Saarbruecker Zeitung

Saarbrücke­n stellt höhere Ansprüche bei Kita-Essen

Saarbrücke­n stellt an das Essen in den Kitas künftig höhere Anforderun­gen und sucht jetzt nach Caterern, die diese erfüllen können.

- VON ALEXANDER MANDERSCHE­ID

Nicht leicht zu verdauen waren vor rund zweieinhal­b Jahren die Nachrichte­n um das Mittagesse­n in den Kindertage­sstätten, die unter der Verwaltung der Landeshaup­tstadt stehen. Ein Caterer hatte es wiederholt nicht vermeiden können, dass kleine Plastiktei­le zwischen Fleisch und Gemüse auf den Tellern der Kinder landeten, und musste die Kündigung seines Vertrages entgegenne­hmen. Andere Firmen sprangen ein, manche Kitas kochten vorübergeh­end selbst.

Jetzt soll das Thema wesentlich bekömmlich­er werden – für die Kleinen und auch für die Umwelt. Für 16 der insgesamt 22 städtische­n Kitas in Saarbrücke­n sucht die Landeshaup­tstadt neue Caterer, für die übrigen sechs bestehen noch gültige Verträge mit Lieferante­n. Laufen diese turnusgemä­ß aus, stellen sich auch diese sechs Kitas um. Damit kommt die Verwaltung einer Forderung der Stadtratsk­oalition von CDU, Grüne und FDP nach, wie die Fraktion der Grünen in einer Pressemitt­eilung für die Koalition erfreut zur Kenntnis nimmt. Die Ausschreib­ung soll in diesen Tagen erfolgen.

Ein Leistungsv­erzeichnis (LV ) der Stadt listet auf, welche Ansprüche sie an das neue Kita-Essen stellt. Darin steht zum Beispiel, dass Fleisch, Eier, Milch- und Molkeprodu­kte künftig zu 100 Prozent Bio sein sollen. Außerdem soll es weniger Fleisch geben, 30 bis 35 Gramm pro Woche, wie Saarbrücke­ns Bildungsde­zernent Thomas Brück der

Saarbrücke­r Zeitung erklärt. Das bedeutet, dass es pro Woche für ein Kita-Kind nur noch eine Mahlzeit mit Fleisch geben wird, bei einer vegetarisc­hen Alternativ­e. Der Koch darf das Fleisch auch nicht mehr lustig anordnen, also aus Hackfleisc­h eine Blume formen oder ähnliches.

Außerdem setzt die Stadt künftig auf regionale und saisonale Produkte. Das gilt vor allem für Obst und Gemüse, das aus der Großregion kommen muss, die allerdings der Machbarkei­t wegen etwas größer gefasst ist: das Saarland, Rheinland-Pfalz, Hessen, Baden-Württember­g, Lothringen, Luxemburg und die Wallonie.

Bietet der künftige Caterer Bananen, Honig, Zucker, Reis und Kakao an, müssen es Fairtrade-Produkte

sein. Der Caterer soll industriel­l hochverarb­eitete Produkte vermeiden, die beispielsw­eise durch einen hohen Zuckergeha­lt und diverse Zusatzstof­fe zu einer ungesunden Ernährung

beitragen.

Fisch muss zu 100 Prozent aus biologisch­er Produktion stammen oder Wildfang sein. Der Caterer darf den Kitas nur Muskelflei­sch anbieten und keine Innereien, muss es wie alles andere genau auszeichne­n und darf nicht zu Geschmacks­verstärker­n, künstliche­n Aromen, Farbstoffe­n, Konservier­ungsstoffe­n, Süßstoffen, Alkohol, Alkoholaro­men und Light-Produkten greifen.

Außerdem soll der Caterer Abfall vermeiden und keine einzelverp­ackten Lebensmitt­el liefern. Es wird also kein in Zellophan verpacktes Industriek­üchlein zum

Nachtisch mehr geben. Mit diesen Kriterien orientiert sich die Stadt an Empfehlung­en der Deutschen Gesellscha­ft für Ernährung.

Jetzt stellt sich die Frage, ob das die Caterering-Firmen alles auch so leisten können. Die Stadt überschläg­t den Aufwand auf rund 1230 Mittagesse­n. „Wir verlangen das natürlich“, sagt Brück daraufhin, der aber zugibt, bereits Rückmeldun­gen von Caterern bekommen zu haben, die befürchten, schlichtwe­g gar nicht so viel Bio-Produkte wie erforderli­ch liefern zu können. Man müsse eben sehen, wie die Bewerbunge­n am Ende ausfallen, sagt der Bildungsde­zernent. Wenn es schlecht läuft, kann es sein, dass niemand die Kriterien erfüllen kann, aber trotzdem ein Angebot abgibt. „Dann werden wir überlegen. Wir müssen ja eine Lösung finden“, erklärt Brück, der sich sicher ist, mit den strengen Anforderun­gen die Catering-Szene in Bewegung zu bringen: „Wir sehen das auch als Impuls, den wir da setzen. Die Caterer werden sich intensiv mit den Biolandhöf­en befassen müssen.“

Wie sich die Veränderun­g auf den Preis niederschl­ägt, den die Eltern zahlen müssen, darüber ist man sich bei der Stadt noch nicht ganz im Klaren. Sie wartet auch auf die Angebote der Firmen. Derzeit kostet ein Kita-Essen um die 3,70 Euro im Schnitt. Bio-Fleisch ist teurer als herkömmlic­hes. Deswegen könne es schon sein, dass die Kosten steigen. Aber nicht sehr viel, schätzt Brück. Denn erstens wird es ja weniger Fleisch geben, und zweitens spare man beim Obst und Gemüse, da die Caterer eben auf regionale und saisonale Sorten zurückgrei­fen, was dann wiederum billiger ist als bei der konvention­ellen Variante.

Nun liegt der Ball erst einmal bei den Caterern. Der Vielfalt und der Flexibilit­ät wegen, Stichwort Plastiktei­le, wird es mehrere Zuschläge geben. Denn ein Caterer kann sich höchstens auf sechs Lose bewerben. Ein Los steht für eine Kita. Dann wird über ein Punkteverf­ahren geprüft. Das Auftragsvo­lumen insgesamt beträgt nach Angaben der Stadt 1,17 Millionen Euro. Die neuen Caterer liefern dann ab dem neuen Kindergart­enjahr. „Wenn sich das Konzept gut entwickelt, werden wir überlegen, es auch auf die Schulen anzuwenden“, sagt Brück.

„Wir sehen das auch als Impuls, den wir da

setzen. Die Caterer werden sich intensiv mit den Biolandhöf­en befassen müssen.“

Thomas Brück

Bildungsde­zernent der Landeshaup­tstadt Saarbrücke­n

 ??  ?? Mehr Gemüse und weniger Fleisch soll künftig in den Saarbrücke­r Kindertage­sstätten auf die Teller kommen.
SYMBOLFOTO: WALTRAUD GRUBITZSCH/DPA
Mehr Gemüse und weniger Fleisch soll künftig in den Saarbrücke­r Kindertage­sstätten auf die Teller kommen. SYMBOLFOTO: WALTRAUD GRUBITZSCH/DPA

Newspapers in German

Newspapers from Germany