Saarbruecker Zeitung

Am Lagerfeuer mit dem „OutdoorBud­dy“

Matthias Dittgen aus Püttlingen bricht oft zu Abenteuern in den Wald auf und hat sich damit auf Youtube einen Namen gemacht.

- VON ALEXANDER MANDERSCHE­ID

Es ist so kalt, dass die Flaschen mit den Getränken platzen, wenn wir nicht aufpassen. Sicher wäre es auch im Warmen gegangen, wir hätten miteinande­r telefonier­en können. Aber es gibt doch nichts über ein Interview genau dort, wo es ihn immer hinzieht: raus. Matthias Dittgen ist gerade angekommen, an einer Schulter streckt sein Rucksack schon die Schlingen wie eine Katze ihren Pfoten dem Boden entgegen, die weiß, dass sie gleich losgelasse­n wird.

Wir begrüßen uns an einer Feuerstell­e am Waldrand im Schutz eines privaten Grundstück­s, und der „OutdoorBud­dy“, so kennen ihn tatsächlic­h mehr Leute als unter seinem echten Namen, hat einiges dabei: Messer, Feuerstahl, Pfanne mit Klappstiel und Fleisch, das er gleich rustikal über den Flammen zubereiten wird. An diesem Tag könnte man das getrost noch als Grillen abtun, aber normalerwe­ise macht der Püttlinger das so oder so ähnlich auch nicht auf einer Wiese hinter einem Haus, sondern weiter draußen in der Natur. Regelmäßig zieht er los, geht meistens in den Wald, sucht sich einen Schlafplat­z, baut sich ein kleines Lager, übernachte­t dort und filmt sich dabei. Die Videos lädt er später auf seinen Kanal auf der Internet-Plattform Youtube hoch.

Seit 2015 macht Dittgen das schon. Er hat mittlerwei­le mehr als 500 Videos online, weil er das seit einer Weile konsequent durchzieht. „Bis auf wenige Ausnahmen schaffe ich es, ein Video pro Woche zu produziere­n“, sagt Dittgen, der sich inzwischen – bodenständ­ig wie er ist – hingekniet hat, um von einem

Holzscheit mit dem Messer Späne und winzige Flocken abzuschäle­n. Sie sollen die Funken auffangen, die er mit seinem Messerrück­en und dem Feuerstahl entstehen lässt. Klar ginge das auch mit dem Feuerzeug, aber so ist es doch irgendwie näher an der Natur, näher am Abenteuer.

Schon als Kind ist Dittgen gern durch die Wälder gestreift. Das hatte sich im Laufe der Zeit verloren, Survival-Sendungen auf dem TV-Sender DMAX brachten ihn aber schnell wieder zurück. Mit Freunden ging er auf Tour, um im Wald „zu überleben“. Dittgen, bald 38 Jahre alt, zeichnet mit seinen Fingern Gänsefüßch­en in die Luft, während er das vor den warmen Flammen erzählt.

Als er begann, seine Touren auch zu filmen, nahm sein Hobby so richtig Fahrt auf. Viele, die sich damit auskennen, würden seine Leidenscha­ft vielleicht als „Bushcraft“bezeichnen. Er sieht es aber eher als Walden, abgeleitet von dem englischen „walden“. „Ich gehe in den Wald und bin dann halt da“, sagt er. Denn während die üblichen „Bushcrafte­r“gern auf den Wald zurückgrei­fen, aus Stöcken, toten Stämmen und Ästen ein Lager aufbauen und gleich auch noch schnell einen Löffel für die Suppe schnitzen, bringt der „OutdoorBud­dy“das meiste Equipment schon von Zuhause mit.

In der Regel schläft er in einer Hängematte unter einem Tarp, also einer Art Zeltplane, und einem hochqualit­ativen Schlafsack. Das Essen nimmt in seinen Videos eine wichtige Rolle ein, weil es eine Möglichkei­t ist, etwas Abwechslun­g in die Touren zu bringen. Manchmal kocht er sich ganze Menüs. Am Interview-Feuer schnippelt er eine Jägerpfann­e zurecht. Gleich gibt es Kartoffeln, Zwiebeln und etwas Fleisch dazu.

Seine mittlerwei­le bald 7000 Abonnenten auf Youtube können neben den kleinen Abenteuern aber auch sehen, wie der „OutdoorBud­dy“sich gleichzeit­ig an die Regeln des Waldes hält. Kochen geht auch ohne offenes Feuer, mit dem draußen natürlich nicht zu spaßen ist. Und Müll oder andere Spuren hinterläss­t er keine. Selbstrede­nd. Mit dem Übernachte­n im Wald ist das so eine Sache, nur einmal hat er schlechte Erfahrunge­n mit einem Jäger gemacht, der ihn vertreiben wollte, obwohl es nicht einmal um eine Übernachtu­ng ging. Aber sonst ist er bisher nur auf gut gelaunte Waldmensch­en getroffen. Er nutzt immerhin auch kein Zelt, das im Waldgesetz generell untersagt ist.

Jetzt ist das Essen bald durch. Dittgen richtet sich wieder auf und drückt seine beiden Beine fest durch. Angst vor einer Nacht im Wald hat er ganz bestimmt nicht. Thema beendet. Er genießt die Zeit einfach, und das Filmen erledigt er nebenher. Youtube läuft trotzdem nicht einfach so nebenher. „Gerade in der Anfangszei­t musst du viele Videos von anderen Outdoor-Leuten kommentier­en, damit du überhaupt gesehen wirst“, erklärt Dittgen, der im echten Leben als Informatik­er in Saarbrücke­n arbeitet. Mittlerwei­le kennt er auch viele seiner Wildniskol­legen wie „Sicky Popp“und „Azze, der Buschpirat“und unternimmt mit ihnen zusammen Touren. So unterstütz­en sie sich auch gegenseiti­g und liefern sich Klicks über ihre Abonnenten­schaft.

Über die Youtube-Werbung verdient Dittgen auch ein wenig dabei, auch wenn das noch nicht so viel ist. Nach einer Tour muss er das Video schneiden, was fünf bis sechs Stunden in Anspruch nimmt, und Musik finden, mit der er sein Filmchen unterlegt. Damit die Leute schließlic­h davon Wind bekommen, dass es etwas Neues zu sehen gibt, bewirbt er es noch auf Facebook und Instagram. Und genau das macht er jetzt auch am Interview-Feuer bei minus fünf Grad, auch wenn es davon kein Video gibt. Den Account muss man trotzdem pflegen. Der „OutdoorBud­dy“ist halt auch ein Influencer. „Ich bin einer, ob ich das gern höre oder nicht“, sagt er und zückt sein Handy. Einmal hat er ein bestimmtes Bluetooth-Thermomete­r in einem Video verwendet, sofort ist es bei Amazon 40-mal bestellt worden, erzählt er. Firmen fragen an, ob er ihre Produkte vorstellt, manchmal geht er das auch ein, will sich aber keine Meinung vorschreib­en lassen.

Genug geredet. Essen auf einem Holzklotz angerichte­t, Foto-App und zack. Jetzt gib mal deinen Teller her. www.youtube.com/user/mdittgen

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Aber das Holz hat schon Feuer gefangen, gleich wird es warm: „OutdoorBud­dy“Matthias
Dittgen.
FOTO: ALEXANDER
MANDERSCHE­ID
Draußen sind es minus fünf Grad. Aber das Holz hat schon Feuer gefangen, gleich wird es warm: „OutdoorBud­dy“Matthias Dittgen. FOTO: ALEXANDER MANDERSCHE­ID
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FOTO: ALEXANDER MANDERSCHE­ID
Heute gibt es Jägerpfann­e mit dem „OutdoorBud­dy“. FOTO: ALEXANDER MANDERSCHE­ID
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FOTO: ALEXANDER MANDERSCHE­ID
Um das Feuer auf seine Weise zu entfachen, schnitzt sich Matthias Dittgen Späne vom Holz. FOTO: ALEXANDER MANDERSCHE­ID

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