Feuerwehren im Saarland fürchten Nachwuchs-Probleme
Der neue Feuerwehr-Präsident fordert mehr Wertschätzung für die Aktiven – und sucht den Kontakt zu Politik und Wirtschaft.
In einer Online-Versammlung haben die 136 saarländischen Delegierten der Feuerwehren Ende Januar Manfred Rippel zum neuen Präsidenten des Landesfeuerwehrverbandes gewählt. Der bisherige Stellvertreter löst Bernd Becker ab. Becker, früherer Landesbrandinspekteur und fast 50 Jahre in Führungspositionen, trat nach vier Jahren im Amt nicht mehr an.
Herr Rippel, die Freiwilligen Feuerwehren im Saarland haben 11 000 aktive Angehörige, die Zahl ist seit Jahren konstant. Müssen wir uns trotzdem Sorgen machen?
RIPPEL Wir haben im Saarland noch kein großes Nachwuchsproblem. Wir haben eine hohe Vereinsdichte, machen unsere Hausaufgaben und werben Mitglieder. Aber ich befürchte, dass die Probleme auch bei uns kommen werden.
Warum?
RIPPEL Man sagt ja immer, das höchste Gut des 21. Jahrhunderts ist der Faktor Zeit. Und wer nimmt sich denn heute noch die Zeit fürs Ehrenamt? Das hat auch etwas mit dem Schulsystem zu tun, wie mit G8 und was da von den Jugendlichen abverlangt wird. Da bleibt nicht mehr viel Freizeit übrig. Darunter leiden auch die Feuerwehren.
Haben Sie eine Idee, wie eine Mitarbeit in den Feuerwehren attraktiver werden könnte?
RIPPEL Das Schlagwort ist Wertschätzung. An dieser
Stellschraube müssen wir noch ein bisschen drehen.
Ein Löschbezirksführer bekommt etwa 100 Euro Aufwandsentschädigung im Monat. Das ist nicht viel für das, was er alles leisten muss. Ob das die Datenschutzgrundverordnung ist oder andere Verwaltungsaufgaben – das sind Zeitfresser, da stellen sich manche schon die Frage, warum sie sich das noch antun.
Und für die Feuerwehrleute, die keine Löschbezirksführer sind?
RIPPEL Wir haben in Homburg ein Modell, bei dem jemand, der fleißig ist und immer zu Übungen und Einsätzen kommt, im Jahr 200 bis 300 Euro bekommen kann. Damit wird ein Zeichen gesetzt. Es gibt weitere Ideen wie Pluspunkte bei der Rente. Das ist ein ganz dickes Brett, aber damit muss man sich beschäftigen.
Müssen die Feuerwehren künftig stärker auf hauptamtliche Kräfte setzen?
RIPPEL Das ist abhängig davon, wie viele Feuerwehrkräfte freiwillig zur Verfügung stehen. Die Tagesdienstbereitschaft wird immer schlechter, weil auch weniger Firmen bereit sind, ihre Mitarbeiter freizustellen. Aus dem Dilemma kommt man nur raus, wenn man die Hauptamtlichkeit aufstockt. Meine Idee wäre, zwei Dinge zu verknüpfen: Wenn ich hauptamtliche Feuerwehrkräfte habe, sollen diese nicht nur darauf warten, bis ein Einsatz kommt. Es gibt um die Feuerwehren herum sehr viele Dienstleistungen zu erledigen. Somit haben beide was davon, Gemeinde und Feuerwehr.
Seit Jahren werden immer mehr Löschbezirke zusammengelegt …
RPPEL Aus unserer Sicht ist das eine Zusammenführung. Zusammenlegung hört sich nach Zwang an. Es ist aber immer besser, wenn das gemeinsam erarbeitet von innen kommt. In Bexbach zum Beispiel denkt man darüber nach, die fünf Löschbezirke zusammenzulegen. Im Augenblick würde ich sagen, die überwiegende Mehrheit ist dafür, so muss es auch sein. Man muss alle einbinden.
Warum gibt es immer weniger Löschbezirke?
RIPPEL Es gibt Beispiele, wo Führungskräfte weggebrochen sind, weil es niemand mehr machen wollte. Da ist gar nichts anderes übrig geblieben. Es gibt auch Löschbezirke, wenn man da die Altersstruktur kennt und weiß, dass keine Nachwuchsarbeit gemacht wird, kann man sich ausrechnen, dass demnächst Schicht im Schacht ist.
Kann durch die Zusammenlegung oder Zusammenführung die Gefahr für die Bürger steigen, weil das nächstgelegene Feuerwehrgerätehaus künftig weiter entfernt ist?
RIPPEL Es gibt gesetzliche Grundlagen, an die man sich halten muss. Da habe ich gar keine Bedenken. Ich glaube nicht, dass das ein Problem wird.
Sie wollen einen Feuerwehr-Beirat mit Vertretern von Politik und Wirtschaft gründen. Was soll das bringen?
RIPPEL Ich will Politik und Wirtschaft die Arbeit der Feuerwehren näherbringen. Ein Beirat ist ja nichts anderes als ein Netzwerk. Wir brauchen natürlich auch Geld aus der Wirtschaft, weil das der Kommunen nicht reicht, um alles abzudecken. Und wir brauchen die Politik, damit sie vernünftige Entscheidungen im Sinn der Feuerwehr trifft. Es gibt immer noch Leute, die meinen, die Feuerwehr ist ein Verein. Dann sage ich immer gerne:
Wenn im Gesangsverein die Mitglieder wegbrechen, kann nicht mehr gesungen werden. Wenn bei der Feuerwehr die Mitglieder wegbrechen, geht das Feuer nicht von alleine aus.
„Ein Löschbezirksführer
bekommt etwa
100 Euro im Monat. Das ist nicht viel für das, was
er alles leisten muss.“
Manfred Rippel
Präsident des
Landesfeuerwehrverbandes