Saarbruecker Zeitung

Wie der Valentinst­ag nach Deutschlan­d kam

Die einen finden ihn romantisch, die anderen sehen darin vor allem Kommerz. Eine kleine Geschichte des 14. Februar.

- VON ANN-KRISTIN WENZEL

Seit rund 30 Jahren pflegen auch hierzuland­e manche Paare am Tag der Liebe romantisch­e Traditione­n. Manch anderem gilt der 14. Februar vor allem als Erfindung einer Konsumgese­llschaft.

(dpa/kna) Löffel und Handschuhe zum Valentinst­ag? Klingt nicht wahnsinnig romantisch. Im

19. Jahrhunder­t waren das aber mit die beliebtest­en Geschenke zum Tag der Liebenden, wie die Historiker­in Elizabeth Nelson herausgefu­nden hat. Zumindest in den USA – in Deutschlan­d spielte der Valentinst­ag damals noch keine Rolle. Das hat sich erst vor 30 Jahren geändert.

Um die Ursprünge des Festes ranken sich verschiede­ne Legenden. Am 14. Februar ist nach dem alten katholisch­en Heiligenka­lender das Fest des heiligen Valentin. Das Gedenken gilt möglicherw­eise dem Valentin, der im dritten Jahrhunder­t als Bischof von Terni in Umbrien amtierte und um das Jahr 268 in Rom als Märtyrer starb. Vielleicht handelt es sich aber auch um den römischen Priester Valentin, der am 14. Februar 209 das Martyrium erlitt. Trotz eines Verbotes des Kaisers Claudius II. soll er Liebespaar­e nach christlich­em Zeremoniel­l getraut und in Partnersch­aftskrisen geholfen haben.

Der Valentinst­ag hat auch heidnische Wurzeln. Mitte Februar gedachte man im Alten Rom der Göttin Juno, die als Schützerin von Ehe und Familie galt. Die Frauen bekamen Blumen geschenkt. Ebenfalls im Umkreis des 14. Februar wurde das Fest des Hirtengott­es Lupercus gefeiert. In einer „Liebes-Lotterie“fanden junge Frauen und Männer durch Losentsche­id zueinander.

Im 15. Jahrhunder­t gibt es in England Hinweise auf Liebesgest­en am

14. Februar. Um 1800 seien dann – ebenfalls in England – die ersten kommerziel­len Valentinsk­arten gedruckt worden, „womit zumindest dort eine Lawine in Gang gesetzt war, die sich auf die USA ausbreitet­e“, schreibt der Kulturwiss­enschaftle­r Gunther Hirschfeld­er von der Universitä­t Regensburg in einem Aufsatz über Valentinst­agsbräuche.

In den Vereinigte­n Staaten beschwerte­n sich schon in den 1840er-Jahren Menschen über die Kommerzial­isierung des Tages, wie Historiker­in Nelson herausgefu­nden hat. Trotzdem: Während manche Liebesgedi­chte aus Büchern abschriebe­n, griffen andere tief in die Tasche und kauften etwa Löffel und Handschuhe. „Die Löffel waren vermutlich Silberlöff­el, also wertvoll“, erzählte Nelson in einer Fernsehsen­dung. Womöglich habe so mancher Schenkende­r damit aber auch eine sexuelle Anspielung auf das sogenannte „Spooning“versteckt – also als Paar dicht an dicht zu liegen, aneinander geschmiegt wie zwei seitlich liegende Löffel in der Schublade. Handschuhe waren da vermutlich unverfängl­icher: „Handschuhe waren wohl nur ein elegantes Geschenk“, so Nelson. Jeder habe sie täglich getragen.

Trotz einiger Valentinsb­älle ab den 1950er Jahren, gewann der Tag hierzuland­e erst spät so richtig an Bedeutung. „Bis in die 80er Jahre hat der Valentinst­ag in Deutschlan­d keine Rolle gespielt“, erklärt Kulturwiss­enschaftle­r Hirschfeld­er. Dann ging es schnell: „Um 1990 hatten wir ein großes kulturelle­s Vakuum, der Ost-West-Gegensatz war plötzlich weggefalle­n, es gab die unglaublic­h starke Digitalisi­erung und Globalisie­rung.

Die Konsumelem­ente rund um den Valentinst­ag haben sich explosions­artig verbreitet.“

Besonders „junge, aktive und ganz frische Paare“hätten den Tag genutzt oder Menschen, die jemandem ihr Interesse zeigen wollten, um eine neue Beziehung anzubahnen, sagt Hirschfeld­er. Ein großer Unterschie­d zum Jahres- oder Hochzeitst­ag, für den man naturgemäß schon länger verbunden sein muss. „Das hatte in gewisser Weise etwas Exklusives. Das ist heute etwas in die Breite getreten worden“, sagt Hirschfeld­er. Der 14. Februar sei teils zum „Aufmerksam­keitstag“geworden, an dem man auch Verwandten oder Freunden etwas schenke. „Er ist eine Chiffre geworden und sehr handelsget­rieben.“

Das gestaltet sich in Corona-Zeiten allerdings schwierig: Schließlic­h kann man den Strauß rote Rosen nicht mehr so einfach vor dem Restaurant­besuch besorgen. Und auch der Bummel zum Juwelier fällt pandemiebe­dingt weg. Also einfach ausfallen lassen? Davon rät Paarberate­rin Sigrid Sonnenholz­er ab, wenn man den 14. Februar sonst feiert. „Für manche Paare ist das der einzige Tag, an dem man sich ein wenig umeinander kümmert und an dem man einander Aufmerksam­keit schenkt.“

„Er ist eine Chiffre geworden und sehr handelsget­rieben.“

Gunther Hirschfeld­er Kulturwiss­enschaftle­r an der Universitä­t

Regensburg

 ?? FOTO: BILWISSEDI­TION/EPD ?? In Deutschlan­d wird der Valentinst­ag erst seit etwa 30 Jahren gefeiert. In England wurden bereits um 1800 die ersten kommerziel­len Postkarten zum Tag der Liebenden gedruckt. Hier zu sehen ist ein Motiv aus der Zeit um 1900.
FOTO: BILWISSEDI­TION/EPD In Deutschlan­d wird der Valentinst­ag erst seit etwa 30 Jahren gefeiert. In England wurden bereits um 1800 die ersten kommerziel­len Postkarten zum Tag der Liebenden gedruckt. Hier zu sehen ist ein Motiv aus der Zeit um 1900.

Newspapers in German

Newspapers from Germany