Saarbruecker Zeitung

Drei Anwärter für SR-Intendante­n-Posten

In Kliniken und Heimen herrscht Verunsiche­rung. Saar-Experten geben Entwarnung.

- VON DANIEL KIRCH

Drei Kandidaten gibt es bei der Wahl des neuen SR-Intendante­n am 22. Februar: SR-Chefredakt­eurin Armgard Müller-Adams, den stellvertr­etenden SR-Programmdi­rektor Martin Grasmück und ARD-Chefredakt­eur Rainald Becker.

Rund 40 000 Mitarbeite­r von Kliniken, Altenheime­n und des Rettungsdi­enstes im Saarland stehen in der Impf-Rangfolge ganz oben. Aber erst 8500 haben mindestens die erste Spritze gegen die Covid-19-Erkrankung erhalten. Nun soll alles ganz schnell gehen. Schon in den nächsten Tagen werden alle Impfwillig­en aus dieser Berufsgrup­pe ein Angebot erhalten. Die Frage ist, wie viele das dann annehmen werden.

Das Saarland erhält von Anfang Februar bis Anfang März 38 400 Dosen des Impfstoffs AstraZenec­a, der vorerst nur Menschen unter 65 Jahren gespritzt werden darf, weil für ältere Menschen die Datenlage noch etwas dünn ist. Wer in die Belegschaf­ten hineinhört, spürt Verunsiche­rung. Denn die Wirksamkei­t von AstraZenec­a liegt mit mindestens 70 Prozent unter den mehr als 90 Prozent von Biontech/Pfizer und Moderna. Es gibt deshalb Beschäftig­te, die das schwedisch-britische Mittel als „zweite Wahl“sehen, wie der Pflegebeau­ftragte der Gewerkscha­ft Verdi, Michael Quetting, bereits Anfang Februar sagte.

Der Chefarzt der Anästhesie am Kreiskrank­enhaus in St. Ingbert, Dr. Wolfgang Siegmund, berichtet von „massivem Unmut, weil für die an vorderster Front tätigen Pflegekräf­te offensicht­lich das Schlechtes­te gut genug ist“. Siegmund wandte sich an Opposition­sführer Oskar Lafontaine

(Linke) und bat ihn, der Landesregi­erung eine Anfrage dazu zu stellen. Die Impfung mit AstraZenec­a sei medizinisc­h unsinnig, weil zu erwarten sei, dass in absehbarer Zeit die Virus-Mutanten, gegen die dieser Impfstoff offensicht­lich unwirksam sei, in den Vordergrun­d treten würden. „In diesem Fall sind dann diejenigen, die die schwerstkr­anken Patienten behandeln sollen, ohne ausreichen­den Schutz.“

Grundsätzl­ich anderer Meinung ist da Professor Dr. Daniel Grandt, Chefarzt der Inneren Medizin I auf dem Saarbrücke­r Winterberg. Der Impfstoff werde in den Medien zwar häufig als weniger wirksam tituliert, dabei werde aber ein wichtiger Aspekt nicht adäquat gewürdigt, erklärte der Experte für Arzneimitt­eltherapie­sicherheit und Patientens­icherheit

der SZ: Die Schutzwirk­ung von zumindest 70 Prozent beziehe sich auf jede symptomati­sche Corona-Infektion. „Schaut man sich die Daten der Studien an, stellt man fest, dass kein mit AstraZenec­a Geimpfter an Covid verstorben ist oder beatmet oder stationär aufgenomme­n werden musste.“AstraZenec­a schütze damit „offensicht­lich exzellent“vor einer schweren Covid-Erkrankung, wohl aber „etwas schlechter“als Moderna und Biontech vor einer leichten Erkrankung. Beurteile man den AstraZenec­a-Impfstoff danach, ob er schwere Verläufe und Todesfälle verhindere, sei er „nicht weniger wirksam“als die bisherigen Impfstoffe.

Nach vorliegend­en Daten, so Grandt, schütze der Impfstoff auch vergleichb­ar gut gegen die britische Variante, aber weniger gegen die südafrikan­ische Variante des Virus. AstraZenec­a sei hier nicht wirkungslo­s, aber doch weniger wirksam. Belastbare Daten

über das Ausmaß der Abschwächu­ng gebe es aber nicht. Die Wirkabschw­ächung beschränke sich vermutlich auch nicht auf den AstraZenec­a-Impfstoff. Zum Glück sei die südafrikan­ische Variante in Deutschlan­d außer bei Reiserückk­ehrern aus Südafrika und ihren Angehörige­n bisher noch nicht beobachtet worden. Im Saarland geht das Gesundheit­sministeri­um von sieben Mutationsf­ällen aus Südafrika aus (Stand: Freitag), im benachbart­en Lothringen ist die Mutation hingegen schon weiter verbreitet.

Auch der Leitende Oberarzt der Virologie am Universitä­tsklinikum in Homburg, Dr. Jürgen Rissland, warnt vor voreiligen Schlüssen. Die Studie aus Südafrika habe methodisch­e Schwächen, erklärte er saarländis­chen Ärzten kürzlich in einer Fortbildun­g. Bei der Studie mit 2000 im Durchschni­tt 31 Jahre alten Probanden sei nicht geprüft worden, ob der Impfstoff mittlere und schwere Verläufe verhindert. „Wenn ich die verhindern will, ist AstraZenec­a eine gute Option“, sagt Rissland. Der Impfstoff weise zudem geringere Nebenwirku­ngen als Biontech/Pfizer und Moderna auf. Sein Gesamtfazi­t: Er sehe keinen Nachteil bei AstraZenec­a. „Wenn ich den Impfstoff angeboten bekäme, ich würde mich damit impfen lassen.“

„Kein mit AstraZenec­a Geimpfter ist an Covid verstorben oder musste beatmet oder

stationär aufgenomme­n

werden.“

Prof. Dr. Daniel Grandt,

Chefarzt am Winterberg-Klinikum Saarbrü

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FOTO: JESSICA HILL;LIAM MCBURNEY/AP/PA WIRE/DPA
Tausenden Pflegekräf­ten im Saarland soll in den nächsten Tagen der Impfstoff von AstraZenec­a gespritzt werden. FOTO: JESSICA HILL;LIAM MCBURNEY/AP/PA WIRE/DPA
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