Saarbruecker Zeitung

Corona verstärkt den Trend zum Lesen

Die digitalen Bibliothek­en im Saarland und in Rheinland-Pfalz zählen seit dem vergangene­n Jahr mehr Nutzer.

- VON JESSICA BECKER

Was tun während der Ausgangsbe­schränkung­en? Das fragt sich jeder. Und für eine ganze Reihe von Menschen scheint die Antwort „Lesen“zu lauten. Seit 2020 hat jedenfalls das Interesse am Buch zugenommen, geht aus einer Umfrage des Börsenvere­ins des deutschen Buchhandel­s hervor. Die Zahl dieser Leser sei seit Beginn der Pandemie um ein Fünftel gestiegen.

Doch nicht nur der Buchhandel freute sich im vergangene­n Jahr. Auch das digitale Angebot der Bibliothek­en, die sogenannte Onleihe, hat 2020 bundesweit viele Leser dazugewinn­en können. Nach Angaben des ekz-Bibliothek­sservices stiegen die Nutzerzahl­en im Vergleich zum Vorjahr um 19,8 Prozent auf rund 1,3 Millionen Leser.

Ekz ist die Abkürzung für Einkaufsze­ntrale für öffentlich­e Bibliothek­en. Büchereien können über das Unternehme­n unter anderem Medien erwerben oder Fortbildun­gen organisier­en. Das Tochterunt­ernehmen der ekz, Divibib, sorgt für die technische Infrastruk­tur der Onleihe-Portale in mehreren europäisch­en Ländern. Der Name Onleihe setzt sich aus den Begriffen „online“und „Ausleihe“zusammen.

Etwa 40 Prozent der in Deutschlan­d gelesenen digitalen Bücher werden als E-Books ausgeliehe­n, berichtet Thomas Koch, Sprecher des Börsenvere­ins. Im Saarland und in Rheinland-Pfalz sind Bibliothek­en in zwei der virtuellen Verbünde organisier­t. Ihre Leser können „über eine zentrale Plattform unentgeltl­ich E-Books ausleihen“, erklärt Koch. „Grundsätzl­ich gibt es keine Lizenzgebü­hr für einzelne Ausleihvor­gänge. Vielmehr erhalten die Verlage pro E-Book eine Gebühr.“

Die Büchereien in Saarbrücke­n, Neunkirche­n, St. Ingbert, St. Wendel, Homburg, Merzig, Sulzbach, Völklingen und Wadern haben gemeinsam den Verein Saarland Bibliothek­en gegründet und organisier­en darüber auch die digitale Ausleihe. In Zeiten geschlosse­ner Büchereien haben die Online-Pendants starken Zuwachs. Im vergangene­n Jahr waren 31 940 Leser in der digitalen Bibliothek von Rheinland-Pfalz angemeldet – ein Jahr zuvor waren es erst 28 539 gewesen. Das entspricht einer Zunahme von elf Prozent. Beim saarländis­chen

Pendant sind 6156 Leser angemeldet. Im Vergleich zu 2019 sind das 19 Prozent mehr Leser.

Die Kataloge der Onleihe-Saar und der Onleihe Rheinland-Pfalz sind derzeit gut gefüllt. Im Saarland können Nutzer 24 344 E-Books ausleihen, in Rheinland-Pfalz 60 729. Bundesweit haben laut ekz im vergangene­n Jahr die Mitglieder der Onleihe über 30 Millionen E-Book-Titel ausgeliehe­n. Das seien rund 18 Prozent mehr gewesen als 2019. Laut Daniela Roos vom Verein Saarland Bibliothek­en wurden 2020 im Saarland 222 634 Titel ausgeliehe­n.

Die Saarländer lesen dieser Tage gerne Krimis, wenn es nach den Bestleiher-Charts der Onleihe-Saar geht. Die vorderen Plätze belegen die Kriminalro­man-Autorinnen Nele Neuhaus und Donna Leon. Die Autorin der Taunus-Krimis, Neuhaus, wird aktuell auch in Rheinland-Pfalz am meisten gelesen. Die Schauplätz­e der Reihe um die Kommissare Pia Kirchhoff und Oliver von Bodenstein sind in

Hessen angesiedel­t.

Auf Platz zwei folgt bei den Nachbarn des Saarlandes jedoch der Abschlussb­and, „Mein Herz in zwei Welten“, der Trilogie von Liebesroma­n-Autorin Jojo Moyes, die mit ihrer Reihe weltweit in den Bestseller­listen steht. Die Reihe erzählt die Geschichte der Pflegerin Louisa, die im ersten Band „Ein ganzes halbes Jahr“, den Rollstuhlf­ahrer Will Traynor pflegen soll. Auch die Bestseller­autoren Martin Suter und Jussi Adler-Olsen sind in beiden Bundesländ­ern unter den Top fünf der meistgelie­henen Titel.

Um E-Books auszuleihe­n, müssen die Nutzer bei einer der teilnehmen­den Büchereien angemeldet sein und ihre Benutzernu­mmer kennen. Die steht auf dem Bibliothek­sausweis, den jedes Mitglied bei der

Anmeldung erhält. Auf der Webseite klicken die Leser auf „Mein Konto“, wählen ihre Bücherei aus und geben dann diese Nummer ein. Das Standard-Passwort ist in der Regel das Geburtsdat­um des Nutzers. Es kann mit oder ohne Punkt hinter Tag und Monat geschriebe­n werden. Sollten beide Versionen nicht funktionie­ren, müssen die Leser bei ihrer zuständige­n Bücherei nachfragen.

Technische Voraussetz­ung für die Ausleihe ist ein E-Reader, der das epub-Format unterstütz­t. Das ist bei Kindle-Geräte nicht der Fall. Sie können für die Onleihe deshalb nicht benutzt werden. Alternativ können Leser auch ihr Smartphone, ihr Tablet oder ihren Computer als Lesegerät verwenden. Dazu gibt es Apps und für den Browser den Onleihe-Reader. „Die E-Books werden auf den Computer oder Reader der Nutzer geladen und sind mit technische­m Schutz (Digital Rights Management) versehen“, erklärt Thomas Koch. Das soll verhindern, dass die Bücher illegal kopiert werden. Wie bei gewöhnlich­en Ausleihen in einer Bücherei gibt es auch bei der Onleihe eine Leihfrist. Diese beträgt laut Koch 14 Tage. Die Datei werde dann unbrauchba­r. Erst dann könne der nächste Nutzer das Buch herunterla­den. Bei begehrten Titeln müsse die Bücherei daher mehrere Exemplare anschaffen, erklärt Koch.

Leser können auch, wenn sie vor Ablauf der Frist ein Buch ausgelesen haben, es früher „zurückgebe­n“. Doch nicht nur die Zeit der Ausleihe ist begrenzt, auch die Menge der Titel wird ist eingeschrä­nkt. Für die digitale Ausleihe zahlen die Nutzer nichts. Es können aber jährliche oder monatliche Nutzungsge­bühren der Bibliothek anfallen. Die sind grundsätzl­ich auf den Webseiten der Büchereien angegeben. onleihe.de/onleihesaa­r rlp.onleihe.de

 ??  ?? Während der Pandemie haben Bibliothek­en geschlosse­n. Doch Leseratten können im Internet im Handumdreh­en Ersatz finden.
FOTO: TOMMASO79/ ISTOCK
Während der Pandemie haben Bibliothek­en geschlosse­n. Doch Leseratten können im Internet im Handumdreh­en Ersatz finden. FOTO: TOMMASO79/ ISTOCK

Newspapers in German

Newspapers from Germany