Saarbrücken stellt höhere Ansprüche bei Kita-Essen
Saarbrücken stellt an das Essen in den Kitas künftig höhere Anforderungen und sucht jetzt nach Caterern, die diese erfüllen können.
Nicht leicht zu verdauen waren vor rund zweieinhalb Jahren die Nachrichten um das Mittagessen in den Kindertagesstätten, die unter der Verwaltung der Landeshauptstadt stehen. Ein Caterer hatte es wiederholt nicht vermeiden können, dass kleine Plastikteile zwischen Fleisch und Gemüse auf den Tellern der Kinder landeten, und musste die Kündigung seines Vertrages entgegennehmen. Andere Firmen sprangen ein, manche Kitas kochten vorübergehend selbst.
Jetzt soll das Thema wesentlich bekömmlicher werden – für die Kleinen und auch für die Umwelt. Für 16 der insgesamt 22 städtischen Kitas in Saarbrücken sucht die Landeshauptstadt neue Caterer, für die übrigen sechs bestehen noch gültige Verträge mit Lieferanten. Laufen diese turnusgemäß aus, stellen sich auch diese sechs Kitas um. Damit kommt die Verwaltung einer Forderung der Stadtratskoalition von CDU, Grüne und FDP nach, wie die Fraktion der Grünen in einer Pressemitteilung für die Koalition erfreut zur Kenntnis nimmt. Die Ausschreibung soll in diesen Tagen erfolgen.
Ein Leistungsverzeichnis (LV ) der Stadt listet auf, welche Ansprüche sie an das neue Kita-Essen stellt. Darin steht zum Beispiel, dass Fleisch, Eier, Milch- und Molkeprodukte künftig zu 100 Prozent Bio sein sollen. Außerdem soll es weniger Fleisch geben, 30 bis 35 Gramm pro Woche, wie Saarbrückens Bildungsdezernent Thomas Brück der
Saarbrücker Zeitung erklärt. Das bedeutet, dass es pro Woche für ein Kita-Kind nur noch eine Mahlzeit mit Fleisch geben wird, bei einer vegetarischen Alternative. Der Koch darf das Fleisch auch nicht mehr lustig anordnen, also aus Hackfleisch eine Blume formen oder ähnliches.
Außerdem setzt die Stadt künftig auf regionale und saisonale Produkte. Das gilt vor allem für Obst und Gemüse, das aus der Großregion kommen muss, die allerdings der Machbarkeit wegen etwas größer gefasst ist: das Saarland, Rheinland-Pfalz, Hessen, Baden-Württemberg, Lothringen, Luxemburg und die Wallonie.
Bietet der künftige Caterer Bananen, Honig, Zucker, Reis und Kakao an, müssen es Fairtrade-Produkte
sein. Der Caterer soll industriell hochverarbeitete Produkte vermeiden, die beispielsweise durch einen hohen Zuckergehalt und diverse Zusatzstoffe zu einer ungesunden Ernährung
beitragen.
Fisch muss zu 100 Prozent aus biologischer Produktion stammen oder Wildfang sein. Der Caterer darf den Kitas nur Muskelfleisch anbieten und keine Innereien, muss es wie alles andere genau auszeichnen und darf nicht zu Geschmacksverstärkern, künstlichen Aromen, Farbstoffen, Konservierungsstoffen, Süßstoffen, Alkohol, Alkoholaromen und Light-Produkten greifen.
Außerdem soll der Caterer Abfall vermeiden und keine einzelverpackten Lebensmittel liefern. Es wird also kein in Zellophan verpacktes Industrieküchlein zum
Nachtisch mehr geben. Mit diesen Kriterien orientiert sich die Stadt an Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung.
Jetzt stellt sich die Frage, ob das die Caterering-Firmen alles auch so leisten können. Die Stadt überschlägt den Aufwand auf rund 1230 Mittagessen. „Wir verlangen das natürlich“, sagt Brück daraufhin, der aber zugibt, bereits Rückmeldungen von Caterern bekommen zu haben, die befürchten, schlichtweg gar nicht so viel Bio-Produkte wie erforderlich liefern zu können. Man müsse eben sehen, wie die Bewerbungen am Ende ausfallen, sagt der Bildungsdezernent. Wenn es schlecht läuft, kann es sein, dass niemand die Kriterien erfüllen kann, aber trotzdem ein Angebot abgibt. „Dann werden wir überlegen. Wir müssen ja eine Lösung finden“, erklärt Brück, der sich sicher ist, mit den strengen Anforderungen die Catering-Szene in Bewegung zu bringen: „Wir sehen das auch als Impuls, den wir da setzen. Die Caterer werden sich intensiv mit den Biolandhöfen befassen müssen.“
Wie sich die Veränderung auf den Preis niederschlägt, den die Eltern zahlen müssen, darüber ist man sich bei der Stadt noch nicht ganz im Klaren. Sie wartet auch auf die Angebote der Firmen. Derzeit kostet ein Kita-Essen um die 3,70 Euro im Schnitt. Bio-Fleisch ist teurer als herkömmliches. Deswegen könne es schon sein, dass die Kosten steigen. Aber nicht sehr viel, schätzt Brück. Denn erstens wird es ja weniger Fleisch geben, und zweitens spare man beim Obst und Gemüse, da die Caterer eben auf regionale und saisonale Sorten zurückgreifen, was dann wiederum billiger ist als bei der konventionellen Variante.
Nun liegt der Ball erst einmal bei den Caterern. Der Vielfalt und der Flexibilität wegen, Stichwort Plastikteile, wird es mehrere Zuschläge geben. Denn ein Caterer kann sich höchstens auf sechs Lose bewerben. Ein Los steht für eine Kita. Dann wird über ein Punkteverfahren geprüft. Das Auftragsvolumen insgesamt beträgt nach Angaben der Stadt 1,17 Millionen Euro. Die neuen Caterer liefern dann ab dem neuen Kindergartenjahr. „Wenn sich das Konzept gut entwickelt, werden wir überlegen, es auch auf die Schulen anzuwenden“, sagt Brück.
„Wir sehen das auch als Impuls, den wir da
setzen. Die Caterer werden sich intensiv mit den Biolandhöfen befassen müssen.“
Thomas Brück
Bildungsdezernent der Landeshauptstadt Saarbrücken