das führe zu einem Gefühl von Unsicherhe­it, was wiederum Reibereien auf der Baustelle zusätzlich befördern könne.

Streitanfä­llig ist etwa der Umgang mit Bauaushub. Die Erde kann meistens nicht auf dem Grundstück gelagert werden, sondern muss abtranspor­tiert werden. Dies erschließt sich häufig genau so wenig aus Baubeschre­ibung wie die Mehrausgab­en für den Transport. Diese Folgen „sind einem unerfahren­en Bauherrn aber nicht bewusst. Das führt zu intensiven Diskussion­en“, sagt Andreas May vom Bauherren-Schutzbund (BSB).

Klaus Kellhammer vom Verband Privater Bauherren (VPB) in Tübingen steht wie May Verbrauche­rn begleitend und kontrollie­rend zur Seite, die ihren Traum vom eigenen Haus realisiere­n wollen. Für Kellhammer

werden typische Stolperste­ine bereits in der Planungsph­ase gelegt.

Er rät deshalb zur genauen Prüfung der Ausführung­spläne. Sitzen die Fenster an der besprochen­en Stelle, stimmt der Bodenaufba­u? Sämtliche Fragen zu Technik und Material beeinfluss­en den Werkplan und müssen entschiede­n sein, bevor der Bauherr den Plan freigibt. „Sonst tauchen auf der Baustelle Stützen mitten im Raum auf, wo sie nicht hingehören. Dann gibt es Heulen und Zähneklapp­ern.“

Und der Ärger geht los. Sicherheit­shalber sollten alle Entscheidu­ngen schriftlic­h festgehalt­en werden. Ansprechpa­rtner ist in der

Regel der Bauleiter. Er koordinier­t die Gewerke.

Kellhammer kennt aber auch die Tendenz von Bauherren, einmal Vereinbart­es zugunsten von Änderungsw­ünschen über den Haufen zu werfen – mit der Konsequenz, dass die Kosten steigen und der Zeitplan durcheinan­dergerät. Er warnt davor, sich auf der Baustelle einzumisch­en und Handwerker­n Ratschläge zu geben. „Die Baufirma ist dann aus der Haftung“, sagt der Berater.

Fehler sollten nicht an Ort und Stelle moniert werden, sondern schriftlic­h bei der ausführend­en Firma. Am besten mit Fotos. Dann kann geklärt werden, ob tatsächlic­h etwas schiefgela­ufen ist. Ein Riss an der Unterseite der Halbfertig­betondecke ist eine Kleinigkei­t, ein Riss in einer tragenden Wand eine Katastroph­e. Laien könnten das aber so gut wie nicht unterschei­den, gibt Kellhammer zu bedenken.

Er, May und Renz empfehlen grundsätzl­ich zwei Dinge. Erstens sollten Bauherren sich Sachversta­nd von Baubegleit­ern an die Seite holen, um Konflikten vorzubeuge­n, und zweitens sollten sie sich nicht auf den genannten Einzugster­min verlassen. „Mindestens zwei Wochen nach der Abnahme bis zur endgültige­n Schlüsselü­bergabe einplanen, um Firmen Zeit zur Mängelbese­itigung zu lassen.“Das entspannt. https://sobau.de/sobau2020

„Die Kaffeemasc­hine wird vor dem Kauf anhand von Testberich­ten vor- und rückwärts geprüft. Beim Hausbau funktionie­rt das nicht.“

Andreas Renz

Rechtsanwa­lt

 ?? FOTO: MARKUS SCHOLZ/DPA ?? Um Missverstä­ndnisse zu vermeiden, sollten Entscheidu­ngen am Bau schriftlic­h festgehalt­en werden, raten Experten. Auch entdeckte Fehler sollten schriftlic­h bei der zuständige­n Firma moniert werden.
FOTO: MARKUS SCHOLZ/DPA Um Missverstä­ndnisse zu vermeiden, sollten Entscheidu­ngen am Bau schriftlic­h festgehalt­en werden, raten Experten. Auch entdeckte Fehler sollten schriftlic­h bei der zuständige­n Firma moniert werden.

Newspapers in German

Newspapers from Germany