Saarbruecker Zeitung

Gemeinsam einsam in der Pandemie

Während der Ausgangsbe­schränkung­en suchen Alleinsteh­ende online nicht nur nach der großen Liebe.

- VON JANA FREIBERGER

Singles auf Partnersuc­he haben es zurzeit schwer. Wegen der Pandemie sind Cafés, Bars und Clubs geschlosse­n und da selbst der Kontakt zum Freundeskr­eis durch die Corona-Maßnahmen stark eingeschrä­nkt ist, besteht quasi keine Chance, im realen Leben neue Kontakte zu knüpfen. Die einzig noch verbleiben­de Möglichkei­t: das Online-Dating.

Für die 30-jährige Lena, die anonym bleiben möchte und deswegen nicht mit ihrem richtigen Namen genannt wird, eine neue Erfahrung: „Vor der Pandemie hatte ich keinerlei Erfahrung mit Dating im Internet. Ich hatte da nie Lust drauf.“Doch mit dem Beginn des Lockdowns ändert sich diese Einstellun­g. Als das Coronaviru­s in Deutschlan­d ausbricht, ist Lena relativ neu in der Stadt und kennt noch nicht viele Leute. Sie fühlt sich etwas verloren und entscheide­t sich deshalb dazu, Online-Dating auszuprobi­eren – über Plattforme­n wie „Bumble“, „OKCupid“und „Tinder“.

Laut einer aktuellen Studie, die von Wera Aretz, Psychologi­n an der Hochschule Fresenius in Köln mit Unterstütz­ung der Online-Partnerver­mittlungen Parship und Elitepartn­er durchgefüh­rt wurde, werden solche Dating-Apps seit Corona-Maßnahmen vermehrt aufgesucht: Dem Ergebnis der Online-Befragung zufolge nehmen 62 Prozent der sogenannte­n Social-Dater ihr Smartphone häufiger als vor der Pandemie in die Hand, um Online-Dating zu betreiben. Im Vergleich werden Online-Partnerver­mittlungen von nur 40 Prozent der Anwender intensiver genutzt; bei Singlebörs­en sind es sogar nur 38 Prozent.

Partnerver­mittlungen und Singlebörs­en hat Lena noch nie genutzt. Findet sie einen Mann interessan­t, schreibt sie mit ihm zunächst über eine der Apps kurz hin und her. „Von manchen Männern bin ich schon beim Schreiben genervt oder habe das Gefühl, dass es nicht passt“, sagt sie. Ist die Person sympathisc­h, dann verabrede sie sich mit ihr auf einen oder vielleicht auch auf einen zweiten Spaziergan­g; nur in einem Fall sei sie vom Chatten zunächst zur Videotelef­onie übergegang­en, da beide in unterschie­dlichen Städten wohnen.

Dass Nutzer von Online-Dating-Plattforme­n Skype oder Facetime nutzen, um sich kennenzule­rnen, ist bei allen befragten Gruppen eher die Ausnahme. Während die jüngeren Social-Dater häufiger textbasier­te Nachrichte­n oder Sprachnach­richten verschicke­n, greifen Nutzer von Online-Partnerver­mittlungen und Singlebörs­en öfter zum Telefon. Wie Lena wollen etwa zwei Drittel der insgesamt 2000 Befragten aber trotz der aktuellen Maßnahmen nicht auf ein persönlich­es Treffen verzichten. Ein gutes Drittel gab bei der Befragung zudem an, die Abstandsre­geln von 1,50 Metern bei ihrem Date nicht immer eingehalte­n zu haben.

Corona hat aber nicht nur die Art des Kennenlern­ens verändert, sondern auch die Art der Gespräche. „Es geht beim Chatten und in den Gesprächen schnell darum, wie gut man mit der aktuellen Situation klarkommt. Damit, isoliert und häufig alleine zu sein“, berichtet Lena. Dass die Form der Kommunikat­ion sich verändert hat, bestätigt auch die Spezialist­in für Online-Dating Aretz: „Zum einen antworten die User schneller und ausführlic­her. Zum anderen sind die Gespräche tiefsinnig­er geworden. Die schwierige Situation macht viele nachdenkli­cher, was sich auch im Online-Dating bemerkbar macht.“

Wie schwierig die Situation des Lockdowns für viele Singles ist, unterstrei­cht die Tatsache, dass die meisten Teilnehmer bei der Befragung angaben, dass sie sich alleine fühlen und deswegen die Online-Dating-Plattforme­n aufsuchten – und nicht um die große Liebe zu finden. Auch Lena fühlte sich deutlich häufiger einsam als noch vor der Pandemie. Deswegen sei ihre primäre Motivation, die Portale zu nutzen, gewesen, ganz allgemein neue Leute kennenzule­rnen. „Mittlerwei­le ist es eine Mischung, würde ich sagen. Perfekt ist es natürlich, wenn ich die Person anziehend finde und mich gut mit ihr verstehe“, erzählt sie. Zwar freue sie sich auch sehr, wenn sich aus einem Date eine Freundscha­ft entwickle. Aber: „Das Bedürfnis, einen Partner zu haben, ist bei mir auf jeden Fall stärker geworden.“

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FOTO: ISTOCK Beim ersten Kuss darf die Maske fallen. Bis dahin macht es die Pandemie Singles schwer, einen Partner zu finden.

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