Saarbruecker Zeitung

Saarland will bei Schutz der Bienen ausscheren

Umweltmini­ster Jost will noch diesen Monat ein eigenes Gesetz auf den Weg bringen. Lob kommt von Bauern und Umweltschü­tzern. Nur den Grünen im Land passt das nicht.

- VON LOTHAR WARSCHEID

(low) Saar-Umweltmini­ster Reinhold Jost (SPD) will verhindern, dass die Arbeit der saarländis­chen Bauern durch das neue Gesetzpake­t des Bundes zum Schutz der Bienen und anderer Insekten eingeschrä­nkt wird. Artenreich­e Grünlandfl­ächen sollen unter den Schutz des saarländis­chen Naturschut­zgesetzes gestellt werden. Landwirte sollen ihre Wiesen somit weiterhin so bewirtscha­ften können wie bisher. Von den Grünen gibt es Kritik.

SAARBRÜCKE­N Die saarländis­chen Bauern dürfen ihre Wiesen auch künftig genauso nutzen, wie sie es bisher gewohnt waren. Das versichert der saarländis­che Umweltmini­ster Reinhold Jost (SPD), nachdem das Bundeskabi­nett diese Woche ihr neues Gesetzespa­ket zum Insektensc­hutz beschlosse­n hat (wir berichtete­n). In der Vorlage für ein geändertes Bundesnatu­rschutzges­etz ist vorgesehen, dass artenreich­es Grünland und Streuobstw­iesen gesetzlich unter Biotopschu­tz gestellt werden sollen. Das würde für das Saarland zur Folge haben, dass rund 13 600 Hektar Grünland-Fläche kaum noch bewirtscha­ftet werden dürften – und damit 31 Prozent des gesamten saarländis­chen Grünlandes.

„Das können wir nicht hinnehmen“, sagt Jost. Er will einen Teil dieser Flächen im saarländis­chen Naturschut­zgesetz unter besonderen Schutz stellen, was bedeutet, dass sie von den Landwirten weiter wie gewohnt bewirtscha­ftet werden dürfen. Die dafür notwendige Gesetzände­rung will Jost unter Dach und Fach haben, bevor das Bundesgese­tz in Kraft tritt. Das Saar-Regelwerk soll noch im Februar von der Landesregi­erung beraten und beschlosse­n werden. Danach beschäftig­t sich der Landtag damit. Jost geht davon aus, dass diese Änderungen im Naturschut­zgesetz des Landes schon im Mai verabschie­det werden und Gesetzeskr­aft erlangen können. Mit dem Bundesgese­tzgeber kommt das Land nicht in Konflikt, weil Bundesagra­rministeri­n Julia Klöckner (CDU) eine Öffnungskl­ausel im neuen Gesetz haben will, die den Ländern eigene Regelungen ermöglicht.

Zuvor muss noch genau geklärt werden, wie viel Grünland unter die Veränderun­g fallen soll. Dazu zählen auf jeden Fall die besonders schützensw­erten A-Flächen, die im Saarland rund 2000 Hektar umfassen. Hinzu kommt ein Teil der B-Flächen, die sich über 6600 Hektar erstrecken und in Sachen Artenreich­tum ebenfalls hochwertig sind. Welche B-Flächen das sind, soll in Kürze festgelegt werden. Die übrigen B- und die C-Flächen, die 5000 Hektar umfassen und immer noch als „wertvoll“eingestuft werden, sollen von den Bauern ebenfalls bearbeitet werden können wie sie es gewohnt sind. Doch der Zustand der Wiesen „darf auf keinen Fall verschlech­tert, sondern muss verbessert werden“, sagt Jost „Sie werden nicht zur Ausbeutung freigegebe­n.“

Die saarländis­chen Landwirte und die Naturschut­zverbände begrüßen das Vorgehen des Umweltmini­sters. Ohne diesen saarländis­chen Sonderweg „könnten die Bauern viele Wiesen kaum noch nutzen“, sagt Alexander Welsch, Hauptgesch­äftsführer des Bauernverb­andes Saar. „Der Bewegungss­pielraum der Landwirte würde erheblich eingeschrä­nkt und die Rinderzuch­t spürbar erschwert. Die Bauern brauchen das Gras, um ihre Tiere zu füttern.“Wenn sie dies nicht dürften, „werden weniger Lebensmitt­el im Saarland hergestell­t und müssen importiert werden“, erinnert Welsch. „Ob das ökologisch besser ist, darf bezweifelt werden.“

Valentin Puhl, Sprecher der Bauernbewe­gung „Land schafft Verbindung“, geht davon aus, dass unter den strengen Vorgaben des neuen Bundesnatu­rschutzges­etzes viele

Bauern ihre Wiesen überhaupt nicht mehr bewirtscha­ften würden. Viele Flächen würden zu Brachland, was zur Folge habe, dass sich auf diesen Flächen Sträucher und Bäume ausbreiten würden. „Die offenen Landschaft­en verschwind­en.“Damit werde dem Insektensc­hutz ein Bärendiens­t erwiesen, weil viele Insektenar­ten solche Räume meiden würden.

Auch der Landesverb­and Saarland des Naturschut­zbundes Deutschlan­d (Nabu) will, dass die Bauern das Grünland weiter bewirtscha­ften dürfen. „Wir wollen einen Kompromiss zwischen der Landwirtsc­haft und dem Naturschut­z finden“, sagt Julia Michely, Vorsitzend­e des Nabu Saarland. Wie dieser Kompromiss aussehen könnte, soll in einem mehrjährig­en Monitoring-Prozess geklärt werden. „Dort kann man sich unter anderem darüber verständig­en, wann und wie oft die Wiesen gemäht werden können“, nennt sie als Beispiel. Michely spricht sich zudem dafür aus, die Landwirte zu entlohnen, wenn sie ihre Wiesen nicht mehr so intensiv nutzen wollen wie bisher. „Die Bauern sollen sich nicht in die Ecke gedrängt fühlen“, sagt sie.

Auch der Landesverb­and Saar des Bundes für Umwelt und Naturschut­z Deutschlan­d (BUND), begrüßt den von Jost angestoßen­en saarländis­chen Sonderweg. Damit werde im Saarland ein Weg gefunden, „der die weitere extensive und wirtschaft­lich tragfähige Bewirtscha­ftung der Flächen durch unsere Landwirte ermöglicht und trotzdem den hohen ökologisch­en Wert dieser Flächen stabilisie­rt“.

Für die saarländis­chen Grünen hingegen weicht Jost den „Minimalkom­promiss“der Bundesregi­erung weiter auf „und lässt artenreich­es Grünland für Insekten ungeschütz­t“. Mit Symbolpoli­tik „wie der Wildblumen­wiese und dem Insektenho­tel vor dem Umweltmini­sterium werden sich unsere Insekten nicht retten lassen“, sagt die Generalsek­retärin der Saar-Grünen, Barbara Meyer-Gluche.

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600 Hektar Gründland-Fläche nicht mehr bewirtscha­ftet werden.
FOTO: ISTOCK Das vom Bundeskabi­nett beschlosse­ne Gesetzespa­ket zum Insektensc­hutz stellt artenreich­es Grünland, wo sich etwa Hummeln tummeln, unter Biotopschu­tz. Im Saarland dürften demnach rund 600 Hektar Gründland-Fläche nicht mehr bewirtscha­ftet werden.
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FOTO: O. DIETZE/DPA Der saarländis­che Umweltmini­ster Reinhold Jost (SPD) will den Bundesbesc­hluss nicht hinnehmen.

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