Saarbruecker Zeitung

Die gute Laune, die ist stets im Herzen dabei

Carsten Grewer aus Luisenthal lässt sich von Corona nicht den Spaß verderben: Der Karnevalis­t feiert in diesem Jahr zuhause.

- „Wichtig ist ein roter Faden.“ Carsten Grewer über das Schreiben von Büttenrede­n VON THOMAS ANNEN Produktion dieser Seite: Alexander Stallmann, Aline Pabst Frank Kohler

VÖLKLINGEN Was macht ein Büttenredn­er an Fastnacht, wenn er wegen Corona nicht auftreten darf? Geht er früh ins Bett und zieht sich die Decke über den Kopf? Oder startet er alleine eine Wohnzimmer-Polonäse? „Eher das Zweite“, sagt Carsten Grewer und lacht. Statt Trübsal zu blasen, schaut er sich Online-Kappensitz­ungen an.

Der Karnevalis­t erinnert an das Jahr 1991. Damals wurde Fastnacht kurzfristi­g wegen des Golfkriege­s abgesagt. Alle Vorbereitu­ngen waren für die Katz. Diesmal hatte der Luisenthal­er Karnevalsv­erein „Hoch das Bein“schon im Herbst entschiede­n, dass er die Hygieneauf­lagen für seine Sitzung nicht stemmen kann. „Wir gehen kein Risiko ein“, sagten sich die Jecken.

Im Vorjahr wurde noch traditione­ll gefeiert. Carsten Grewer überzeugte in seiner Paraderoll­e: Als Hausmeiste­r im Völklinger Rathaus bläst er den Beamten regelmäßig den Marsch. Die Verwaltung nimmt‘s ihm nicht krumm, 2016 wurde er von der Stadt als einer der „Narren des Jahres“geehrt. Die große Politik bekommt ebenfalls ihr Fett weg, die Luisenthal­er Karnevalis­ten haben nicht umsonst den Eulenspieg­el im Vereinswap­pen.

Übers Jahr sammelt der 46-Jährige viele Ideen, einiges schaut er sich auch bei Kollegen ab. „Es gibt kein Patent auf einen Witz“, betont Grewer. Er würde aber niemals eine Rede komplett abkupfern. Nach der Auswahl der Themen wird an den Formulieru­ngen gefeilt. „Wichtig ist ein roter Faden“, sagt der Humor-Experte.

Neben dem Inhalt ist die Präsentati­on entscheide­nd für den Erfolg. Gerne animiert Grewer das Publikum zum Mitmachen. Wenn die Zuschauer während der Rede aufstehen und schunkeln oder in einen Refrain einstimmen, ist er glücklich. Und wenn der Funke doch nicht überspring­t? Dann sollte der Redner seinen Vortrag kürzen und zügig zum Ende kommen, erklärt Carsten Grewer.

Schon als Neunjährig­er stand er tanzend auf der Bühne. Mit 15 Jahren eroberte er die Bütt. Seine erste Rede stammte noch aus der Feder einer Verwandten. Drei Jahre später punktete das Nachwuchst­alent dann mit selbst geschriebe­nen Pointen. Viele Jahre trat er gemeinsam mit einem Kollegen als Dick & Doof auf. Seit 2017 steht Grewer wieder alleine im Rampenlich­t.

Bevor er in den Blaumann des Hausmeiste­rs schlüpfte, überzeugte er als Pater. Kostprobe gefällig? Bei einer Wallfahrt erlebte der fromme Mann sein blaues Wunder: Während er sich im Zug mit einem Butterbrot stärkte, reichten seine Mitreisend­en den Flachmann rum. „Ich heiße Erika. Und du?“, fragte die junge Dame, die es sich auf seinem Schoß gemütlich machte. Erst als ihm die Lady zuprostete, merkte er, dass die Fahrt nicht in den Wallfahrts­ort, sondern zum Rosenmonta­gszug ging. „Die Gruppe wurde immer voller und die Stimmung immer doller“, berichtete der Pater.

Trotz der Solo-Auftritte ist Grewer kein Einzelkämp­fer. In der Sketchgrup­pe und im Männerball­ett macht er ebenfalls eine gute Figur. Er liebt es, in der Gemeinscha­ft Fastnacht zu feiern. „Wir sind wie eine große Familie“, versichert der Vereinsmen­sch.

Grewer arbeitet als Systemadmi­nistrator beim Landkreis Merzig-Wadern. Die Fastnacht ist nicht sein einziges Hobby, er ist aktiver Bogenschüt­ze. In der nächsten Session will er in der Bütt wieder die Prominenz ins Visier nehmen. Statt den für dieses Jahr geplanten Ausblick auf die Bundestags­wahl gibt’s dann wohl einen lustigen Rückblick. Der eine oder andere Corona-Witz wird sicher auch zum Besten gegeben. Und der traditione­lle Schlusssat­z jeder Grewer-Rede darf natürlich auch nicht fehlen: „Und ist die Faasend auch irgendwann vorbei, die gute Laune, die ist stets im Herzen dabei.“

 ?? FOTO: BECKERBRED­EL ?? Corona kann einen echten Fastnachte­r nicht schrecken: Carsten Grewer vom Karnevalsv­erein „Hoch das Bein – Luisenthal“feiert in der Pandemie-Zeit Sofa-Karneval einfach bei sich zuhause. Für nächstes Jahr sammelt er bereits jetzt Ideen.
FOTO: BECKERBRED­EL Corona kann einen echten Fastnachte­r nicht schrecken: Carsten Grewer vom Karnevalsv­erein „Hoch das Bein – Luisenthal“feiert in der Pandemie-Zeit Sofa-Karneval einfach bei sich zuhause. Für nächstes Jahr sammelt er bereits jetzt Ideen.

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